Grundgesetzänderung zum Schutz des Verfassungsgerichts vorgestellt

Die Zahl und die Amtszeit von Richtern am Bundesverfassungsgericht soll künftig im Grundgesetz festgeschrieben werden. Darauf haben sich die Ampelkoalition und die Union nach monatelangen Beratungen geeinigt.

Die Pläne, die am Dienstag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sowie Abgeordneten der beteiligten Fraktionen vorgestellt wurden, sehen vor, "wesentliche Strukturmerkmale" des Bundesverfassungsgerichts, die derzeit in einem einfachen Gesetz geregelt sind, auf die Ebene der Verfassung zu ziehen. Neben der Zahl und der Amtszeit der Richter geht es dabei auch um die Anzahl der Senate und die Altersgrenze der Richter.

"Das Bundesverfassungsgericht ist Schutzschild der Grundrechte, aber sein eigener Schutzschild braucht noch mehr Widerstandskraft", sagte Buschmann. "Es war an der Zeit, diese bemerkenswerte Diskrepanz zwischen der Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts einerseits und seiner mangelnden grundgesetzlichen Absicherung andererseits zu schließen."

Der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner ergänzte, dass man in Osteuropa gesehen habe, wie schnell der Abbau des Rechtsstaates erfolgt seien, indem die dortigen Verfassungsgerichte "lahmgelegt wurden". Durch klare Regelungen des Wahlverfahrens vermeide man Hängepartien und sichere die Arbeitsfähigkeit des Verfassungsgerichtes, so der SPD-Politiker.

Ansgar Heveling (CDU) aus den Reihen der Unionsfraktion sagte, dass man im Rahmen der Änderungen auch einen Mechanismus gefunden habe, mit dem etwaige Blockaden bei Verfassungsrichterwahlen verhindert werden könnten. "Damit ist das Bundesverfassungsgericht auch für stürmische politische Zeiten gerüstet."

Über einen besseren Schutz des Verfassungsgerichts hatten Vertreter der Ampel und der Union seit Monaten verhandelt. Hintergrund der Initiative ist das Vorgehen von Populisten und Autoritären gegen die Verfassungsgerichte in mehreren Ländern. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr beschlossen werden.

Initiatoren erhalten Lob für Pläne zum Verfassungsgerichtsschutz

Die am Dienstag vorgestellten Pläne der Ampelkoalition sowie der Union zum Schutz des Verfassungsgerichts durch eine Grundgesetzänderung stoßen in den Ländern und in der Fachwelt auf Zustimmung.

"Dass sich eine breite überparteiliche Allianz zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts formiert hat, ist ein klares Zeichen an alle Feinde unserer Demokratie", sagte die Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Niedersachsens Ressortchefin Kathrin Wahlmann (SPD), dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Unser Ziel muss es sein, gemeinsam einen starken Schutzwall um diesen Garanten unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats zu errichten. Es ist und bleibt dabei der richtige Weg, Regelungen zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern."

Die SPD-Politikerin fügte hinzu: "Ich gehe davon aus, dass die Länder nun zeitnah in den Einigungsprozess einbezogen werden, und hoffe sehr, dass wir schon bald zu einem von allen demokratischen Kräften in Bund und Ländern getragenen Konsens finden werden." Ein starkes und unabhängiges Verfassungsgericht sei eine tragende Säule des demokratischen Rechtsstaats, so Wahlmann. Der verbesserte Schutz des Bundesverfassungsgerichts müsse deshalb allen Demokraten im Land ein zentrales Anliegen sein.

Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Karpenstein, hatte zuvor bereits dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" gesagt, dass er die Einigung für "unbedingt notwendig" halte. "Es ist doch längst ein Gemeinplatz, dass Gewaltenteilung und Verfassungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz keineswegs besser abgesichert sind als etwa in Polen, Ungarn und vielen weiteren Staaten, in denen sich nationalpopulistische Regierungsmehrheiten handstreichartig die Justiz unterwerfen konnten."

Karpenstein fügte hinzu: "Wir brauchen aber gerade in politisch ungemütlicheren Zeiten eine funktionsfähige und unabhängige Verfassungsgerichtsbarkeit. Nur sie kann garantieren, dass die 75-jährige Erfolgsgeschichte des Grundgesetzes auch in 75 Jahren noch fortgeschrieben werden kann." +++


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