Haus am Komberg: Jugendhilfeeinrichtung mit besonderer Geschichte und Vielfalt

Fulda. Fast übersehen zu werden, ist eigentlich kein Kompliment. In den Ohren von Cornelia Bock-Ruppert klingt das aber nach einem großen Lob. Denn für die Diplom-Sozialarbeiterin, die das „Haus am Komberg“ leitet, ist das Nicht-Auffallen ein Aus-druck von Normalität.

Ein normales Leben haben die Kinder und Jugendlichen, die in dieser Einrichtung der Jugendhilfe dauerhaft zu Hause sind, in ihren eigenen Familien in der Regel nicht kennenlernen dürfen. Denn im Haus am Komberg leben unter anderem viele Kinder, deren Eltern das Sorgerecht entzogen wurde. „Unser Ziel ist es deshalb, das Leben mit den Kindern so familiär wie möglich zu gestalten“, sagt die Sozialarbeiterin, die davon überzeugt ist, „dass das Leben die Pädagogik ist“.

Das „Haus am Komberg“ ist eigentlich ein Sammelbegriff für vier Einrichtungen in der Region Fulda. Es gibt ein Kinder- und Jugendhaus im Fuldaer Stadtteil Horas, ein Kinderhaus in Gersfeld, Außenwohnungen in Petersberg sowie eine Inobhutnahme, deren Standort geschützt bleiben muss. Alle Einrichtungen befinden sich laut Cornelia Bock-Ruppert in reinen Wohngebieten.

Zu den Säulen der Jugendhilfeeinrichtung, deren Ursprünge bis in das Jahr 1959 zurück reichen und die aktuell 40 Mitarbeiter beschäftigt, gehören neben der Inobhutnahme auch das Betreute Wohnen, Wohngruppen (früher Heimerziehung) sowie ambulante Hilfen wie die sozialpädagogische Familienhilfe oder die Erziehungsbeistandschaft. Derzeit werden 45 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen fünf und 21 Jahren in der Jugendhilfeeinrichtung betreut. Dabei werden laut Cornelia Bock-Ruppert nach Möglichkeit auch die Eltern immer miteinbezogen.

Die Geschichte der Einrichtung, die sich in der Trägerschaft des Verbundes sozialpädagogischer Kleingruppen e.V. befindet, ist nicht ganz alltäglich. Der heutige Träger hat sich nämlich aus dem Freundeskreis für Familienkinderheime e.V. entwickelt, und dieser Freundeskreis bestand zunächst aus lediglich vier Privatpersonen, die das Ziel hatten, elternlosen und hospitalisierten Kindern in einem menschenwürdigen und geborgenen Lebensraum langfristige Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

„In dezentralen familienähnlich strukturierten Gruppen lebten die PädagogInnen mit den Kin-dern zusammen – ein Modell, das den damals üblichen großen Heimen in seiner pädagogischen und menschlichen Wirkung weit überlegen war“, erläutert Cornelia Bock-Ruppert.

Die ersten beiden Einrichtungen des Trägers gab es in der Rhön – in Gersfeld-Gichenbach sowie auf der Ebersburg. Der Name „Haus am Komberg“ resultiert aus dem Umzug dieser beiden Einrichtungen an einen gemeinsamen Standort – an den Komberg in Gersfeld. Auch außerhalb der Region Fulda gibt weitere Einrichtungen des Verbundes: in der Region Bremen, in Stadt und Landkreis Kassel sowie im Schwalm-Eder-Kreis.

Die Philosophie der Initiatoren prägt noch heute den Geist des gemeinnützigen Mitarbeitervereins, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, lebenswerte Orte zu schaffen, die die Entwicklung der Kinder fördern und die Familien bei der Lösung ihrer Probleme unterstützen will. Auch die im Leitbild verankerte und praktisch gelebte interne und externe Vernetzung ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso wichtig wie die Vielfalt und Autonomie bei verbindlicher Kooperation.

Eine Kooperation unter „artfremden“ Trägern auf die Beine zu stellen – diese Idee begeistert die Einrichtungsleiterin Cornelia Bock-Ruppert, die gerade mit dem Jugendhilfeverbund im Gespräch ist, um vielleicht gemeinsam eine Mutter-Kind-Einrichtung auf den Weg zu bringen.

Und noch eine Vision treibt die engagierte Sozialarbeiterin um: „Wir würden in absehbarer Zeit gerne Eltern mit in die Einrichtung aufnehmen und das gesamte Familiensystem über ein o-der zwei Jahre so weit coachen, dass die Kinder perspektivisch gut bei den eigenen Eltern groß werden können.“ +++ fuldainfo | lk