Grüne unterstützen Seehofers Haltung zu Grenzkontrollen

EU-Sozialdemokraten für Vertragsverletzungsverfahren nach Pushbacks

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg unterstützt die Politik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), trotz der steigenden Zahl von Flüchtenden via Weißrussland keine flächendeckenden Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze einzuführen. Das sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Schengen muss als Raum der offenen Grenzen bewahrt werden. Deswegen halte ich die Feststellung Seehofers für richtig, dass Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen nicht die richtige Antwort auf die Erpressung seien“, sagte Amtsberg dem RND. Sie plädierte dafür, via Weißrussland ankommende Migranten in Polen und dem Baltikum zu registrieren und dann von dort aus in der gesamten Europäischen Union zu verteilen.

Dem RND sagte die Grünen-Politikerin: „Polen, Litauen und Lettland sind nach dem geltenden Dublinsystem für die Asylverfahren der aus Belarus ankommenden Schutzsuchenden zuständig. Um diese Länder zu entlasten, sollte ein Kontingent der Asylsuchenden nach vorheriger Registrierung durch ein Relocationprogramm in der gesamten EU verteilt werden. So kann die EU ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und den Erpressungsversuchen des Minsker Diktators Lukaschenko begegnen, ohne dabei den Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu untergraben.“ Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, zeigte sich hingegen enttäuscht darüber, dass Seehofer Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze ausschließt. „Ich bin ziemlich enttäuscht über die Entscheidung der Bundesregierung und sehe nach wie vor die Gefahr, dass sich die Situation weiter zuspitzen wird“, sagte er dem RND. „Wir fordern weiterhin die Einrichtung temporärer Grenzkontrollen“, fügte er an. Gemeinsame Streifen mit der polnischen Polizei, wie Seehofer sie vorgeschlagen hatte, seien sicherlich sinnvoll, sagte Teggatz. „Das allein reicht aber nicht.“ Es fehle an „rechtlichen Grundlagen für eine Zurückweisung der illegalen Migration“. Es sei für ihn „unverständlich, dass man nicht jetzt schon Vorkehrungen trifft, ehe es zu spät ist und wieder Migranten unkontrolliert zu uns strömen“, so Teggatz.

EU-Sozialdemokraten für Vertragsverletzungsverfahren nach Pushbacks

Nach Berichten zur Misshandlung von Flüchtlingen an EU-Außengrenzen drängt die sozialdemokratische Europaabgeordnete Birgit Sippel auf ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland, Kroatien und Polen. „Die Berichte im Spiegel zeigen ein erschreckendes Bild vom Zustand der Menschenrechte an unseren Außengrenzen“, sagte sie dem „Spiegel“. „Diese gewaltsamen Pushbacks sind eben keine Einzelfälle, wie mancher Mitgliedstaat uns glauben machen möchte.“ Vielmehr sehe sie darin einen systematischen Angriff auf das Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention. „Deshalb fordern wir Vertragsverletzungsverfahren gegen die beteiligen Mitgliedstaaten und den Stopp des Einsatzes von EU-Mitteln an den betroffenen Außengrenzen.“ Die Sozialdemokraten haben ihre Forderungen in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen festgehalten. Sippel ist eine der Unterzeichnerinnen. In dem Schreiben fordern sie von der Leyen auf, das Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Außerdem schlagen sie vor, den betreffenden Staaten alle EU-Gelder zu streichen, die für das Migrationsmanagement gedacht waren. Die EU-Mittel sollten demnach erst wieder fließen, sobald „die Kommission ausreichende Beweise dafür hat, dass keine Pushbacks mehr durchgeführt werden“. Der „Spiegel“ hatte gemeinsam mit weiteren Medien berichtet, dass die kroatische Interventionspolizei und Spezialeinheiten der griechischen Küstenwache systematisch Asylsuchende misshandeln und sie in verdeckten Operationen gewaltsam zurückstoßen, damit sie keinen Asylantrag in der EU stellen können. Die Operationen werden demnach zum Teil mit dem Geld europäischer Steuerzahler finanziert. Die Sozialdemokraten fordern die Kommission auch auf, Maßnahmen gegen Polen zu ergreifen. Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko treibt seit Wochen gezielt Schutzsuchende Richtung Westen, um die EU unter Druck zu setzen. Das polnische Parlament legalisierte daraufhin die nach EU-Recht illegalen Pushbacks. +++