Habeck verteidigt Ampel-Verhandlungsergebnisse

"Fridays for Future": Koalitionsvertrag reicht nicht für 1,5 Grad

Robert Habeck (Grüne)

Der designierte Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck hat Kritik an den grünen Ergebnissen bei den Koalitionsverhandlungen zurückgewiesen und Deutschland auf einen Umbruch in der Klimapolitik eingestimmt. Dem Land eröffne sich eine historische Chance, er rechne aber auch mit Widerständen, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Transformation unserer Industrie mit Millionen von Arbeitsplätzen, der Umbau des Energiesektors ist für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, ja Europas entscheidend“, so Habeck. „Klimaneutralität ist ein gigantisches Transformationsprojekt, mit immens viel Veränderung und Zumutung, das muss man moderieren.“

Er wisse aber, dass schwere Entscheidungen anstünden. „Hinter jedem Busch lauert Ärger und Streit.“ Habeck verwahrte sich gegen Kritik, die Grünen hätten schlecht verhandelt, das Schlüsselressort Verkehr der FDP überlassen und gegen weiche Themen wie Naturschutz und Familie eingetauscht. Die Krisen in Weißrussland oder der Ostukraine seien „harte Herausforderungen“, sagte Habeck. Auch das Artensterben sei „nicht gerade ein Kuschelthema“. Richtig sei allerdings, dass die Grünen sich im Bereich Finanzen „mehr gewünscht“ hätten. Nicht gelungen sei auch die Abschaffung des Dieselprivilegs: „Ich räume ein, da ist eine Lücke.“ Umweltverbände hatten zuvor Kritik am Koalitionsvertrag geäußert. Dieser lasse „einen ökologischen Aufbruch nur erahnen“, hatte Greenpeace-Chef Martin Kaiser kritisiert. Die Koalition müsse dringend nachbessern. Im Kampf gegen die vierte Corona-Welle zeigte Habeck sich zwar offen für eine allgemeine Impfpflicht – dämpfte aber die Hoffnungen auf eine rasche Wirkung. „Selbst wenn eine allgemeine Impfpflicht morgen gelten würde, wäre es zu spät, um die vierte Welle zu brechen.“ Ziel müsse sein, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. „Wir müssen Zeit gewinnen, um zu boostern.“ Dabei könnten 2G und 2G plus in weiten Bereichen, 3G-Regeln und Testpflichten helfe n. Gelinge es damit nicht, „wird man schleunigst verschärfen müssen“. Dann gehe es nicht mehr um differenzierte Kontaktbeschränkungen, sondern um pauschale Maßnahmen.

„Fridays for Future“: Koalitionsvertrag reicht nicht für 1,5 Grad

Nachdem die Ampel-Parteien sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben, zieht „Fridays for Future“-Aktivistin Carla Reemtsma ein vernichtendes Fazit. „Das, was die da präsentiert haben, reicht bei Weitem nicht aus, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen“, sagte sie dem Nachrichtenportal Watson. „Und das allein ist schon ein riesiger Skandal – immerhin haben sich alle drei Parteien vor der Wahl und ja auch immer wieder im Koalitionspapier klar dafür ausgesprochen, am 1,5 Grad-Ziel festzuhalten. Es fehlen aber die Maßnahmen, um das auch tatsächlich zu erreichen.“ Einen besonderen Blick habe man auf das Verkehrsministerium, das nun an die FDP geht, „die ja bislang nicht mit besonders vielen Klimaschutzmaßnahmen aufgefallen ist, im Gegenteil“. Sie setzten immer noch auf synthetische Kraftstoffe, obwohl selbst die Autohersteller mittlerweile sähen, dass sich das wirtschaftlich nicht lohne. „Es gibt weiterhin kein Tempolimit, obwohl das eine einfache Möglic hkeit wäre, CO2 einzusparen“, sagte Reemtsma.

SPD-Fraktionsvize kündigt Nachtragshaushalt für 2021 an

Zur Finanzierung der geplanten Milliardeninvestitionen in die Digitalisierung und den CO2-neutralen Umbau der Wirtschaft plant die künftige Ampelkoalition, noch in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt aufzustellen. Das kündigte SPD-Fraktionsvize Achim Post dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ an. „Mit den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag schaffen wir erhebliche finanzielle Spielräume für starke Zukunftsinvestitionen – in sozial gerechten Klimaschutz, in die industrielle Transformation, in Bildung, Digitalisierung oder eine moderne Infrastruktur“, sagte Post dem RND. Dazu baue die künftige Koalition unter anderem den bisherigen Energie- und Klimafonds (EKF) zu einem Klima- und Transformationsfonds (KTF) um, in dem Investitionen in den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft gebündelt werden sollen. „Um das zu erreichen, werden wir noch in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt auf den Weg bringen, mit dem wir nicht verbrauchte Kreditermächtigungen aus 2021 in den Klima- und Transformationsfonds überführen“, so Post. „Allein dadurch schaffen wir zusätzliche Investitionsspielräume, die in den kommenden Jahren jeweils im zweistelligen Milliardenbereich liegen“, so der SPD-Politiker. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag ein „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“ versprochen, sich zu deren Finanzierung aber bislang bedeckt gehalten. +++