Hessen bietet Hilfestellung im Kampf gegen Reichsbürgerbewegung

„Stehen eng an der Seite der Kommunen“

Peter Beuth (CDU)
Peter Beuth (CDU)

Wiesbaden. Ob selbsternannte Reichskanzler oder Außenminister fiktiver Staaten: Sogenannte „Reichsbürger“ oder „Selbstverwalter“ stellen kommunale Behörden vor immer größere Probleme. Das sagte der Hessische Innenminister Peter Beuth im Rahmen einer Informationsveranstaltung für kommunale Verantwortungsträger über die Reichsbürgerbewegung in Wiesbaden. Dabei gaben Experten der Sicherheitsbehörden sowie Fachleute aus Finanz- und Justizwesen Hilfestellungen im Umgang mit dem Phänomen. Zudem stellte der Minister eine Broschüre vor, die Kommunalbediensteten Handlungsempfehlungen für den Kontakt mit Reichsbürgern geben soll.

„Die Reichsbürgerszene reicht von Querulanten, die staatliches Handeln durch pseudo-juristische Abhandlungen zu beeinträchtigen versuchen, bis hin zu handfesten Rechtsextremisten. Was diese heterogene Szene eint, ist die fundamentale Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer gesamten Rechtsordnung. In allen Landkreisen gibt es Reichsbürger. Deshalb steht das Land im Kampf gegen diese Bewegung eng an der Seite der Kommunen, liefert Informationen und bietet Hilfestellungen an“, so Innenminister Peter Beuth. (für eine Übersicht der Reichsbürger nach Landkreisen siehe S. 3)

Die hessischen Sicherheitsbehörden zählen rund 700 Personen in Hessen zu den sogenannten „Reichsbürgern“. Hiervon werden gegenwärtig rund zehn Prozent dem Phänomenbereich Rechtsextremismus zugeordnet. Ebenfalls rund zehn Prozent der Reichsbürger in Hessen verfügen über eine waffenrechtliche Erlaubnis.

„Nicht jeder Reichsbürger ist ein Rechtsextremist und nicht alle sind Waffenbesitzer. Die Szene ist sich jedoch in der fundamentalen Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer gesamten Rechtsordnung einig. Nichts davon sind wir bereit zu akzeptieren. Deshalb arbeiten die hessischen Sicherheitsbehörden mit Hochdruck daran, die Reichsbürgerbewegung weiter aufzuhellen und ihnen die Waffen wieder wegzunehmen. Wir dulden keine Verschwörungstheoretiker, die in vermeintlichen Parallelwelten leben, ewiggestrige Parolen propagieren und versuchen unsere tolerante Gesellschaft zu entzweien“, so Innenminister Peter Beuth.

Um waffenrechtliche Erlaubnisse bei Reichsbürgern zu widerrufen, stellen die Sicherheitsbehörden den jeweils zuständigen Waffenbehörden Erkenntnisse zur Verfügung. Auf dieser Grundlage schöpfen sie sowohl im Falle der Beantragung einer waffenrechtlichen Erlaubnis als auch im Falle einer bereits erteilten Erlaubnis alle Möglichkeiten des geltenden Waffenrechts aus, diese zu versagen oder zu entziehen. Darüber hinaus hat das Land eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, um das Waffengesetz so zu ändern, dass Extremisten keine Waffen mehr besitzen dürfen. Sie sieht eine Regelabfrage der Waffenbehörden beim Verfassungsschutz vor, wenn eine Erlaubnis ausgestellt oder verlängert wird.

Das gegenwärtig erhobene Personenpotential unterliegt einer dauerhaften Überprüfung durch die hessischen Sicherheitsbehörden. Ob Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Hessen den Reichsbürgern zuzuordnen sind und welche dienst- oder disziplinarrechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben, wird zurzeit ebenso landesweit geprüft. Das Hessische Innenministerium hat die Regierungspräsidien sowie alle Ministerien im Hinblick auf die Reichsbürgerbewegung sensibilisiert. Vorfälle mit Einzelpersonen die im Zusammenhang mit der Szene stehen könnten, werden den zuständigen Polizeipräsidien mitgeteilt.

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat sich auf das vergleichsweise neue Phänomen eingestellt. Im Bereich der (aufklärenden) Prävention bietet das LfV – unter anderem durch das Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus (KOREX) – konkrete Beratungsleistungen in Form von fallbezogenen Gesprächen, Vorträgen und Schulungsmaßnahmen zum Thema „Reichsbürger“ an. Dazu gehören insbesondere Landkreise, Kommunen, Schulen, soziale Einrichtungen und andere Behörden. +++

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