Grüne Fulda: Neujahrsempfang

Silvia Brünnel: Den ökologischen und sozialen Aufbruch verfolgen

Rund 120 Interessierte fanden sich am Sonntagmorgen zum traditionellen Neujahrsempfang Grünen Kreisverbandes Fulda im antonius-Café in Fulda ein. Neben einem Rückblick auf das vergangene Jahr gaben Fuldas Grüne einen Ausblick auf die bevorstehenden Veranstaltungen und besonderen Ereignisse in 2020. Als prominenten Gastreferenten konnte der Fuldaer Kreisverband den außenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen Omid Nouripour begrüßen. Knut Heiland, Vorsitzender des Kreisverbandes Fulda, freute sich, bei seiner Begrüßung in viele vertraute Gesichter zu blicken. Besondere Begrüßungsworte galten u. a. neben Omid Nouripur und Boris Mijatovic sowie den beiden Landtagsabgeordneten Silvia Brünnel und Markus Hofmann den Neumitgliedern, deren aktueller Zuwachs gestern bei 184 lag.

In seiner kurzgehaltenen Begrüßungsrede ging der Kreisvorsitzende auf die Ereignisse des vergangenen Jahres ein, die ihn persönlich – aber auch seine Grünen Parteikolleginnen und – kollegen in besonderer Weise beschäftigten. Ein erfreuliches Ereignis war zum Beispiel für ihn als das langjährige grüne Parteimitglied Peter Kirchner bei der Bürgermeisterwahl in Ehrenberg (Rhön) die Wahl für sich entscheiden konnte. Zu dieser Wahl angetreten war Kirchner als parteiloser Kandidat. Das im Landkreis Fulda „ein Grüner“ eine Bürgermeisterwahl gewinnen könne, habe er nicht für möglich gehalten. Damit sei diese Bürgermeisterwahl für ihn „das politische Highlight des Jahres 2019“. Zeitlich wurde ein neues Europäisches Parlament gewählt; Und auch hier erzielten die Grünen ein traumhaftes Wahlergebnis. Bezugnehmend der Wahl sagte Heiland: „Ich werde mich langsam damit anfreunden müssen, dass Wahlergebnisse bei den Grünen um die 20 Prozent langsam Realität sind und nicht nun mehr Wunschträume.“ Ein Ereignis hingegen, das die Grünen in Fuldaer erschütterte, war die Ermordung des ehemaligen Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke. „Ich hätte so etwas nicht für möglich gehalten“, so Heiland. „Ich kannte Herrn Lübcke nicht persönlich, aber er war oft in Fulda, insofern kannte man sich flüchtig von Veranstaltungen und Empfängen. Herr Lübcke war hierzulande ein gerngesehener und willkommener Gast.“ Die ganze Aufarbeitung des Falles und die damit einhergehende Verknüpfung von Rechtsnationalisten und einer demokratisch gewählten Partei habe den Grünen in Fulda viel abverlangt. Bezugnehmend dem Erstarken der AfD sagte der Vorsitzende des Grünen Kreisverbandes Fulda: „Ich weiß nicht, wie wir dagegen ankommen können; Vielleicht, indem wir den Menschen sagen, dass sie nicht rechts wählen sollen. Ich finde es erschreckend – die Landtagswahlen, die hinter uns liegen -, gerade Thüringen und Höcke – ich wollte eigentlich nicht so viel über die AfD reden – aber man muss sich wirklich fragen: Ist das noch eine demokratisch gewählte Partei? Ich weiß nicht, wie wir als Grüne uns dagegen positionieren können, nur eine Lösung finden müssen wird, weil sonst sehe ich die Demokratie in Gefahr.“

In seinem Ausblick auf das Jahr 2020 mutmaßte der Vorsitzende des Grünen Kreisverbandes, dass die Große Koalition nicht auseinanderbreche und noch bis 2021 halten werde. Bezugnehmend der anstehenden Kommunalwahlen im Frühjahr 2021, sagte Heiland, dass es dann darum gehe, dass die Grünen in Fulda auf Kreisebene besser aufgestellt sind. Das 40-jährige Bestehen der Fuldaer Grünen wolle man im Oktober diesen Jahres in Fulda u.a. mit einer Bilddokumentation gebührend feiern. U.a. soll eine Jubiläumsveranstaltung im Kulturzentrum Kreuz Ende Oktober stattfinden. Abschließend seiner Begrüßungsrede erinnerte Knut Heiland an die Vorstandswahlen im Kreisverband, die voraussichtlich im Mai stattfinden.

