Hessischer Philologenverband – Ministerbrief mit Untiefen

Verantwortungsbereich der Schulen massiv ausgedehnt wurde

Der letzte einer ganzen Reihe von Briefen, den das Kultusministerium an die Schulleitungen kurz vor den Sommerferien richtet,  gibt Anlass zu massiver Kritik. Die Gründe, den eingeschränkten Schulbetrieb überwinden zu wollen, liegen auf der Hand; das Ministerium wagt einen „weiteren großen Schritt“, nämlich den Präsenzunterricht an fünf Tagen ohne Abstandsgebot, wobei „Taktgeber“ das Infektionsgeschehen sein soll. Dabei müssen die Schulen auf alle möglichen Veränderungen vorbereitet sein, so der Hessische Philologenverband.

Im  Brief des Ministeriums heißt es, dass Schülerinnen und Schüler, die nicht am Unterricht teilnehmen können, durch „Zuschaltung“ per Video von zuhause dem gemeinsamen Klassenunterricht folgen sollen. Hier stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem Datenschutz. Wie weit wird hier Unterricht geöffnet, in welchen Räumen und in welchen Köpfen kommen diese schulischen Bilder und Situationen an? Wenn weiterhin den Schulleitungen empfohlen wird, die Pflichtstunden-Regelungen flexibel zu nutzen und dabei auch Mehrarbeit einzufordern, wird dies – in der ohnehin angespannten Situation – zu besonderen Belastungen vor allem bei den älteren Lehrkräften führen. Darüber hinaus dürfte eine Mehrarbeit auf breiter Ebene auch für Lehrkräfte mit Teilzeit, die aus gutem Grund reduziert haben, ein Problem darstellen. Die spätere Rückgabe der im Vorgriff gehaltenen Stunden, ist ein Problem für die spätere Personalsituation der Schule, falls die Stunden nicht durch zusätzliche Zuweisung von Lehrerstunden durch das Kultusministerium ausgeglichen werden.

Wenn im kommenden Schuljahr die Lehrkräftefortbildung auf die Themen „Medienbildung und Digitalisierung“ sowie „Unterstützung von Lehrpersonal an Grundschulen“ fokussiert sein soll, bedeutet dies eine kritikwürdige Verengung, besonders auf die beabsichtigten Abordnungsmaßnahmen von Gymnasiallehrkräften an die Grundschulen. Der angeordnete Verzicht auf staatliche Fortbildungsangebote während der Unterrichtszeit schränkt das Fortbildungswesen ein, ja legt es partiell lahm. „Außergewöhnliche Zeiten“ verlangten – so der Minister – „Außergewöhnliches“ ab. Das dürfte den Schulen mit Beginn des ‚Lockdowns‘ klargeworden sein. Nun sollte aber auch immer im Blick bleiben, wann die Schmerzgrenze erreicht ist. Der Brief ist so angelegt, dass die Verantwortungsbereich der Schulen massiv ausgedehnt wurde. Die Lehrkräfte müssen ausbügeln, was die Krise dem Bildungswesen eingebrockt hat. +++ pm