Hessen: Niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 40 Jahren

Politisch motivierte Kriminalität um zehn Prozent gesunken

Peter Beuth (CDU)
Peter Beuth (CDU)

Die Kriminalitätsbelastung ist im Jahr 2018 erneut gesunken. Mit genau 372.798 Straftaten wurden 2.834 Fälle weniger gezählt als noch im Vorjahr (-0,8 Prozent). Das ist der niedrigste Wert seit 1980. Die Kriminalitätsbelastung ist mit 5.971 Straftaten pro 100.000 Einwohner ebenfalls weiter gesunken (2017: 6.039). Die Gefahr, in Hessen Opfer von Kriminalität zu werden, ist damit so gering, wie seit 40 Jahren nicht mehr. 64,2 Prozent der Straftaten wurden letztes Jahr aufgeklärt. Das ist der mit Abstand höchste jemals gemessene Wert, seit Einführung der Kriminalstatistik im Jahr 1971. Es wurden fast zehn Prozent weniger Wohnungseinbruchsdelikte (-9,5 Prozent) als noch im Vorjahr registriert.

Der Hessische Innenminister Peter Beuth dankte anlässlich der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 Landespolizeipräsident Udo Münch stellvertretend für alle Polizistinnen und Polizisten für die herausragende Arbeit. „Die Zahlen belegen, dass Hessen ein sehr sicheres Land ist. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Verbrechens zu werden, ist gering und dank modernster Ausstattung und Ermittlungstechnik gelingt es unserer Polizei zwei Drittel der Straftaten aufzuklären. Wir wollen aber noch besser werden, denn die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger hat für uns oberste Priorität. Mit unserer Einstellungsoffensive bekommen alle Dienststellen des Landes Verstärkung. Es werden deutlich mehr Polizistinnen und Polizisten im öffentlichen Raum präsent sein, um Kriminalität effektiv zu bekämpfen und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger weiter zu stärken. Alleine 2019 und 2020 werden wir rund 900 zusätzliche Polizeivollzugsbeamte fertig ausgebildet haben, die dann für die Sicherheit der Bevölkerung in Hessen unterwegs sind“, sagte Peter Beuth.

Straßenkriminalität im 20-Jahres-Vergleich halbiert

Die Straßenkriminalität konnte dank entschlossener Polizeiarbeit in den letzten 20 Jahren messbar eingedämmt werden: Die Zahl der Fälle hat sich seitdem halbiert (1999: 121.224; 2018: 63.072), während sich die Aufklärungsquote nahezu verdoppelt hat (1999: 13,1 Prozent; 2018: 23,8 Prozent). In die Kategorie Straßenkriminalität fällt eine Vielzahl von Delikten, die im öffentlichen Raum begangen werden. Rückgänge wurden im Vergleich zu 2017 beim Taschendiebstahl (-869 Fälle [-15,1 Prozent]), Diebstahl aus Kraftfahrzeugen (-2.631 Fälle [-13,6 Prozent]) sowie bei Sachbeschädigungen auf öffentlichen Straßen (-318 Fälle [-7,8 Prozent]) registriert. Die Zahl der Körperverletzungsdelikte auf Straßen, Wegen und Plätzen sank leicht auf insgesamt 2.421 Fälle (-0,5 Prozent). Die Anzahl von Körperverletzungen insgesamt verringerte sich ebenfalls leicht um 185 Fälle auf 31.737 (-0,6 Prozent). Bei rund zwei Drittel der Delikte handelt es sich um Fälle leichter Körperverletzung. Im Deliktsfeld Raub und räuberische Erpressung konnten die Fälle im 20-Jahres-Vergleich fast halbiert werden (1999: 4.919; 2018: 2.571). Die Fallzahlen sanken auch im Vorjahresvergleich um 10,3 Prozent und die Aufklärungsquote stieg auf 61,1 Prozent (+3 Prozentpunkte). Etwa 46 Prozent der Raubüberfälle ereigneten sich auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, wobei auch hier ein Rückgang von rund drei Prozent der Fälle zu verzeichnen war. Signifikant (um fast zehn Prozent) sank die Zahl der Raubüberfälle in Wohnungen auf 154 Fälle im letzten Jahr. Zugleich stieg die Aufklärungsquote um mehr als fünf Prozentpunkte auf 82,5 Prozent.

