Der russische Großangriff auf die Ukraine geht in Tag vier. In der Nacht zu Sonntag wurde ein Tanklager am Stadtrand von Kiew getroffen. Die örtlichen Behörden warnten die Bevölkerung, dass der Rauch giftige Dämpfe enthalten könne und forderten die Bewohner auf, die Fenster zu schließen. Russische Streitkräfte versuchten offenbar, einen rund 30 Kilometer südwestlich von Kiew gelegenen Luftwaffenstützpunkt zu übernehmen. Auch in anderen Landesteilen gab es Luftalarm. Das ukrainische Militär zeigte Bilder von gefangenen russischen Soldaten. Unterdessen haben mehrere Länder, darunter nun auch Deutschland, Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Die EU beschloss weitere Sanktionen gegen Russland, inklusive eines Ausschlusses bestimmter Banken aus dem Zahlungssystem SWIFT. Die EU wird wohl in Kürze den Luftraum für russische Airlines schließen.
Ukraine nennt deutsche Waffenlieferungen „ersten Schritt“
Die deutschen Waffenlieferungen können nach Ansicht des ukrainischen Botschafters in Deutschland nur ein erster Schritt sein. „Die Ukrainer sind erleichtert, dass die Ampel-Regierung diesen geschichtsträchtigen Kurswechsel in letzter Minute wagte“, sagte Melnyk in der Nacht zu Sonntag der „Welt“. Die Entscheidung bedeute „den endgültigen Abschied von deutschen Illusionen“. Die Ukraine erwarte aber, dass „dies nur der erste Schritt Deutschlands ist, um den perfiden Krieg Putins abzuwehren“. Die Ukrainer hofften, „dass die Bundesregierung auch in den nächsten schicksalhaften Tagen und Wochen uns mit weiteren Verteidigungswaffen stark unter die Arme greift“, sagte Melnyk. Zugleich fordere die Ukraine die Bundesregierung auf, den Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT auf alle russischen Banken auszuweiten, „um der Kriegsmaschinerie des Kreml einen Todesstoß zu versetzen“. Außerdem verlange die Ukraine „einen sofortigen Importstopp für alle russischen Rohstoffe, und zwar ohne Ausnahme, nicht nur für Gas, Erdöl, Kohle oder Metalle“, sagte Melnyk. So könne die Finanzierung des „wahnsinnigen Feldzugs trockengelegt werden“. Nötig sei auch ein unverzügliches Verbot für sämtliche deutschen und europäischen Investitionen in Russland. Deutschland ist der mit Abstand größte Importeur von russischem Gas und Öl in Europa.
Berichte: Russische Truppen besetzen zweitgrößte ukrainische Stadt
Russische Truppen haben offenbar die Stadt Charkow im Nordosten der Ukraine zumindest teilweise besetzt. Auf zahlreichen Videoaufnahmen von Augenzeugen war zu sehen, wie russische Militärfahrzeuge in und durch die Stadt rollten. Angeblich sei der Einfall auch aus ukrainischen Regierungskreisen bestätigt worden. Inwieweit das russische Militär die Kontrolle hat, war aber unklar. Charkow ist nach Kiew mit rund 1,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Ukraine. Unterdessen tobt der Kampf um die Hauptstadt Kiew weiter. Nach Angaben der örtlichen Behörden ist die Stadt weiter vollständig unter Kontrolle der ukrainischen Armee. Es habe in der Nacht zahlreiche Kämpfe „mit Gruppen an Saboteuren“ gegeben, hieß es. Seit Samstagnachmittag und noch bis Montagmorgen gilt eine totale Ausgangssperre. Das ukrainische Militär teilte mit, Russland habe sein Angriffstempo verlangsamt. +++