Hessischer Städtetag fordert auskömmliche Integrationskosten vom Bund

Städtetags-Vize verlangt schnellere Asylverfahren

Fuldas OB Dr. Heiko Wingenfeld

“Im Vorfeld des Gesprächs des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten erwarten die hessischen Städte, dass der Bund seinen Verpflichtungen im Handlungsfeld zugereister Menschen vollumfänglich nachkommt“, sagt der Präsident des Hessischen Städtetages, Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, gerade Gastgeber der Landesgartenschau Fulda 2023. “Dazu gehören neben den erheblichen Kosten und Verfahrensoptimierungen der Aufnahme und Unterbringung vor allem die Integrationskosten, zum Beispiel bezüglich der wichtigen Sprachkurse. Bund und Länder kommen hier seit Jahren ihren Verpflichtungen nicht nach und bürgen diese Kostenlast fast vollständig den Kommunen auf. In inhaltlicher Hinsicht kommt hinzu, dass die Sprachkurse des BAMF für eine Erstintegration nicht ausreichend und mit anderen Sprachfördermaßnahmen nicht wirklich abgestimmt sind.“

Bezogen auf die Erstorientierungskurse und ihre finanzielle Ausstattung können nach Ansicht der Kommunen aufgrund des Zurückfahrens der Mittel durch den Bund in 2023 gegenüber 2022 für diese Kurse keine bedarfsgerechten Angebote mehr gewährleistet werden. Für Hessen entsteht dadurch jährlich eine Finanzierungslücke – bislang von rund 5 Mio. EUR. Das BAMF konnte bis Mitte April 2023 von 280 beantragten Kursen lediglich 80 bewilligen. Dr. Wingenfeld: “Der sich am Jahr 2021 orientierende Mittelansatz des Bundes lässt das Zuwanderungsgeschehen des letzten Jahres sowie das im Jahr 2023 zu Erwartende außer Acht. Die Mittel müssen daher dringend erhöht werden, um so möglichst kurzfristig wieder ein größeres Angebot an Kursen zur Verfügung stellen zu können.“ Der Hessische Städtetag hatte zudem bereits 2016 die hohen Investitions- und Betriebskosten angemahnt, die durch Integrationsmaßnahmen in den Bereichen Sprache, Gesundheit, Kinderbetreuung, Wohnen (Wohnung und Erstausstattung) etc. entstehen. Alleine für Hessen handelt es sich um mehrere Milliarden Euro, die durch Investitionen und den Betrieb von Einrichtungen in den genannten Bereichen dauerhaft anfallen. Auch die (Verkehrs-)Infrastruktur ist für die Aufnahme so vieler Menschen nach wie vor nicht vorbereitet. Dr. Wingenfeld: “Die Arbeitsergebnisse der vorbereitenden Arbeitsgruppen vor dem kommenden Gespräch auf Bundesebene können uns nicht zufriedenstellen. Wir erwarten, dass Bund und Länder den Städten die notwendigen Handlungsmöglichkeiten sowie die dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen für Investitionen und Betriebskosten zur Verfügung stellen.“

Städtetags-Vize verlangt schnellere Asylverfahren

Der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) hat Bund und Länder vor dem Flüchtlingsgipfel am Mittwoch bezüglich der zusätzlichen Ausgaben von Kommunen für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zu einer „klaren Entscheidung“ aufgefordert. Es sei klar, „dass die Kommunen nicht noch länger auf ihren Kosten sitzen bleiben können“, sagte er der „Welt“. Zugleich warnte der SPD-Politiker vor nachlassender Akzeptanz gegenüber Flüchtlingen und Migranten in der Bevölkerung. Unterm Strich seien Städte wie Kiel derzeit noch einigermaßen in der Lage, den Zuzug zu bewältigen: „Was aber nicht heißt, dass das auch in einem halben Jahr so sein wird.“ Das gelte für die Unterbringung ebenso wie für die Akzeptanz, auch sie sei eine knappe Ressource, fügte er hinzu. Kämpfer, der auch Vizepräsident des Deutschen Städtetages ist, sprach sich zudem für eine grundsätzliche Reform der Migrationspolitik und der Asylverfahren aus. „Ich wäre dafür, dass wir in Deutschland einen gesellschaftlichen Konsens herstellen, der sich zu unseren humanitären Verpflichtungen bekennt, der aber gleichzeitig Zuwanderung steuert und begrenzt.“ Joachim Gaucks Satz – „Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt.“ – sei bisher nicht in „praktische Politik“ umgesetzt worden. „Das wird aber nötig sein“, sagte der SPD-Politiker. Konkret benötige man eine „pragmatische Fachkräfte-Einwanderung, einschließlich der Möglichkeit des Spurwechsels für abgelehnte Asylbewerber“ sowie „schnellere Entscheidungen in den Asylverfahren“, „konsequente Abschiebungen“ und „die Einrichtung von Registrierungszentren an den EU-Außengrenzen“. +++