Herzinsuffizienz – Diagnostik und Therapie bei Herzschwäche

Diagnostik essentiell für spätere Therapie

Herzinsuffizienz ist ein klinisches Syndrom, das durch typische Symptome (z.B. Luftnot, Knöchel-Ödeme und Müdigkeit) gekennzeichnet ist, die von bestimmten Zeichen begleitet werden können wie erhöhtem Jugularvenendruck, gestauten Halsvenen, Rasselgeräuschen der Lunge oder peripheren Ödemen. Ursachen sind kardiale Strukturdefekte und/oder Funktionsstörungen, die zu einer verringerten Auswurfleistung des Herzens bzw. zu erhöhten intrakardialen Drücken in Ruhe oder unter Belastung führen. Die derzeitige Definition der Herzinsuffizienz beschränkt sich auf Stadien, in denen klinische Symptome manifest sind. Allerdings können sich bereits zuvor asymptomatische strukturelle oder funktionelle Störungen (systolische oder diastolische linksventrikuläre Dysfunktion) ergeben, die Vorstufen der Herzinsuffizienz darstellen.

Oberarzt, Dr. med. Thomas Oettinger (Abteilung für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie, Kardiologie am Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda). Foto: privat

Die Herzinsuffizienz umfasst ein breites Spektrum von Patienten mit normaler „Auswurfleistung“ der linken Herzkammer durch Kontraktion des Herzmuskels, die sogenannte links-ventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) bis zu solchen mit verringerter LVEF. Patienten mit einer „normalen” LVEF von 40– 49 Prozent stellen eine ‚Grauzone‘ dar. Als Ejektionsfraktion bezeichnet man den Prozentsatz des Blutvolumens, der von einer Herzkammer (Ventrikel) während einer Herzaktion ausgeworfen wird in Bezug auf das Gesamtvolumen der entsprechenden Herzkammer. Die Herzinsuffizienz ist derzeit der häufigste Grund für eine stationäre Krankenhausaufnahme in Deutschland. Insgesamt leiden laut Deutscher Herzstiftung circa 3 Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz. Das Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda ist seit mehreren Jahren Mitglied der Deutschen Herzstiftung e. V., wobei Dr. med. Thomas Oettinger, kardiologischer Oberarzt der Abteilung für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie und Diabetologie im Krankenhaus, mit der Zusatzqualifikation „Herzinsuffizienz“ der Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK), entschlossen das Ziel der Etablierung einer breiten konservativen Kardiologie mit dem besonderen Schwerpunkt auf Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz (Herzschwäche) verfolgt.

Typische Symptome und Zeichen bei einer Herzinsuffizienz

Die Symptome und Zeichen sind oft unspezifisch und können daher in vielen Fällen nicht ausreichend zwischen Herzinsuffizienz und anderen Krankheiten differenzieren. Dies gilt insbesondere bei Personen mit krankhaftem Übergewicht (Adipositas), hohem Lebensalter oder chronischen Lungenerkrankungen. Jüngere Patienten mit Herzinsuffizienz weisen häufig einen anderen ursächlichen Grund, klinische Präsentation und ein anderes Ansprechen auf die Therapie als ältere Patienten auf. Die Patienten verspüren Kurzatmigkeit und das Gefühl, schlecht Luft zu bekommen. Eine plötzliche Gewichtszunahme von mehr als 2 Kilogramm in drei Tagen kann auf Wassereinlagerungen hinweisen, verbunden mit Schwellungen an den Füßen, Knöcheln und Beinen. Hinweise können auch ein verlangsamter Ruhepuls unter 50 Schläge oder über 90 Schläge pro Minute sein, ebenso zunehmende Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Abgeschlagenheit sowie Schwindel, Benommenheit, Appetitverlust oder Übelkeit. Weitere Zeichen sind ein erhöhter Halsvenenstau, ein dritter Herzton (Galopp-Rhythmus), ungewöhnliche Herzgeräusche, Tachykardie, ein unregelmäßiger Puls oder gering spezifische Anzeichen wie eine abnorme Vergrößerung der Leber, kalte Extremitäten oder auch stark verringerte Urinausscheidung.