„Fuck you Greta“ – mit diesem Ausruf, angebracht als Aufkleber auf der Heckscheibe eines auf der Autobahn fahrenden Pkws begann Silvia Brünnel ihre Rede anlässlich des Jahresempfanges des Fuldaer Kreisverbandes von Bündnis 90 / Die Grünen am Sonntag in Fulda. Entdecken musste sie den Sticker als sie und ihre Familie gerade auf dem Weg in den Urlaub waren. Brünnel zeigte sich über diese Äußerung empört und auch darüber, welche Sprache verwendet wird. „Sprache schafft Wirklichkeit“, zitierte sie den Namen eines Kapitels aus dem literarischen Werk „Wer wir sein könnten“ von Bundesvorsitzender Robert Habeck (Bündnis 90 / Die Grünen). „Habeck beschäftigt sich in seinem Buch nicht nur mit der Tatsache, was uns im letzten Jahr im politischen Diskurs an Debattenkultur begegnete und was sich verändert hat, sondern weißt auch deutlich auf unsere gesellschaftliche Verantwortung hin, wie wir sprachlich miteinander umgehen“, so Brünnel. „‘Mit Sprachverrohung verschwindet Verständnis, Toleranz und Anteilnahme‘“, zitierte sie den Autor des Werkes, Robert Habeck. „Und ja – ein unachtsamer Umgang mit Sprache grenzt voneinander ab und fördert unsere gesellschaftliche Spaltung“, so Brünnel. „Für alle, die sich politisch engagieren, ist Sprache noch mehr: Sprache ist Politik und Politik ist Sprache! Dieser Verantwortung müssen sich alle Politikerinnen und Politiker sowie alle politischen Parteien bewusst sein“. „Durch den Einzug der AfD ins Hessische Parlament stellt sie auch für uns Grüne immer wieder die Frage danach, wie wir mit so manchem Gesagten umgehen. Was wertet man durch eine breite Debatte noch zusätzlich auf? Wie kann man provokante Äußerungen am besten links liegen lassen? Was geht aber soweit, was man auf gar keinen Fall unkommentiert stehen lassen kann? Ein schmaler Grat und es ist nicht immer einfach, eine provozierte Empörung und den Unmut herunterzuschlucken. In dieser Situation sehen wir uns häufig“, berichtet die Politikerin aus ihrem Alltag. Als reales Beispiel nannte sie die von der hessischen AfD instrumentalisierte Tötung des achtjährigen Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof im September des vergangenen Jahres, um sich als diffamiertes Opfer darzustellen. Ministerpräsident Volker Bouffier wurde subtile Bösartigkeit wie Charakterlosigkeit vorgeworfen. Damit zeigte die AfD ihr wahres Gesicht. Alle demokratischen Parteien waren völlig fassungslos und haben hier geschlossen Kante gezeigt. Sprache schafft Wirklichkeit, auch in Hessen.“ In diesem Kontext erinnerte Brünnel an die Ermordung von Dr. Walter Lübcke. „Manche sagen, es sei etwas passiert, was wir in dieser Art nicht für möglich gehalten haben – aber das stimmt nicht; Wir haben gesehen, dass sich rechte Tendenzen vermehren, wir haben gesehen, dass die AfD die Grundlage dafür schafft und das ist eine Tatsache und dieser Tatsache müssen wir uns Gesicht schauen und dem mit unserer demokratischen Haltung entgegenhalten.“

