Habeck weist Scholz im Streit um Verteidigungsetat zurecht

Trumps Fünf-Prozent-Forderung stößt in Deutschland auf Widerstand

Robert Habeck (Grüne)

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat die Kritik von Olaf Scholz (SPD) an seinen Verteidigungsplänen scharf zurückgewiesen und dem Bundeskanzler vorgeworfen, in Zeiten der Großen Koalition die Bundeswehr kaputtgespart zu haben.

„Die Bundeswehr wurde unter der Großen Koalition heruntergewirtschaftet, immer nach dem Motto, macht ja nichts“, sagte Habeck dem „Stern“. Das Sondervermögen, mit dem man angefangen habe, gegen das Desaster anzuarbeiten, stehe schon übernächstes Jahr nicht mehr zur Verfügung. „Wir müssen also in den nächsten Jahren mehr für den Schutz des Friedens und die Sicherheit dieses Landes tun.“

Der Grünen-Kandidat sagte, die von ihm geplanten massiven Verteidigungsausgaben über neue Milliardenkredite finanzieren zu wollen. „Deutschland muss verteidigungsfähig sein – in allen Bereichen, bei Cybersicherheit, dem Schutz der digitalen Infrastruktur, Zivilschutz. Und dazu muss das nötige Geld zur Verfügung stehen. Klar ist, dass wir das nicht einfach irgendwo ersparen können, sondern hier Kredite für die Sicherheit aufnehmen müssen“, sagte er.

„Die restriktive Schuldenbremse darf nicht darüber entscheiden, wie sicher Deutschland ist. Diese Frage richtet sich in erster Linie an die Union. Wir müssen den Frieden sichern und weiteren Krieg verhindern.“ Scholz hatte Habeck im „Stern“ vorgeworfen, für die Forderung nach einem Wehretat von 3,5 Prozent des BIP keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung geliefert zu haben.

Der Wirtschaftsminister sagte weiter: „Die Bedrohungslage für Deutschland und Europa ist mit den Händen zu greifen: Es tobt ein Krieg vor der Haustür der Europäischen Union. Hybride Kriegsführung trifft Deutschland und seine europäischen Verbündeten. Geopolitisch ist absehbar, dass wir – Deutschland und Europa – mehr Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen müssen, alles andere wäre angesichts der Aufstellung der USA naiv.“

Trumps Fünf-Prozent-Forderung stößt in Deutschland auf Widerstand

Die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, die Nato-Staaten sollten künftig fünf statt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, stößt in Deutschland auf massiven Widerstand. „Die 32 Nato-Staaten werden sich auf ein neues gemeinsames Minimum jenseits des Zwei-Prozent-Ziels einigen müssen“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP), dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das werden aber eher drei als fünf Prozent sein.“ Faber sagte außerdem: „Und das wird im Konsens beschlossen.“

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), wies die Forderung ebenfalls zurück. „Wir sollten uns jetzt nicht von jeder Aussage von Trump kirre machen lassen“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Trump, der sich als Deal Maker versteht, erhofft sich natürlich auch, dass der erhöhte finanzielle Einsatz der europäischen Partner vor allem besonders der US-Industrie zugutekommt.“

Deutschland brauche eine starke Armee, so die FDP-Politikerin. „Zwei Prozent vom BIP reichen dafür definitiv nicht mehr aus, angesichts der komplexen Bedrohungen. Wir erleben doch seit 2014, wie brutal Russland agiert und das mit Unterstützung von China, Nordkorea und dem Iran, und das auf europäischen Boden.“ Es sei umso wichtiger, gemeinsam mit der Nato und der Europäischen Union Fähigkeiten aufzubauen und diese finanziell entsprechend zu hinterlegen. „Aber bitte nicht aus der hohlen Hand heraus Pi mal Daumen eine Zahl in den Raum stellen.“

Strack-Zimmermann räumte ein, dass Europa grundsätzlich mehr in die Verteidigungsfähigkeit investieren muss. „Die Vereinigten Staaten erwarten zu Recht, dass die Mitglieder der Nato deutlich mehr Geld für ihre Landes- und gemeinsame Bündnisverteidigung in die Hand nehmen“, sagte sie. „Das ist angesichts der geographischen Lage und des wirtschaftlichen Potenzials und der Größe Deutschlands auch angemessen, nachdem wir uns über Jahrzehnte hinter den USA versteckt haben in der Hoffnung, wir können uns schon auf sie verlassen und sie werden für unsere Sicherheit gerade stehen.“

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sagte derweil dem Nachrichtenportal Politico, dass Trumps Forderung „völliger Irrsinn“ sei. „Wir brauchen nicht mehr Waffen in der Welt, sondern weniger“, so Stegner. Außerdem brauche es für eine solche Entscheidung eine parlamentarische Mehrheit, fügte er hinzu. „Dann könnte man die Demokratie auch direkt abschaffen, wenn man für den Verteidigungshaushalt auch keine demokratischen Mehrheiten mehr braucht.“

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert nach Trumps Fünf-Prozent-Forderung einen Kurswechsel gegenüber den USA. „Dass Trump jetzt Rüstungsausgaben in Höhe von fünf Prozent fordert, ist keine Überraschung“, sagte Wagenknecht Politico. „Die Amtsübergabe an Trump sollte für Deutschland endgültig der Auslöser sein, die Vasallentreue zur USA zu beenden. Wir brauchen Eigenständigkeit statt Unterwürfigkeit und eine deutliche Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen.“

Trump hatte sich bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida geäußert und mit Blick auf die anderen Nato-Staaten nachgeschoben: „Sie können es sich alle leisten.“ +++

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