Moderne Videosicherheitstechnik verbessert die Strafverfolgung

Neben einer starken polizeilichen Präsenz im öffentlichen Raum sind moderne Videoüberwachungsanlagen in den Städten und Gemeinden ein wichtiger Baustein für mehr Sicherheit auf Hessens Straßen. „Wir stärken damit nicht nur das Sicherheitsgefühl der Bürger vor Ort, sondern ermöglichen auch eine verbesserte Strafverfolgung. Die hessische Polizei liefert dabei das Knowhow und hilft den Kommunen einen geeigneten Standort zu finden und übernimmt die Überwachung der Bilder. Zwei Drittel der Kosten trägt die Landesregierung“, so Peter Beuth. Für die Förderung von Videoüberwachungsanlagen der Städte und Gemeinden stellt das Land deshalb auch jährlich 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. In Hessen waren im Jahr 2018 in 18 Städten 22 Bildaufzeichnungsanlagen mit insgesamt 186 Kameras von Polizei- bzw. Gefahrenabwehrbehörden zur Überwachung öffentlicher Straßen und Plätze in Betrieb. An den videoüberwachten Örtlichkeiten werden jährlich rund 1.900 Straftaten registriert, bei denen die Aufzeichnungen für die Ermittlungen oder gar zur Klärung der Straftaten beitragen können. „Auch bei unserem Kommunalprogramm KOMPASS setzen wir neben zahlreichen präventiven Maßnahmen gezielt auf Videosicherheitstechnik“, sagte der Minister. Mittlerweile seien 30 hessische Städte und Gemeinden der Sicherheitsinitiative beigetreten, weitere 26 Kommunen werden zeitnah aufgenommen.

Fast zehn Prozent weniger Wohnungseinbruchdiebstähle (WED)

Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Wohnungseinbrüche um fast zehn Prozent ab. Die Anzahl der vollendeten Delikte (tatsächliche Einbrüche) sank auf den niedrigsten jemals gemessenen Stand von 4.081 Fällen. „Seit Bestehen der Polizeilichen Kriminalstatistik ist das der niedrigste Wert. Jeder Einbruch ist einer zu viel, aber diese positive Entwicklung ist dennoch bemerkenswert. Wir haben in Hessen Wohnungseinbrechern den Kampf angesagt“, unterstrich Peter Beuth. Die Aufklärungsquote sank leicht auf 19,2 Prozent (2017: 20,9 Prozent). Bei dem wichtigen Indikator der Versuche (Versuch = jeder WED, der scheitert; vollendete Delikte + Versuche = WED gesamt) sank der Wert 2018 auf 45,6 Prozent (2017: 49,9 Prozent). Neben einem anhaltend hohen Kontrolldruck und einer erfolgreichen Länderkooperation mit täterorientierten Ermittlungen, setzt die hessische Polizei bewusst auf kostenlose kriminalpolizeiliche Beratungen für Bürgerinnen und Bürger. Insgesamt rund 8.000 dieser Informationsgespräche wurden von Experten der Polizei hessenweit geführt. Mit der bundesweit einzigartigen Prognosesoftware KLB-operativ steht den Kolleginnen und Kollegen zudem ein effektives Computer-Programm zur Verfügung, um insbesondere Einbruchsserien frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.

Jugendkriminalität um 13 Prozent gesunken

Die Anzahl tatverdächtiger Jugendlicher (bis einschließlich 21 Jahre) sank signifikant (-8,6 Prozent), die Zahl der entsprechenden Straftaten sank sogar um 13 Prozent (Jugendkriminalität 2017: 47.178 Fälle; 2018: 41.554 Fälle). Am häufigsten waren hierbei im vergangenen Jahr Diebstahlsdelikte (9.152), Vermögens- und Fälschungsdelikte (8.024), Rauschgiftdelikte (6.588) und Erschleichung von Leistungen (3.185 Fälle) zu verzeichnen. „Im Umgang mit Jugendkriminalität haben wir wegweisende Maßnahmen unternommen, die sich nun auch in der Statistik niederschlagen. In Hessen sind bereits vier Häuser des Jugendrechts eingerichtet worden, die sich bewährt haben. Das Angebot werden wir weiter ausbauen. Gleichzeitig wurden die Bekämpfungskonzepte gegen Jugendkriminalität optimiert. So wurde etwa das übliche Tatortortprinzip bei der Bearbeitung von Straftaten durch Jugendliche vom Wohnortprinzip der jugendlichen Straftäter abgelöst. Dadurch ist eine engere polizeiliche Betreuung der straffällig gewordenen Jugendlichen möglich. Die Zahlen belegen, dass wir hier die richtigen Schritte unternommen haben“, sagte der Innenminister.