Bezugnehmend den landespolitischen Themen und den, was die Menschen in Fulda beschäftigte, ging Silvia Brünnel auf die kontrovers geführten Diskussionen wegen dem Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage ein. Silvia Brünnel: „Wir hatten hier durchaus unterschiedliche Debatten; Ich bin aber auch froh, dass wir sie hatten. Das wird es immer wieder geben. Es gibt die Sicht aus der Landespolitik heraus, die Sicht auf unterschiedliche Dinge, die man auf der kommunalen Ebene umsetzen möchte, und es gibt die Sicht von der Bundesebene; Es ist gut, dass es diese unterschiedlichen Debatten gibt und das wir sie führen“, sagte sie. Zum Programm „Starke Heimat Hessen“ sagte Brünnel: „Der Titel wirkt ein bisschen schwerfällig, er wirkt nicht ganz so urgrün, aber der Inhalt ist es eigentlich.“ „Den hessischen Kommunen stehen insgesamt über 400 Millionen Euro bereit. Negativ bei diesem Thema ist, dass das Land Hessen Einfluss auf die Verteilung der Gelder nimmt. Es gab den Verteilungsschlüssel 502525 – 50 Prozent flossen in Aufgaben, die uns aber eigentlich wichtig sein müssen. Sie sollen u.a. genommen werden für die Stärkung der Kinderbetreuung, die Erhöhung der Krankenhausinvestition, für Nahmobilität und die Digitalisierung der Kommunen. Wenn ich mir das so anschaue, dann entspricht das 1:1 dem Grünen Wahlprogramm und hessischer Grünen Ziele. 25 Prozent bleiben zum Aufbau des KFA und 25 Prozent kommen den Kommunen zugute, die die höchsten Gewerbesteuereinnahmen haben, also auch am meisten davon profitieren. Die Alternative dazu wäre gewesen, dass wir 100 Prozent an die Kommunen zurückgeben, wie sie sie eingenommen haben, was bedeuten würde: die starken Kommunen mit den starken Gewerbesteuereinnahmen bekommen viel, die schwachen bekommen wenig und das kann eigentlich nicht unsere Politik sein, die wir haben wollen oder die wir immer vertreten haben.“

Der außenpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion Omid Nouripur appellierte gestern auf dem Neujahrsempfang dazu, Hass und Hetze entschlossen entgegenzutreten. Auch Walter Lübcke, so Nouripur, sei jemand gewesen, der für Akzeptanz und gegen Fremdenfeindlichkeit eintrat. Dieses Erbe sollten wir, vor allem Menschen in politischer Verantwortung, dankbar annehmen wie entschlossen verteidigen. Das seien wir ihm und seiner Familie schuldig, so Nouripur. Weiter sprach sich der außenpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion für Klimabewegungen aus. In diesem Sinne mahne der Gründungssatz der Grünen: „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt“ insbesondere Parteimitglieder der Grünen zu dieser Haltung. Die ökologische Katastrophe, so Nouripur, sei aber nicht der einzige Grund dafür, dass sich die Partei gegründet habe, so stünden die Bewahrung des Tier- und Artenschutzes ebenfalls ganz oben auf der Agende. Im Rahmen des Neujahrsempfangs wurde Marion Neumeister als langjährige Geschäftsführerin des Kreisverbandes offiziell in den Ruhestand verabschiedet, Janina Reinhardt den Mitgliedern als ihre Nachfolgerin offiziell willkommen geheißen. Neumeister war beim Kreisverband Fulda 6 Jahre als Kreisgeschäftsführerin tätig. Knut Heiland dankte Neumeister für die angenehme Zusammenarbeit. Nebenstehend freute er sich, Neumeister für 25 Jahre Parteimitgliedschaft ehren sowie urkundlich auszeichnen zu dürfen.

Freude und Leid liegen manchmal nah beieinander. Alja Epp-Naliwaiko erinnerte auf dem Neujahrsempfang an das Parteimitglied Günther Hüsken, der kürzlich im Alter von 83 Jahren verstorben ist. Hüsken wäre jetzt im März 84 Jahre geworden. Günther, so Epp-Naliwaiko, war ein Mitglied, auf das man sich – als er noch gesund war – immer verlassen konnte! „Günther hat gerne kommuniziert, er war ein Mann von strengen Grundsätzen und vielen Visionen – und er war kein solches Mitglied unserer Partei, wie andere immer glauben, wie Grüne wären, nämlich irgend ein Mittelklassekind, das mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Genau das was Günther nicht! Er war genau das Gegenteil! Günther wurde in Breslau geboren, ist teilweise alleine von Schlesien in den Westen gelaufen, war im Heim, hatte Pflegeeltern, hatte keine schöne Kindheit und hat sich hochgearbeitet, er hat sehr viel gelesen, interessierte sich für Botanik und hatte ein unglaubliches Wissen über alternative Medizin. Dass Günther gestorben ist, ist nichts Unnatürliches und er ist auch nicht qualvoll gestorben, aber einfach, weil er so war, wie er war, werde ich sehr oft an ihn denken.“ +++ jessica auth