Heringen verstößt gegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte bei Straßenbeiträgen

AG Strassenbeitragsfreies Hessen prangert Verstöße an

Umfangreiche Vermögens- und Einkommensauskünfte bei Anträgen auf Ratenzahlung für Strassenbeiträge sind kein Einzelfall. Diese Prüfung hat der Gesetzgeber jedoch im Mai 2018 abgeschafft. Immer wieder versuchen Kommunen, mit den Vermögensauskünften die Betroffenen von einem Antrag auf zwanzigjährige Stundung abzuhalten. Die AG Strassenbeitragsfreies Hessen unterstützt Bürger der Stadt Heringen, die in den letzten Tagen Strassenbeitragsbescheide mit falschen Hinweisen zu Ratenzahlungsmöglichkeiten und Stundungen bekommen haben.

Trotz Gesetzesänderung im Juni 2018 versendet die Stadt Heringen Bescheide mit Hinweisen auf alte Stundungsregelungen. Die Gesetzeslage ist jedoch eindeutig: „Jeder betroffene Bürger kann ohne Angabe von Gründen und ohne Offenlegung von wirtschaftlichen Verhältnissen Strassenbeiträge über 20 Jahre in Raten bezahlen, so hat es der Hessische Landtag im Mai 2018 beschlossen. In Heringen sieht die Stadtverwaltung das anscheinend anders. Es werden Formulare für Selbstauskünfte verschickt, bei denen man, ähnlich wie bei einem Offenbarungseid, alle Einkünfte, Vermögenswerte und Verpflichtungen angeben muss. Der Bescheidempfänger wird aus unserer Sicht vorsätzlich falsch belehrt. In dem Bescheid wird von „begründeten Einzelfällen“ und von „schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen“ gesprochen. Genau dies hat der Gesetzgeber bewusst im letzten Jahr abgeschafft. Nach §11 Abs. 12 KAG (Kommunal Abgabengesetz) muss auf Antrag des Bescheidempfängers und ohne Prüfung eines berechtigten Interesses eine Ratenzahlung über bis zu 20 Jahre gewährt werden. Ähnliche Fälle kennen wir aus anderen Hessischen Kommunen, die offensichtlich und systematisch versucht haben und versuchen, das Recht auf Ratenzahlung ohne Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu unterlaufen. So war es z.B. bei Bescheiden der Stadt Fulda, in Bad Soden Allendorf oder jetzt in Heringen. Dies sind leider keine Einzelfälle, aber überall wurde den Bürgern zu Ihrem Recht verholfen“, so Joachim Weber, der seit 3 Jahren in der AG Strassenbeitragsfreies Hessen engagiert ist.

Die AG Strassenbeitragsfreies Hessen weißt in diesem Zusammenhang darauf hin, das unrechtmäßig abgefragte persönliche Daten in Verbindung mit Strassenbeitragsbescheiden einen schweren Verstoß nicht nur gegen das Kommunale Abgabengesetz, sondern auch gegen die Datenschutzbestimmungen (DSGVO) darstellen. Deshalb hat die AG nun die Datenschutzbeauftragten der Stadt Heringen aufgefordert Tätig zu werden. „Die Datenschutzbeauftragte der Stadt Heringen hat unsere Vorwürfe vollumfänglich bestätigt. In einer Stellungnahme teilte sie uns mit, dass das Vorgehen der Stadt Heringen gegen Art. 6 DSGVO „Rechtmäßigkeit der Verarbeitung“ verstoße und dass alle Anlieger deren Vermögensdaten unrechtmäßig erfasst wurden, jetzt darüber informiert werden. Weiterhin seien die Daten unter ihrer Aufsicht gelöscht worden. Die bestehenden Prozesse bei Anträgen auf Ratenzahlung in Verbindung mit Straßenbeiträgen der Stadt Heringen seien außer Kraft gesetzt und man habe sich mit der Aufsichtsbehörde über die weitere Vorgehensweise abgestimmt und eine Meldung über die Datenschutzverletzung abgegeben.“ berichtet Joachim Weber unter Bezugnahme auf Gespräche mit der Datenschutzbeauftragten der Stadt Heringen.

Für die AG Straßenbeitragsfreies Hessen ist klar: „Heringen ist leider kein Einzelfall und wenn Bürger Einkommensdaten, Vermögenssituationen und finanzielle Verpflichtungen ohne rechtliche Grundlage offenlegen müssen, ist eine Grenze überschritten. Wir werden in Zukunft jeden dieser Fälle, die uns leider immer wieder bekannt werden, zur Anzeige bringen. Straßenbeiträge sind ungerecht, ungleich und unsozial. Wir kämpfen für die endgültige Abschaffung in Hessen. Völlig indiskutabel ist es jedoch, wenn nicht mal die heute geltenden Erleichterungen, die wir hart erkämpft haben, den Bürgern gewährt werden. Da ist ab sofort eine die rote Linie überschritten“, so Andreas Schneider, Sprecher der AG Straßenbeitragsfreies Hessen abschließend. +++ pm