Hofreiter wirft Seehofer Sabotage der Energiewende vor

Berlin. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) vorgeworfen, die Energiewende zu sabotieren. „Horst Seehofer handelt feige und verantwortungslos“, sagte Hofreiter der „Welt“. „Anstatt zu den auch von der CSU mitgetragenen Beschlüssen zur Energiewende und zum Netzausbau zu stehen, duckt Seehofer sich weg und will andere die Kohlen aus dem Feuer holen lassen.“

Seehofer sabotiere so nicht nur die Energiewende, sondern auch die Solidarität zwischen den Bundesländern. Hofreiter forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Seehofer in die Schranken zu weisen. „Die Bundeskanzlerin darf Horst Seehofer nicht länger Narrenfreiheit zubilligen“, verlangte der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Die Energiewende als das größte Industrieprojekt Deutschlands könne nur gelingen, wenn alle Verantwortung übernähmen. Seehofer bürde mit seiner Taktiererei den bayrischen Verbrauchern ohne Not hohe Strompreise auf und bremse die bayrische Wirtschaft aus. „Er wird Audi, BMW und Wacker Chemie erklären müssen, warum die CSU den Strom in Bayern teuer macht.“ Seehofer hatte zuvor deutlich gemacht, dass er die Entscheidung über den Bau neuer Stromtrassen in Deutschland weiter verschieben will. „Ich lasse mich da nicht in Termine zwängen“, sagte der CSU-Vorsitzende im Interview mit der „Welt“. „Über die Notwendigkeiten der Energieversorgung der Jahre 2023 und folgende müssen wir nicht bis Ostern 2015 entscheiden. Eine Verständigung im Lauf dieses Jahres reicht völlig aus.“ Zudem wolle er zunächst die Versorgung mit Gaskraftwerken in Bayern sicherstellen.

Seehofer stellte die Vereinbarung zum Bau neuer Trassen grundsätzlich infrage. „Strom aus erneuerbaren Energien ist gut und wünschenswert, aber wir müssen auch den Anteil von nach wie vor 60 Prozent mit konventionellen Kraftwerken sicherstellen – und für Bayern heißt das prioritär mit Gaskraftwerken“, betonte der CSU-Politiker. „Das ist für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Bayern der wichtigste Punkt. Und dann schauen wir, ob wir neue Stromtrassen überhaupt brauchen.“ Dies müsse man in der Koalition auf Bundesebene besprechen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hielt Seehofer Kleinstaaterei vor. „Die Energiewende ist ein Jahrhundertprojekt, das in langen Zeiträumen gedacht werden muss“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. „Wer nur in Wahlperioden plant und nicht einmal die nahe Zukunft in zehn Jahren im Blick hat, wird der Herausforderung nicht gerecht.“ Die Zukunft der deutschen Energieversorgung liege in einer klugen überregionalen und internationalen Vernetzung und nicht in Kleinstaaterei. Strom aus norddeutschen Windmühlen halte Bayern am Laufen, betonte Albig. Es sollte im ureigensten Interesse der bayerischen Staatsregierung liegen, damit ihre Industrie zu sichern. „Wer meint Abwehrkämpfe führen zu müssen, hat nicht verstanden, worum es geht.“ Kritik kam auch aus der SPD-Bundestagsfraktion. „Horst Seehofer ist ein Störfall für die Energiewende – und für die bayerische Wirtschaft“, sagte SPD-Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil. Er rede von der Versorgungssicherheit durch Gaskraftwerke und lässt die Bezahlbarkeit von Strompreisen außen vor. „Seehofer gefährdet Industrie und Arbeitsplätze.“ Die Volten des bayerischen Ministerpräsidenten seien „nicht mehr nachvollziehbar“. +++ fuldainfo