Griechenland will Ende der Einflussnahme durch Geldgeber

Dem Land wurden Kredite in Höhe von mehr als 300 Milliarden Euro gewährt

Athen. Griechenland verlangt nach drei milliardenschweren Rettungsprogrammen ein Ende der Einflussnahme durch seine Geldgeber. „Europa sollte nicht über Kontrolle funktionieren“, sagte Griechenlands Finanzminister Efklidis Tsakalotos „Zeit-Online“. Man könne die Dinge in einer Krise kontrollieren, aber „irgendwann muss man sagen: Die Krise ist vorbei und jetzt ist es Zeit, von Kontrolle zu Partnerschaft überzugehen“. Für die Menschen in Griechenland sei es sehr wichtig, wieder selbstbestimmt leben zu können.

Der Finanzminister will nach acht Jahren Krise in diesem Sommer das Rettungsprogramm abschließen und wieder eigenständig Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. Die internationalen Gläubiger des Landes diskutieren aber, Griechenland vorsorglich einen Kredit bereitzustellen, um Engpässe im griechischen Staatshaushalt zu vermeiden. Das lehnt Tsakalotos ab. „Eine solche Kreditlinie wäre nichts anderes als ein neues Programm mit Konditionen und Reformverpflichtungen“, sagte der Finanzminister. „Es ist weder in Deutschlands noch in Griechenlands Interesse, weiterhin Rettungsprogramme zu haben.“ Irgendwann müsse man „einem Land auch vertrauen“, dass es seine Verantwortung ernsthaft wahrnehme. Um die Eurozone weniger krisenanfällig zu machen, plädiert Tsakalotos für eine umfassende Reform der Währungsunion, so wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sie vorgeschlagen hat. „Frau Merkel könnte kühner sein“, sagte er. „Das wäre gut für Deutschland und für ihr Erbe als europäische Politikerin.“ Die Probleme der Eurozone würden nicht gelöst, indem man einfach so weitermache wie bisher.

Dabei gehe es nicht immer nur um mehr Geld. Die Situation in Italien zeige, wie verletzlich der Euro immer noch sei. „Es wäre schön, wenn wir zu einer Eurozone kämen, die proaktiv handelt und nicht ständig nur reagiert“, sagte Tsakalotos. Eine Währungsunion müsse über einen Mechanismus verfügen, der regionale Ungleichheiten angehe. „Es ist unvermeidbar, dass die Eurozone unter Druck gerät, wenn es einer Region sehr gut geht und der anderen nicht.“ Er kritisierte auch das deutsche Wirtschaftsmodell. „Es funktioniert nicht, wenn sich jedes Mitgliedsland so stark auf Exporte fokussiert wie Deutschland.“ Eine Entscheidung über das Ende des griechischen Hilfsprogramms soll am 21. Juni bei dem Treffen der Eurogruppe in Brüssel fallen. Tsakalotos erwartet, dass die Gläubiger einer Schuldenerleichterung zustimmen, die sie dem Land bereits zugesagt hatten. Sollte es diese nicht geben, „werden wir offenkundig keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben“. Zwar baue das Land eine finanzielle Reserve auf, aber ohne Zugang zu den Kapitalmärkten wäre es weiterhin auf Rettungskredite angewiesen. Die Verschuldung Griechenlands hatte die Eurozone im Jahr 2010 in eine tiefe Krise gestürzt. Dem Land wurden Kredite in Höhe von mehr als 300 Milliarden Euro gewährt – keinem anderen Land der Welt musste bislang so umfangreich geholfen werden. +++