Ifo: Deutsche Autoindustrie bei „grünen“ Technologien führend

Deutschlands Autoindustrie ist für den anstehenden Strukturwandel besser gerüstet als vielfach behauptet. Das geht aus einer Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts zu „grünen Qualifikationen“ hervor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet. Danach ist der Anteil der Beschäftigten in der Industrie, die für Technologien wie Elektromotoren oder Batteriezellen qualifiziert sind, in Deutschland höher als in Frankreich, Italien, Spanien oder den USA. Bei den Patentanmeldungen in Bereichen wie Elektromobilität oder Brennstoffzellenantrieb führt laut der Untersuchung Deutschland international mit Abstand vor allen anderen Wirtschaftsnationen.

Im Gegensatz zur Gesamtzahl der Patente aus Deutschland, die zuletzt auf den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren gesunken ist, steigt die Zahl „grüner“ Patente seit mehreren Jahren rasant an. Grundlage der Untersuchung waren die Patentanmeldungen in der EU, den USA und Japan, außerdem die Profile von mehr als einer halben Million Mitarbeitern der Autoindustrie im Karrierenetzwerk LinkedIn. „Wir haben immer gehört, dass die deutsche Autoindustrie die Nase vorne hat beim Verbrenner, nicht aber beim Elektroauto, doch das stimmt nicht: Die Unternehmen spielen auch in der Elektromobilität ganz vorne mit, das zeigen unsere Zahlen“, sagte Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien und Co-Autor der Studie. Das gelte auch für die Zulieferer. Der Strukturwandel werde der Automobilindustrie sehr viel abverlangen, sagte Falck. „Ich bin optimistisch, dass die Unternehmen diesen Wandel meistern, denn die Basis für Strukturwandel, die Kompetenzen, sind in der Industrie vorhanden.“

ADAC fordert „verlässliche“ Förderung für E-Autos

ADAC-Präsident Christian Reinicke fordert die Politik auf, die Förderung für E-Autos nicht zurückzufahren, sondern auszuweiten. „Meiner Auffassung nach ist eine verlässliche, andauernde staatliche Förderung der Schlüssel, die Menschen vom Umstieg zu überzeugen“, sagte er den Zeitungen der „Mediengruppe Bayern“. „Die Politik sollte die Förderung für E-Pkw über 2024 hinaus weiterführen, und zwar verlässlich bis zum Ende des Jahrzehnts.“ Auch müsse der jährliche Deckel auf die Förderung weg, so Reinicke. „Schon in der zweiten Jahreshälfte merken wir eine deutliche Zurückhaltung beim Kauf von Autos, weil die Leute fürchten, dass die Fördergelder schon aufgebraucht sind.“ Mit Blick auf den schleppenden Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur wirft Reinicke der Politik Kalkül vor: „Die Bundesregierung hat eine Million Ladesäulen für 2030 versprochen, das werden wir in dem jetzigen Schneckentempo nicht schaffen; mir scheint, dass das durchaus im Sinne bestimmter politischer Kreise ist, die das Auto aus den Städten verbannen und generell die Zahl der Autos reduzieren will.“ Aus Sicht des ADAC-Präsidenten hätten jene Vorteile, „die zu Hause in ihrer Garage ein E-Auto laden können“. Die Zahl der öffentlichen Ladesäulen könnte deutlich unter dem Bedarf bleiben, fürchtet er. „Das E-Auto darf aber nicht zu einer sozialen Frage werden.“ Mobilität mit Autos müsse bezahlbar bleiben. So fordert der ADAC die deutschen Autobauer vor der nächste Woche beginnenden IAA Mobility Messe in München auch auf, schnell günstigere Modelle auf den Markt zu bringen, sonst würden sie von der chinesischen Konkurrenz abgehängt. „Wir appellieren an die Hersteller, schnell Fahrzeuge mit E-Antrieb auf den Markt zu bringen, die für die breite Masse erschwinglich sind. Wir brauchen kleinere Fahrzeuge.“ Momentan sehe man eine Welle aus China mit Mittelklassefahrzeugen. „Die Stückzahlen sind enorm, die Qualität und die Preise sind ok. Wenn die deutschen Hersteller dieses Marktsegment nicht preisgeben wollen, müssen sie bald preiswertere kleinere Wagen anbieten, sonst werden sie abgehängt“, so Reinicke. +++

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