Habeck will Impfstoff-Allianz mit den USA

Kassenärzte-Chef: Impfgipfel "darf keine Show-Veranstaltung werden"

Grünen-Chef Robert Habeck. Foto: Dominik Butzmann

Grünen-Chef Robert Habeck hat die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden eine Allianz für höhere Impfstoffproduktionen zu schmieden. „Mit der Regierung des neuen US-Präsidenten Joe Biden ist der Moment für eine vertiefte transatlantische Kooperation gekommen“, sagte Habeck der „Rheinischen Post“. Europa und die USA sollten jetzt gemeinsam eine Initiative starten und auf G20-Ebene die Kapazitäten der Pharmaindustrie weltweit zusammenbringen, sagte der Grünen-Chef. „Pfizer ist ein US-amerikanisches Unternehmen. Joe Biden ist ein Transatlantiker, jemand, der in globalen Zusammenhängen denkt.“

Mit der Biden-Administration könne eine Erhöhung der Impfstoffproduktion gelingen. Zugleich mahnte er weitergehende Schritte als den für Montag geplanten Impfgipfel von Bund und Ländern an. „Die Bundesregierung sollte die Pharmaunternehmen an einen Tisch holen, um mögliche Kooperation auszuloten. Das ist wahrscheinlich nicht eben mal in zwei Stunden Impfgipfel getan“, sagte Habeck. Da müsse sich die Bundesregierung systematisch und kontinuierlich dahinterklemmen. Jetzt sei Industriepolitik gefragt. Habeck brachte zudem Zwangsmaßnahmen ins Gespräch: „Sollten die Pharmaunternehmen dann trotz Möglichkeiten nicht kooperieren wollen, kann die Regierung als Ultima Ratio verpflichtende Lizenzvergaben in Betracht ziehen. Am Ende muss eben mehr Impfstoff rauskommen“, sagte der Grünen-Chef.

Kassenärzte-Chef: Impfgipfel „darf keine Show-Veranstaltung werden“

Andreas Gassen, der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), fordert konkrete Ergebnisse vom Impfgipfel am Montag: „Das darf keine Show-Veranstaltung werden. Wir brauchen dringend Klarheit darüber, wie viele Dosen bestellt wurden und was wann verlässlich geliefert wird“, sagte Gassen der „Rheinischen Post“. Die Impfung sei „die zentrale Antwort“ auf die Pandemie. „Ob eine Dosis nun ein paar Euro mehr kostet, darf keine Rolle spielen. Die Folgen der Pandemie kosten allein Deutschland jede Woche Milliarden Euro.“ Mit Blick auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zum Impfstoff des Herstellers Astrazeneca forderte Gassen, die Impf-Reihenfolge zu ändern: „Bund und Länder werden die Reihenfolge beim Impfen neu aufstellen müssen.“ Die Liefermengen der jeweiligen Impfstoffe gäben den Takt vor. „Im Augenblick könnte das vielleicht so gehen: Biontech und Moderna für die Älteren, Astrazeneca für die Jüngeren und hier das ärztliche Personal zuerst.“ Die Stiko empfiehlt, anders als die EU-Behörde EMA, das Mittel nur an Menschen unter 65 Jahren zu verimpfen. „Wir fordern, nun prioritär Ärzte und medizinisches Personal in den Krankenhäusern und den Praxen zu impfen. Sie stehen im Kampf gegen die Pandemie in erster Reihe“, so der KBV-Chef. Wenn sie ausfielen, breche das System zusammen. „Sie sollten nun rasch den Astrazeneca-Impfstoff erhalten.“

Pharma-Industrie warnt vor Zwangslizenzen bei Impfstoff-Produktion

Vor dem Impfgipfel am Montag hat der Chef des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Hans-Georg Feldmeier, vor Zwangslizenzen oder der Weitergabe der bisherigen Impfstoff-Lizenzen gewarnt, um die Impfstoffproduktion anzukurbeln. „Wir sehen als pharmazeutische Industrie in dem Thema Auslizenzierungen keinen Lösungsansatz zur Beschleunigung der Impfstoffproduktion“, sagte Feldmeier der „Rheinischen Post“. „Dieser Ansatz führt zu keiner Veränderung der herrschenden Situation, die insbesondere dadurch entstanden ist, dass einige Impfstoffentwicklungen entweder gar nicht oder später als geplant zum Ziel führen werden“, sagte der BPI-Vorsitzende. Die Impfstoffherstellung sei ein enorm komplexer Prozess. „Die dafür notwendige Technologie ist nur bei ausgewählten Firmen vorhanden. Eine Auslizenzierung zu anderen Herstellern würde ungeachtet der rechtlichen Implikationen nach unserer Einschätzung mindestens zwölf Monate oder länger dauern, bis aus dieser Fertigung Impfstoff zur Verfügung steht“, warnte Feldmeier. Der BPI stehe bereits seit Dezember mit dem Bundesgesundheitsministerium im Austausch und unterstütze die Bundesregierung in Sachen Impfstoffbeschaffung nach besten Kräften. „Wir haben beispielsweise unsere Mitglieder angefragt, um weitere Produktionskapazitäten auszuloten. Bereits im Januar gab es ein Treffen, bei dem wir mit den entscheidenden Ministern zusammenkamen, um an konstruktiven Lösungen zu arbeiten“, sagte er. +++