Grüne: Frei gewählte Volkskammer-Abgeordnete „angemessen würdigen“

Die Grünen im Bundestag fordern 29 Jahre nach der ersten und letzten freien Volkskammerwahl in der DDR von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mehr Engagement für die Würdigung der letzten DDR-Parlamentarier. Konkret geht es darum, dass in der Installation „Archiv der deutschen Abgeordneten“ des französischen Künstlers Christian Boltanski, die 5.000 Namen frei gewählter deutscher Abgeordneter von 1919 bis 1999 verzeichnet, 256 Namen von Parlamentariern fehlen – darunter sind Persönlichkeiten wie die 2001 verstorbene Sozialdemokratin Regine Hildebrandt oder Jens Reich vom Neuen Forum: Dies sei unwürdig, schreibt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar in einem Brief an Schäuble, über den die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ berichten.

„Wir begehen in diesem Jahr den 30. Jahrestag der friedlichen Revolution, die in der freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 ihre Vollendung fand“, so Gelbhaar in  dem Schreiben. „Ich nehme den heutigen Tag zum Anlass, Sie erneut zu bitten, die vor 29 Jahren frei gewählten Abgeordneten der Volkskammer, die in den Räumen des Deutschen Bundestages der Vergessenheit anheimfallen, angemessen zu würdigen.“ Gelbhaar hatte den Bundestagspräsidenten bereits Anfang Oktober angeschrieben und auf das Problem der fehlenden Volkskammerabgeordneten aufmerksam gemacht. Schäuble hatte zunächst geantwortet, dass es sich beim „Archiv der deutschen Abgeordneten“ um ein Kunstwerk und keine wissenschaftliche Arbeit handele, aber die Informationen im Flyer und auf der Website aufgenommen werden solle. Etwas später hatte Schäuble mitgeteilt, dass es eine Liste der nicht-aufgenommenen Abgeordneten auf der Website des Bundestags zum Kunstwerk geben werde.

Der Abgeordnete der Grünen kritisiert, dass diese Liste dort lediglich „kommentarlos und lieblos“ zum Download zur Verfügung stünde. „Auch im Umfeld der Installation vor Ort fehlt jede Einordnung und Korrektur“, schreibt Gelbhaar an Schäuble. „Das ist unbefriedigend und nicht länger hinnehmbar.“ Am 5. April 1990 hätte sich die frei gewählte Volkskammer konstituiert, erinnert er den Parlamentspräsidenten. „Ich bitte Sie, dieses Datum in diesem Jahr zum Anlass zu nehmen, das Archiv der Deutschen Abgeordneten in seinen Entstehungskontext, nämlich die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts, einzuordnen, kritisch zu bewerten und nicht länger den Eindruck zu hinterlassen, der Bundestag mache sich diese Dokumentation unwidersprochen zu eigen“, so Gelbhaar in seinem Brief. +++