
Fulda. Der „Patient Krankenhaus“ leidet an einer strukturell bedingten, chronischen Unterfinanzierung, an der die bisherigen und augenblicklich geplanten Reformen nichts geändert haben. Das wurde bei einer Diskussionsveranstaltung mit Professor Dr. Klaus Stegmüller von der Hochschule Fulda, Privatdozent Dr. Thomas Menzel, Vorstandssprecher der Klinikum Fulda AG und der Grünen Bundespolitikerin Kordula Schulz-Asche, deutlich, die vom grünen Kreisvorstandssprecher und Mitglied des Aufsichtsrates des Klinikum Fuldas, Ralf Zwengel, moderiert wurde.
Prof Dr. Stegmüller erklärte anhand einer Präsentation die Strukturmerkmale der staatlichen Krankenhausversorgung sowie die der Krankenhausfinanzierung. Die Finanzierung erfolgt dual – durch die Länder, die die Mittel für Gebäude und Ausstattung zur Verfügung stellen sollen, während die Krankenkassen für die Behandlungskosten aufkommen. Das Vergütungssystem basiert auf diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG), die durch sogenannte Fallpauschalen vergütet werden. Alle Krankenhäuser versuchen deshalb immer mehr Patienten in kürzerer Zeit in weniger Betten mit weniger Personal zu versorgen. Dadurch ist die Arbeitsverdichtung und –belastung der Beschäftigten erheblich gestiegen.
Prof. Stegmüller regte ein Umdenken in der medizinischen Versorgung an zu der die engere Kooperation von niedergelassenen Ärzten und Kliniken ebenso gehöre wie ein System, bei dem die Dringlichkeit von Notfälle besser unterschieden werden könne. Zur Verbesserung der finanziellen Situation der Krankenhäuser müsste z.B. auch über eine Bürgerversicherung diskutiert werden, um die Zahl der Beitragszahler zu erhöhen.
Privatdozent Dr. Menzel stellte die Lage des Städtischen Klinikums dar. In den vergangenen beiden Jahren sei es mit erheblichem Aufwand und unter solidarischer Mitwirkung der Beschäftigten gelungen, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen. Die Personalkosten stellten mit etwa 2/3 der Ausgaben den größten Anteil dar. Ein möglichst effizienter Personaleinsatz schont die finanziellen Ressourcen der Krankenhäuser und letztlich auch die Portemonaies der Beitragszahler. Der Versuch beim Personal zu sparen, führe aber schnell an Grenzen, weil eine personelle Mindestausstattung nötig sei.
Da die Notaufnahme niemanden abweist, entstehen pro Patient im Schnitt Kosten in Höhe von 130 €, von denen die Krankenkassen im Falle einer rein ambulanten Behandlung im Schnitt nur 30 Euro erstatten. Im Ergebnis führt diese Differenz von 100 € pro Patient im Klinikum zu einem kumulierten Defizit von mehr als 1 Millionen Euro pro Jahr. Dr. Menzel schloss sich in diesem Punkt deshalb den Anregungen von Prof. Stegmüller an, dass die Finanzierung auf eine breitere Basis gestellt werden sollte. Auch an der Tatsache, dass der sich direkt neben der Notaufnahme sich befindende ärztliche Bereitschaftsdienst viel zu selten in Anspruch genommen wird, da er kaum bekannt ist, müsse sich etwas ändern. Der Neubau des OP- und Notfallzentrums, das 2019 in Betrieb gehen soll, soll durch die Integration des Bereitschaftsdienstes auch dazu beitragen, Abläufe nicht nur effizienter zu gestalten, sondern auch die Kosten zu senken.
Die Grüne Bundespolitikerin Kordula Schulz-Asche wies bei den bundespolitischen Rahmenbedingungen der Gesundheitspolitik besonders auf die Macht der verschiedenen Interessenverbände hin, die eine nüchterne und sachliche Erörterung der Lage kaum zulasse. Aus grüner Sicht betonte und verstärkte sie die Ansatzpunkte, die bereits vorher genannt wurden: Die Bürgerversicherung, die keine privaten und gesetzlich Versicherten mehr kennt, sei der zentrale Hebel, um Finanzierung und Versorgung auf eine bessere Grundlage zu stellen. Darüber hinaus hält sie die verbesserte Kooperation kommunaler Krankenhäuser für unerlässlich. Bei den Investitionsplanungen müsse die Zusammenarbeit der Länder mit den Krankenhäusern verbessert werden, ebenso wie die Zusammenarbeit der einzelnen Berufsgruppen im Krankenhaus selbst.
Insgesamt bestand bei allen Beteiligten in der Diskussion Einvernehmen darüber, dass der Handlungsbedarf groß sei, dass das kommunale Krankenhaus, das niemand abschaffen wolle, bei ausreichend gutem Willen zur Kooperation als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge in einer alternden Gesellschaft gesichert und zukunftsfest aufgestellt werden könne. +++ / pm
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