Hessischer Landtag hat Tariftreuegesetz verabschiedet

Wiesbaden. Am Donnerstag hat der hessische Landtag mit den Stimmen von CDU und Grünen das Tariftreuegesetz zur Vergabe öffentlicher Aufträge beschlossen. Unternehmen, die Aufträge vom Land oder von den Kommunen möchten, müssen nun Mindestlöhne zahlen, Tarifverträge einhalten und unter Umständen ökologische und soziale Standards erfüllen. Auch Subunternehmer sind an das Gesetz – das auch für auch für Nahverkehrsfirmen gilt – gebunden. Die SPD sieht bei dem Gesetz eine verpasste Chance. Als „insgesamt enttäuschend“ hat Gabriele Kailing, Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, das heute im Hessischen Landtag verabschiedete Vergabe- und Tariftreuegesetz bezeichnet.

„Wir begrüßen die Pflicht zur Tariftreue im Öffentlichen Personennahverkehr ausdrücklich. Das ist ein Fortschritt gegenüber der alten Rechtslage. Aber insgesamt ist das hessische Vergabegesetz aus Arbeitnehmersicht eines der schlechtesten Landesvergabegesetze in Deutschland.“ Besonders enttäuschend sei, dass es auch unter einem grünen Wirtschaftsminister offensichtlich nicht möglich ist, im Kampf gegen Ausbeutung und Lohndumping entscheidend voranzukommen: „Für die Wirkung von Vergabe- und Tariftreuebestimmungen ist die Kontrolle der entsprechenden gesetzlichen Vorgaben entscheidend. Ein fundamentaler Mangel des Gesetzes von CDU und Bündnis 90/Die Grünen ist die Weigerung, die Einrichtung einer eigenen Prüfbehörde zu ermöglichen. Ohne Kontrollen durch zusätzliches Personal laufen Tariftreuebestimmungen aber ins Leere. Ferner hatten wir einen vergabespezifischen Mindestlohn erwartet. Dazu gab es unsererseits einen Vorschlag, der ähnlich wie in Schleswig-Holstein diesen Mindestlohn an die unterste Tarifgruppe des öffentlichen Dienstes koppelt und ihn entsprechend der Tarifergebnisse regelmäßig anpasst.“ Darüber hinaus sei überhaupt nicht nachvollziehbar, so Kailing, dass CDU und Bündnis 90/Die Grünen die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen nicht vorschreiben: „Bei den ILO-Kernarbeitsnormen geht es um das Verbot von Kinderarbeit, die Abschaffung von Zwangsarbeit, das Recht auf Kollektivverhandlungen, die gleiche Entlohnung von Männern und Frauen. Durch ihre Nichtberücksichtigung drängt sich uns der Eindruck auf, dass die Regierungsfraktionen den fundamentalen Grundrechten der abhängig Beschäftigten keine Bedeutung beimessen. In den Vergabegesetzen der meisten Bundesländer sind die ILO-Kernarbeitsnormen verankert.“

SPD: Chance beim Tariftreuegesetz verpasst

Die mittelstandspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Elke Barth hat in der heutigen Plenardebatte zur Dritten Lesung des Tariftreuegesetzes von einer „verpassten Chance“ gesprochen. „Wir sind enttäuscht, dass die schwarz-grüne Koalition die Chance verpasst hat, ein wirkungsvolles Tariftreuegesetz zu gestalten. Der Versuch unsererseits, stärkere Kontrollen und Sanktionen und eine Generalunternehmerhaftung durchzusetzen, wurde von CDU und Grünen leider abgelehnt“, sagte Barth am Donnerstag in Wiesbaden. Die CDU habe das Gesetz von Anfang an nicht gewollt, deshalb war der Gesetzentwurf der Regierungskoalition auch von Anfang an nur halbherzig. „Genauso wenig wie ein Fußballspiel ohne Schiedsrichter funktionieren kann, braucht es bei Gesetzen auch Kontrollen, damit diese wirksam sind“, so die SPD-Politikerin. Seit Beginn der Diskussion über die Novellierung des Vergabe- und Tarifgesetzes im Frühjahr habe die Gewerkschaft IG BAU Missstände auf mehreren Großbaustellen in Hessen aufgedeckt und damit die Notwendigkeit schärferer Kontrollen eindrucksvoll dokumentiert. +++ fuldainfo