Fast 4.000 Übergriffe auf Polizisten: Mindeststrafe von sechs Monaten gefordert

Die Zahl der Übergriffe gegen Polizisten stieg weiter. 2018 wurden 3.967 Polizeivollzugsbeamte als Opfer registriert (+13 Prozent), 2017 waren es bereits 3.512. Von 1.906 Tatverdächtigen waren 741 Personen (rund 39 Prozent) Ausländer. Auf Initiative des Hessischen Innenministers Peter Beuth hin hatte der Bundestag am 27. April 2017 beschlossen, dass Übergriffe auf Vollstreckungsbeamte, aber auch auf Feuerwehrleute und Rettungskräfte früher registriert und härter bestraft werden. So werden zum Beispiel Angriffe auf Polizisten bei Befragungen und Unfallaufnahmen oder auf helfende Feuerwehrfrauen und -männer mit mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe geahndet (nach §114, bzw. §115 StGB). Mit 115 registrierten Angriffen auf Rettungskräfte im letzten Jahr wurde ein starker Anstieg registriert (2017: 53) und auch die Zahl der Angriffe auf Feuerwehrleute stieg 2018 auf 16 (2017: 8). Innenminister Peter Beuth bekräftigte seine bisherige Forderung: „Wer unsere Einsatzkräfte angreift, muss hart bestraft werden. Eine Mindeststrafe von sechs Monaten soll diese sinnlosen Gewaltausbrüche zu einem gesellschaftlichen Tabu machen. Wenn die Angreifer nicht mehr mit einer Geldstrafe davonkommen, wird eine klare rote Linie gezogen. Bei Tätern, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und unsere Einsatzkräfte angreifen, werden wir verstärkt aufenthaltsbeendende Maßnahmen prüfen. Der Staat muss diejenigen schützen, die täglich im Einsatz für jede Bürgerin und jeden Bürger sind“, so der Minister. Mit moderner Ausstattung und Body-Cams investiere die Landesregierung zudem gezielt in den Schutz der Frauen und Männer bei der Polizei.

Leichter Anstieg der Allgemeinkriminalität bei Zuwanderern

Im Kontext der Zuwanderung – dabei handelt es sich um Straftaten, bei denen mindestens ein Zuwanderer als Tatverdächtiger ermittelt wurde, wurden 40.624 aufgeklärte Straftaten erfasst (2017: 41.146). Die Anzahl der Straftaten ohne aufenthaltsrechtliche Verstöße, bei denen ein Zuwanderer als Tatverdächtiger ermittelt wurde, lag im Jahr 2018 mit 19.289 Fällen um 3,5 Prozent höher als noch im Vorjahr (18.643 Fälle). Den Schwerpunkt bildeten dabei die Vermögens- und Fälschungsdelikte mit 5.563 Fällen (-36 Fälle bzw. -0,6 Prozent). Bei Beförderungserschleichungen wurde mit 2.497 Fällen ein Rückgang um 220 Fälle (-8,1 Prozent) festgestellt. Bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurde ein Anstieg um 19 Fälle (+5,2 Prozent) registriert. Dieser Anstieg korrespondiert mit dem Gesamt-Anstieg in diesem Deliktsbereich. In Hessen hat die Aufenthaltsbeendigung von Personen, die sich nicht an die Rechtsordnung halten, besondere Priorität. Dabei wurde innerhalb der Polizei bereits 2016 das Programm „Besonders auf- und straffällige Ausländer“ (BasA) entwickelt und umgesetzt. Ziel des Konzeptes ist neben der konsequenten Strafverfolgung auch die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei Intensivtätern. „Wer sich nicht an unsere Regeln hält und bei uns Straftaten begeht, muss die Härte des Rechtsstaats spüren. Polizei, Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden arbeiten deshalb noch enger zusammen, um kriminelle Karrieren so früh wie möglich zu erkennen und Rückführungen in die Herkunftsländer einzuleiten“, sagte der Innenminister. In den Zentralen Ausländerbehörden der Regierungspräsidien hat das Land Hessen im März 2018 „Gemeinsame Arbeitsgruppen Intensivtäter“ (GAI) eingerichtet, in denen Polizeivollzugsbeamte Hand in Hand mit Mitarbeitern der Ausländerbehörde die Aufenthaltsbeendigung von Straftätern forcieren. Im letzten Jahr konnten so dank der engen Zusammenarbeit bei den „Gemeinsamen Arbeitsgruppen Intensivtäter“ fast 200 Personen abgeschoben werden.

Politisch motivierte Kriminalität um zehn Prozent gesunken

Für den Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) wurden für 2018 insgesamt 1.336 Straftaten registriert. Im Vergleich zum Vorjahr mit 1.484 Straftaten bedeutet dies einen Rückgang um 148 Fälle (- 10 Prozent). Die Anzahl der Gewaltdelikte bewegt sich mit 85 Fällen über dem Niveau des Vergleichsjahres 2017 (59 Gewaltdelikte). 35,9 Prozent der Straftaten, bzw. 479 Fälle im Bereich der Politisch Motivierten Kriminalität sind sogenannte Propagandadelikte. Weitere Schwerpunkte bilden Sachbeschädigungen (276 Fälle; 20,7 Prozent), Volksverhetzung (127 Fälle; 9,5 Prozent) sowie Beleidigungen (123 Fälle; 9,2 Prozent). +++ pm