Grünen-Chefin Peter zweifelt an Finanzkompetenz der Union

Berlin. Die Grünen lehnen die Pläne der Union nach massiven Steuersenkungen in der nächsten Legislaturperiode ab: "Die vermehrten Rufe aus der Union nach Steuersenkungen lassen an deren Finanzkompetenz zweifeln", sagte Parteichefin Simone Peter der "Süddeutschen Zeitung". Deutschland habe "einen gigantischen Schuldenberg der öffentlichen Hand und einen riesigen Investitionsstau" zu bewältigen. Letzterer betrage allein bei den Kommunen etwa 136 Milliarden Euro.

Peter reagierte auf die Ankündigung von Unionsfraktionschef Volker Kauder, der in der "Bild am Sonntag" für die nächste Legislaturperiode "größere Steuererleichterungen" angekündigt hatte. "Ich kann mir eine Entlastung um die 15 Milliarden Euro im Jahr vorstellen", sagte Kauder. Vor allem Familien und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sollten profitieren. Die Absage der Grünen-Chefin an die Steuersenkungspläne der Union deutet darauf hin, dass die als mögliche künftige Koalitionspartner im Bund gehandelten Parteien in zentralen Themen noch entgegengesetzte Ansätze verfolgen, schreibt die Zeitung. Zwar wollen auch die Grünen vor allem Familien entlasten, allerdings, so Peter, "in erster Linie mittels sozial-und familienpolitischer Leistungen".

Die Co-Parteichefin fordert deshalb, die Steuermehreinnahmen für Investitionen in Umwelt, Bildung und Infrastruktur zu nutzen. Während die Unionspläne auf eine Netto-Entlastung der Bürger hinauslaufen, setzen die Grünen darauf, die Einnahmen umzuverteilen. Zudem gibt es Überlegungen, soziale Leistungen über eine Steuer für sogenannte Superreiche gegenzufinanzieren. Diese Steuer ist in der Partei allerdings noch umstritten. Anlass für die Debatte um finanzielle Entlastungen sind die Überschüsse in Bund und Ländern. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Deutschland etwa 18 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort, in denen jährlich zwischen 20 und 30 Milliarden Euro mehr als erwartet in die Kassen gespült wurden.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September 2017 überlegen die Parteien, wie das zusätzliche Geld ausgegeben werden kann. Die Union steht ungewöhnlich geschlossen hinter den bereits im Mai von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angeregten Steuersenkungen. Die vorgeschlagene Entlastung in Höhe von 15 Milliarden Euro jährlich entspricht diesen Überlegungen. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte, er freue sich, "dass wir jetzt ein Thema haben, bei dem CDU und CSU an einem Strang ziehen". Die SPD lehnt "gigantische Steuersenkungen" ab. Parteichef Sigmar Gabriel plädierte am Sonntag in Berlin dafür, den Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkommen beginnen zu lassen. Die Sozialdemokraten wollen darüber hinaus Arbeitnehmer über niedrigere Sozialbeiträge entlasten. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, Steuererleichterungen müssten einhergehen "mit einer deutlich höheren Belastung der Superreichen und Konzerne", um in Infrastruktur, Bildung sowie in Projekte gegen Kinder- und Altersarmut investieren zu können. +++


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1 Kommentar

  1. Die Geünen können im Rahmen der Erbschaftssteuer-Reform zeigen, ob sie Eier für soziale Gerechtigkeit in der Hose haben. Dann sehen wir weiter!
    Aus meiner Sicht gibt es 2 große Themen, die - auch in Anbetracht der guten Kassenlage des Bundes - jetzt anzugehen wären:
    1. Sanierung/Ausbau der maroden/ungenügend vorhandenen Infrastrukturen:
    Verkehrssysteme inkl. Brücken/Straßen, Bildungseinrichtungen inkl. Kitas/Kindergärten, Schwimmbäder, Digitale Netze, Kasernen, ...
    2. Sozial/Steuerpolitik:
    Die Themen Abgaben- und Steuerlast der Mittelschicht, kalte Steuerprogression, Rentenniveau, Erbschaftsteuer, Vermögenssteuer, Lohnlücke zwischen Frauen und Männern bei gleicher Arbeit, Versicherungsbeiträge, Sozialstaat, Schere zwischen Arm und Reich etc müssten einmal im größeren Zusammenhang diskutiert werden. Dass die Ungleichheit bzw. soziale Spaltung seit Jahren zunimmt, und mittlerweile auf einem inakzeptablen Niveau angelangt ist, dürfte wohl unstrittig sein. Insofern ist es unbedingt zu begrüßen, wenn sich die Politik endlich mit voller Kraft und gesamtheitlich dieser Thematik annimmt.
    Bis das allerdings passiert, mein Tip:
    http://youtu.be/mQvThNJkKb

    Vorschläge, wie sie allerdings kürzlich wieder z.B. von der CSU lanciert wurden, hier ein bisschen Soli abschmelzen, dort ein bisschen Eingangssteuereckwert hochsetzen, hier ein bisschen Eigenheimförderung ausschütten, dort ein bisschen kalte Steuerprogression abbauen, helfen bei der Lösung des Gesamtproblematik nicht wirklich. Sie bleiben - populistisches - Stückwerk auch wenn sie sich, bei Addition möglichst vieler Jahreswerte, auf scheinbar beeindruckende Milliardenwerte auftürmen. Wie das bei den diversen neuen CDU-Vorschlägen aussieht, muss man noch prüfen! Entscheidend wird sein, dass das Thema Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit endlich konsequent angegangen wird. Das sehe ich nicht bei der CDU und schon gar nicht bei der CSU!
    Wenn man allerdings ein seriöses Gesamtkonzept angeht, muss man, wie letztlich auch die GRÜNEN bei der letzten Bundestagswahl erkennen mussten, bei der Durchsetzung entsprechender Maßnahmen genau anders herum vorgehen:
    1. Zunächst sind möglichst genau zu benennen und zu beziffern die (sozialen) Leistungen, die der Staat im Sinne der sozialen Gerechtigkeit mit welcher konkreten Zielsetzung, ggf. in welchen Schritten übernehmen soll (zB. Im Bildungssystem, im Gesundheitssystem, im Steuersystem, bei der Infrastruktur, in der Kinderbetreuung, bei der Bekämpfung der Altersarmut, bei der Integration der Migranten ...).
    2. Erst dann kommt die Frage der Finanzierung der Maßnahmen.
    Und wer diese dann ablehnt, dem ist vorzuhalten, dass er im Sinne der genannten Beispiele offensichtlich keine Position der sozialen Gerechtigkeit vertritt (wie z.B. die Union mit ihren aktuellen Steuervorschlägen nicht bereit ist, die Vermögenden wieder stärker in die Pflicht zu nehmen). So wird ein Schuh draus!

    Übrigens gäbe es zur Finanzierung eine einfache Maßnahme, die auch das Problem der demographischen Entwicklung (Alterung, Bevölkerungsrückgang, immer mehr Rentnern wie auch Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung stehen immer weniger Beitragszahlern gegenüber) berücksichtigt: auch große Einkommen und Vermögen (also auch die Produktionsfaktoren Kapital und Boden) beitragspflichtig machen und nicht starr an der heutigen Rentenformel kleben bleiben, als sei diese sakrosankt! Hier könnten sich mal die sonst so cleveren Ökonomen einmal konstruktive Gedanken machen!

    Viel Erfolg!

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