Hünfelder SV - Von genialen Momenten, Instabilität und fehlender Ruhe

Jonas Simon. Foto: Sigi Larbig

Die Fußballer des Hünfelder SV sind derzeit nicht in Form in der Hessenliga. Einfach nicht stabil als Team. Das Selbstvertrauen ist nicht unbedingt positiver Begleiter. Es ist ein wöchentlich und täglich neuer Kampf, sich in die Spur zurück zu kämpfen. Dass sie in vielen Phasen nicht so präsent, nicht bei sich und in Form sind, das macht nichts. Es kommt einfach vor innerhalb einer Saison. Wer in den ersten erfolgreichen Wochen dieser Runde mit sechs Anfangserfolgen am Stück zu ihnen hielt, der sollte das auch jetzt tun. Zu ihnen stehen. Einfach zu ihnen stehen. Hinter ihnen. Kopf hoch.

Das sind erste Erkenntnisse der 1:2-Heimniederlage vom Samstag gegen den VfB Marburg. Auch, dass sie in der Tabelle der kuschlig engen Rangliste auf Rang acht abgerutscht sind, spielt überhaupt keine Rolle. Klar ist es ärgerlich, dass sie bei beiden Gegentreffern in Ballbesitz waren - und den zu leicht und überhastet hergaben. In der Entstehung des Ausgleichs zum 1:1 war der HSV im Begriff, die Situation zu klären - stattdessen kam der soeben eingewechselte Mittelstädt, der schon in der 3. Liga traf, an den Ball, zog einfach mal ab mit links und traf aus der Distanz. Der Siegtreffer der Gäste fiel kurz vor Schluss - ein Gegentor der Marke „das gibt‘s doch nicht“. Hünfeld schenkte dem Kontrahenten den Ball, Marburgs zur Pause eingewechselter Rechmann erhielt auf der rechten Seite die Kugel, spielte einen vertikalen Ball hinter die in dieser Situation zu offensive Abwehrkette - sein Mitspieler Lamani startete (hier durfte man in der Tat von einem guten Laufweg sprechen; entgegen den Fußball-Unterhaltungskünstlern im Fernsehen), war halbrechts frei durch, legte sich den Ball kurz auf den Linken und traf zur Entscheidung.

Es bringt nichts zu benennen, wer jetzt einen, diesen oder jenen Fehler gemacht hat - erstens ist Fußball ein Mannschaftsspiel, zweitens hat das noch niemandem geholfen, dies öffentlich zu tun. Zumal sich der HSV einem Gegner gegenüber sah, der ordentlich Qualität hat. Marburg war von Beginn an zumindest auf Augenhöhe. Schon in Halbzeit eins hatte der Gast acht torgefährliche Szenen - das geht aus Hünfelder Sicht nicht. Der 0:1-Rückstand zur Pause war aus Marburgs Sicht mehr als ärgerlich. Zur Pause aber stellte Gäste-Spielertrainer Jörn-Hendrik Starostzik um, brachte Rechmann für die rechte offensive Seite, und Kuhlmann, der in zentraler offensiver Position in der ersten Hälfte wenig zündete, agierte defensiver. Marburg war im zweiten Abschnitt klar besser, aktiver, mit stimmiger Körpersprache, stets einen Schritt schneller, wacher und handlungsschneller in der Situation. Doch: bis kurz vor Schluss stand es ja 1:1.

Dabei fand Hünfeld - nachdem Keeper Andrei-Manuel Boureanu in Minute sieben gegen Grönkes Linksschuss famos in einer Eins-gegen-Situation abwehrte - prima ins Spiel. Die zeitige Führung durch Jonas Simon war ein, wie Fußballer gerne sagen und vor allem, wenn es auf den Kunstrasenplatz geht, Tor, das alleine das Eintrittsgeld wert ist. Nein, kein Schuss in den Knick - aber sehenswert und zum Zunge-Schnalzen. Es zeigte, über welche Klasse und Substanz Simon verfügt. In zentraler Position kam er in einer Konter-Situation an den Ball, trieb die Kugel mit Tempo auf die gegnerische Abwehr, spielte in der Überzahl-Situation raus zu „Jemo“ Kassa, der zauberte ausnahmsweise mal nicht (oder doch?), gab präzise nach innen, Simon lief ein - und vollendete aus Nahdistanz. 1:0 nach elf Minuten.

Und natürlich gab es einige Situationen, in der der HSV auf 2:0 hätte stellen können - oder das zweite Tor hätte machen können. Das heißt, auch kurz zuvor schon in Führung gehen können: Maxi Fröhlich war dieses Mal nicht so präsent wie gewünscht - nach einer Viertelstunde aber schon. Doppeltes Abschluss-Pech hatte er aus Nahdistanz - zunächst aus der Drehung heraus, Sekunden später beim zweiten Ball. Das Spielglück fehlte auch, als nach einer halben Stunde Max Lindemann, der sein wahres Ich irgendwo im Auto gelassen hatte, raus auf Kassa passte, der von rechts nach innen zog - und den Ball bei seinem Links-Abschluss nicht richtig traf, die Kugel dennoch knapp vorbeistrich. Oder als Sekunden vor der Pause Kassa ein Dribbling an der linken Torauslinie hinlegte, das an alte Zeiten erinnerte, seine Eingabe aus verdammt spitzem Winkel aber fast parallel am langen Eck vorbeiging.

Auch im zweiten Abschnitt bot sich noch einiges. Etwa, als der in einigen Situationen ausgebuffte Trägler den Ball eroberte, auf Kassa ablegte - dessen Abschluss von Strafraumnähe knapp vorbeiging (51.) - das war riesiges Pech. Auch als Kassas Rückpass von der Grundlinie wenig später niemand zur Stelle war. Eine halbe Möglichkeit blieb noch, als der eingewechselte und schnelle Witkowski zum Konter ansetzte, Paliatka bediente, der prima, intuitiv und schnell zurücklegte in den Lauf - Witkowski aber auf sich allein gestellt war.

Eine Niederlage - auch wenn sie noch so ärgerlich und schmerzhaft war - gegen einen stabileren Gegner, das macht doch nichts. Hünfelds Mannschaft ist doch recht jung, und man sollte ihr zugestehen, in der Hessenliga lernen zu dürfen. Noch bleiben zwei Heimspiele: am nächsten Samstag gegen den CSC Kassel - auch wenn sich der, trotz aller Torwartsorgen, in der Tabelle rangerobbt hat im Kampf um den Klassenerhalt - und eine Woche darauf gegen Stadtallendorf. Auf dem Wunschzettel stehen sechs Punkte.

Hünfelder SV: Boureanu - Vogler, Dücker, Gadermann, Zöll - Zentgraf, Simon (63. Kemmerzell) - Kassa (87. Kocak), Lindemann (75. Witkowski), Fröhlich - Trägler (62. Paliatka)

Marburg: Purbs - Starostzik, Hendrich, Kuhlmann (56. Mittelstädt), Grönke, Künkel, Limani (90.+1 Lang), Haddou (46. Rechmann), Michel, Pfalz, Gaudermann

Schiedsrichter: Michele Abbondanza

Tore: 1:0 Jonas Simon (17.), 1:1 Hendrik Mittelstädt (66.), 1:2 Gentrit Limani (88.) +++ rl


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