Diagnostik essentiell für spätere Therapie

Ziel ist es Patienten mit einer entsprechenden Symptomatik rechtzeitig zu erfassen und einer adäquat abgestimmten Therapie zuzuführen. Dies kann durch spezielle Fragebogen der Herzinsuffizienz geschehen (Deutscher Herzinsuffizienz-Test, kurz DeHiT). Sollte sich hierbei der Verdacht auf eine Herzinsuffizienz ergeben, ist es unbedingt notwendig, sich einem Facharzt für Kardiologie vorzustellen. Es erfolgt die weitere Abklärung welche Art der Erkrankung zu einer Herzinsuffizienz führte. Als Ursache einer Herzinsuffizienz kommt eine Vielzahl von Möglichkeiten in Betracht z.B.  die Pumpleistungsschwäche oder die systolische Ventrikelfunktionsstörung bedingt durch eine Kontraktionsschwäche. Die häufigste Ursache ist eine Koronare Herzerkrankung (50 Prozent), des Weiteren kann es sich um eine generelle Herzmuskelschwäche (Kardiomyopathie 15 Prozent) oder eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis), Herzklappenverengungen (Stenosen), Herzklappenundichtigkeiten (Insuffizienzen), Folgen eines Bluthochdrucks (arterielle Hypertonie) oder auch eines Lungenhochdruckes (pulmonale Hypertonie) handeln. Eine andere Möglichkeit ist die Steifigkeit der linken Herzkammer in der Entspannungs- bzw. Füllungsphase, die diastolische Ventrikelfunktionsstörung. Die Gründe hierfür sind meist Folgen des Bluthochdruckes, einer Herzbeutelentzündung (Perikarditis) und Flüssigkeit im Herzbeutel (Perikarderguss). Auch können Herzrhythmusstörungen zu einer Einschränkung der Pumpleistung des Herzens führen und problematisch werden. Aufgabe des Facharztes ist es, eine Diagnose zu stellen, auf der ein angemessenes Therapievorgehen beruht. Zur Diagnostik stehen verschiedene technische Möglichkeiten zur Verfügung, die entsprechend ihrer Indikation zum Einsatz kommen. Die einfachste, belastungsärmste Methode und die Basis der Untersuchungsmethoden ist die Transthorakale Echokardiographie. Sie erlaubt eine Aussage über die Funktion der Herzkammern und der Herzklappen. Weitere apparative Untersuchungen sind die Transoesophageale Echokardiographie, die Stressechokardiographie, ein MRT, die Kardio-CT und zuletzt die invasive Untersuchung mittels Herzkatheter.

Gezielte Therapiestrategien bei Herzschwäche: Medikamentöse und weitere Behandlungsoptionen

Nach der Diagnose einer Herzschwäche ist einerseits unbedingt eine gezielte, medikamentöse Therapie zur Unterstützung der Pumpleistung, andererseits eine invasive Untersuchung mittels Herzkatheter zur Beseitigung einer etwaigen Engstelle an den Herzkranzgefäßen notwendig (durch Aufdehnung und Stent-Implantation). Die medikamentöse Therapie setzt sich aus verschiedenen Medikamenten unterschiedlicher Stoffklassen zusammen (z.B. ACE-Hemmer, Sartane, Beta-Blocker, Diuretika usw.). Eines der neuesten und effektivsten Medikamente ist Sacubitril und Valsartan, ein „Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor“ (ARNI). Hierdurch wird u.a. der Blutdruck und das Spannungsverhältnis zwischen Sympathikus und Parasympathikus gehemmt sowie krankhafte Veränderungen des Bindegewebes oder die Vergrößerung von Organen verhindert. Unter der Herzinsuffizienztherapie empfiehlt es sich regelmäßig (ca. alle 3 Monate) bestimmte Blutwerte zu kontrollieren. Wichtige Laborparameter sind die Nierenwerte (Kreatinin und die Filtrationsrate) sowie die Blutsalze (Natrium, Kalium) und das naturetische Peptid (NTproBNP). Bei hochgradig eingeschränkten Pumpleistungen können andere Unterstützungssysteme notwendig werden, die vor Herzrhythmusstörungen aus den Herzkammern kommen, diese erkennen und unterbinden. Diese Systeme sind spezielle Herzschrittmacher (Defibrillatoren), welche die Möglichkeit haben, ein asynchron schlagendes Herz wieder zu resynchronisieren. Als letzte Maßnahmen, nach den ausgeschöpften Therapieoptionen, stehen die Herztransplantation bzw. das Linksherzunterstützungssystem (LVAD) zur Verfügung.

Risikofaktoren minimieren für eine gesunde Herzleistung

Zur Stabilisierung und Prognose der Herzfunktion ist es ebenso notwendig, dass der Patient auf eine optimale Einstellung seiner Risikofaktoren achtet: Blutfett und Blutzucker, Verzicht auf Nikotinkonsum und Alkoholgenuss. Wichtig ist auch ein körperliches Training. Hier bieten sich Herzsportgruppen an, die mit ärztlicher Kontrolle den Patienten bei seinem Trainingsprogramm überwachen. „Das wir als Ärzte einen Patienten mit Herzinsuffizienz nicht aus den Augen verlieren, ist meines Erachtens von unbedingter Wichtigkeit“, unterstreicht Dr. Oettinger. Es ist unbedingt erforderlich, Präventions- und Versorgungskonzepte mit ausreichenden Herzinsuffizienz-Zentren und Ambulanzen zu etablieren, um Patienten mit Herzinsuffizienz kompetent zu begleiten und zu behandeln. Somit können Betroffene durch speziell ausgebildete Herzinsuffizienzschwestern oder- pflegern in Zusammenarbeit mit kardiologischen Fachärzten umfassend versorgt werden und rechtzeitig Therapiemaßnahmen ergriffen werden, die einen (erneuten) stationären Aufenthalt verhindern.

COVID-19-Erkrankung und Herzkrankheiten: Wichtig zu beachten für Patienten

Das derzeitige SARS-CoV-2 ist ein Virus, welches durchaus auch die Fähigkeit besitzt, das Herz anzugreifen. In der Literatur wird eine Mitbeteiligung des Herzens unter der COVID-19-Erkrankung von 30-40 Prozent beschrieben. Wichtig für herzinsuffiziente Patienten ist es, regelmäßig die Medikamente zur Unterstützung der Herzleistung einzunehmen, diese nicht abzusetzen und bei Beschwerden unverzüglich einen Arzt aufzusuchen. +++ pm – [popup_anything id=“286760″]