Gutachten: EZB soll mit ABS-Käufen ihr Mandat überschritten haben

Berlin. Der Europäischen Zentralbank (EZB) droht eine neue juristische Debatte über ihre Geldpolitik: Mit dem vor einem halben Jahr beschlossenen Aufkaufprogramm für sogenannte ABS-Papiere soll die Notenbank ihr Mandat überschritten haben. Zu diesem Schluss kommt der bekannte Freiburger Verfassungsrechtler Dietrich Murswiek in einem Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, das der „Welt“ vorliegt.

Die neuen rechtlichen Bedenken treffen die EZB kurz vor einer möglichen Vorentscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof, der derzeit eine andere Notenbank-Maßnahme prüft – ein Notprogramm zum Aufkauf von Staatsanleihen. Mit dem im September beschlossenen Aufkauf solcher Kreditpakete will die EZB die Bilanzen der Banken entlasten, damit sie wieder mehr neue Darlehen vergeben können. Außerdem pumpt die EZB über die Wertpapierkäufe zusätzliches Geld ins System, was dabei helfen soll, eine mögliche Deflation zu verhindern. Die geldpolitische Begründung überzeugt den Rechtsprofessor Murswiek jedoch nicht.

Aus seiner Sicht ist es „evident, dass es der EZB mit diesem Programm in Wirklichkeit nicht um Deflationsprävention geht, sondern um Hilfe für die Banken, besonders in den Krisenstaaten“, schreibt er in seinem Gutachten. „Somit ist es klar, dass die EZB mit dem ABS-Ankaufprogramm Wirtschaftspolitik und nicht Geldpolitik betreibt.“ Dazu sei die Notenbank aber nicht befugt. Schließlich obliege die Wirtschaftspolitik den Mitgliedstaaten. +++ fuldainfo