Die Grünen im EU-Parlament kritisieren den neuen Vorstoß der CSU zu einem härteren Kurs in der Migrationspolitik als unrealistisch und populistisch.
Viele der Forderungen ließen sich praktisch nicht umsetzen und seien nach EU-Recht und Menschenrechten unzulässig, sagte der Sprecher der Grünen-Gruppe im Parlament, Erik Marquardt, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es entsteht der Eindruck, dass CSU-Politiker nicht nur die christlichen Werte, sondern auch gleich ihre eigene Großmutter verkaufen würden, um bei der Wahl ein paar Punkte gutzumachen“, fügte der Grünen-Politiker hinzu. Man solle aber auch in Wahlkampfzeiten nur Maßnahmen fordern, die man in der Regierung dann auch umsetzen könne.
Die CSU bekräftigt in ihrem sogenannten „Sicherheitsplan“, der bei einer am Montag beginnenden Klausurtagung der Landesgruppe beschlossen werden soll, unter anderem die Forderung nach Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. „Die erste Maßnahme, die von einem Bundesinnenminister nach der Wahl umgesetzt werden muss, ist die Zurückweisung von Ausländern ohne ein Recht zur Einreise in unser Land“, heißt es in dem Papier.
Marquardt verwies darauf, dass auch die EU-Kommission Zurückweisungen an den Grenzen nur unter strengen Bedingungen für möglich hält. Eine entsprechende Bewertung hatte Ende Oktober die damals noch amtierende EU-Innenkommissarin Ylva Johansson auf eine Parlaments-Anfrage Marquardts abgegeben.
In der Antwort der Kommission, über die die Funke-Zeitungen berichten, heißt es: „Stellt ein Drittstaatsangehöriger an der Binnengrenze eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, so ist der betreffende Mitgliedstaat nach EU-Recht verpflichtet, die Bestimmungen der Dublin-Verordnung anzuwenden, um festzustellen, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist.“
Und weiter: Die Ausnahmeregelung des Artikels 72 des EU-Vertrags – auf die sich Unionspolitiker berufen – sei „eng auszulegen“ und dürfe nicht als Ermächtigung der Mitgliedstaaten verstanden werden, von den Bestimmungen des Unionsrechts abzuweichen.
Die SPD im Bundestag wirft der Union in der Migrationsdebatte einen „populistischen Überbietungswettbewerb mit der AfD“ vor. „Die Union versucht, eine neue Runde in der Migrationsdebatte zu eröffnen, um von ihrem katastrophalen Versagen in der deutschen Sicherheits- und Innenpolitik abzulenken“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf den neuen Vorstoß der CSU.
In der Migrationspolitik seien der frühere CSU-Chef Horst Seehofer und die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „die Verursacher der heutigen Probleme“. In den Bundesländern, in denen die Union regiere, sei die Bilanz „desaströs“, sagte Hartmann. Zugleich verhindere die Union tatsächlich erforderliche Beschlüsse zur Sicherheit mit einer Blockade im Bundesrat. Der SPD-Politiker sagte zugleich, die Zahl der Asylgesuche in Deutschland sei stark rückläufig.
Die CSU-Landesgruppe will in einer am Montag beginnenden Klausurtagung einen sogenannten „Sicherheitsplan“ beschließen, der eine harte Kurskorrektur in der Migrationspolitik und eine härtere Linie auch bei der inneren Sicherheit beinhaltet. Das Papier sieht unter anderem generelle Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, die Kopplung des Bleiberechts an ein auskömmliches Einkommen, die Abschaffung des subsidiären Schutzes und in bestimmten Fällen eine unbefristete Abschiebehaft vor.
Ein Teil der Forderungen ist auch schon in einem gemeinsamen Unions-Wahlprogramm enthalten. Zu Jahresanfang hatte auch die CDU-Spitze erneut Verschärfungen des Migrationsrechts verlangt.
Pro Asyl: CSU-Forderungen missachten Menschenrechte
Nach neuen Vorstößen von CSU und CDU zu einer Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik wirft die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl den Unionsparteien eine „Radikalisierung“ und einen populistischen Wahlkampf vor.
„Es ist extrem besorgniserregend, dass die Unionsparteien bei ihren Forderungen an vielen Stellen Grund- und Menschenrechte missachten, um Wähler rechter Parteien zu umwerben“, sagte Pro-Asyl-Rechtsexpertin Wiebke Judith den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man erlebe eine Erosion von Grundprinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenwürde und Menschenrechten, für die die demokratischen Parteien eigentlich stehen müssten.
Judith reagierte damit auf die neue Migrationsdebatte, die die CSU mit einem „Sicherheitsplan“ für den Bundestagswahlkampf befeuern will. In dem Papier, das bei einer am Montag beginnenden Klausurtagung beschlossen werden soll, bekräftigt die CSU unter anderem die Forderung nach genereller Zurückweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen.
Das wäre aber ein Verstoß gegen Völker- und Europarecht, erklärte Asylrechts-Expertin Judith. Selbst wenn ein anderer EU-Staat zuständig sei, müsse das in einem rechtsstaatlichen Verfahren – im sogenannten Dublin-Verfahren – geklärt werden. „Das Europarecht macht da sehr klare Vorgaben. Das wollen CDU und CSU jetzt einfach brechen.“
Unzulässig sei es auch, für Schutzberechtigte das Bleiberecht an ein auskömmliches Eigentum zu koppeln. „Aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergibt sich der Anspruch auf eine sozialrechtliche Gleichbehandlung für Geflüchtete. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist klar: Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht relativierbar.“ Deshalb sei es nicht möglich, Flüchtenden jede Unterbringung oder Sozialleistung zu verwehren.
Die Forderung nach Abschaffung des subsidiären Schutzes nannte Judith „Augenwischerei“. Die Betroffenen fielen unter das Abschiebungsverbot, das sich aus der europäischen Menschenrechtskonvention ergebe. „Sie bekommen den Schutz meist, weil sie zum Beispiel von Folter in ihrem Heimatland bedroht sind. Die Menschenrechtskonvention erlaubt solche Abschiebungen nicht.“ Deshalb ergebe es keinen Sinn, diesen Menschen jeden Schutzstatus zu versagen. Verfassungswidrig sei es auch, wenn die CSU jetzt ausländische Straftäter nach Verbüßung der eigentlichen Strafe in unbefristete Abschiebehaft nehmen wolle.
Die CSU-Landesgruppe will in einer am Montag beginnenden Klausurtagung einen sogenannten „Sicherheitsplan“ beschließen, der eine harte Kurskorrektur in der Migrationspolitik und eine härtere Linie auch bei der inneren Sicherheit beinhaltet. Das Papier, über das die Funke-Zeitungen berichten, sieht unter anderem generelle Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, die Kopplung des Bleiberechts an ein auskömmliches Einkommen, die Abschaffung des subsidiären Schutzes und in bestimmten Fällen eine unbefristete Abschiebehaft vor.
Ein Teil der Forderungen ist auch im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU verankert. Zu Jahresanfang hatte auch die CDU-Spitze erneut Verschärfungen des Migrationsrechts verlangt. +++
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