Gesundheitsminister kündigt reihenweise Corona-Tests noch im Mai an

Städtetag kritisiert Krankenkassen und Kassenärzte

Jens Spahn (CDU)
Jens Spahn (CDU)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Details zur künftigen reihenweisen Testung auf das Coronavirus verkündet. „Mein Ziel ist es, noch im Mai eine Verordnung vorzulegen, die präventive Reihen-Tests in Krankenhäusern und Pflegeheimen ermöglicht“, sagte Spahn der „Welt“. Wenn Patienten und Bewohner aufgenommen oder verlegt würden, „sollten Sars-CoV-19-Tests die Regel sein“, so der CDU-Politiker weiter. Im Falle einer Infektion in der Einrichtung soll zudem beim gesamten Personal sowie bei allen Bewohnern und Patienten vorsorglich ein Abstrich gemacht werden.

Auch symptomlose Kontaktpersonen von Infizierten sollen erstmals Anspruch auf Testung haben. Mit der Verordnung hat Spahn Kriterien definiert, bei denen die gesetzlichen Krankenkassen zu einer Übernahme der Kosten verpflichtet sind. Der Gesundheitsminister begründete die Neuregelung mit ungenutzten Testkapazitäten: „Vergangene Woche sind deutschlandweit 425.000 Tests durchgeführt worden. Aber die Testkapazität ist mehr als doppelt so groß“, sagte er. Darüber hinaus will er künftigen Engpässen an Schutzkleidung langfristig vorbeugen. Das Bundesgesundheitsministerium beginne mit dem „Aufbau einer dauerhaften nationalen Reserve an medizinischer Schutzausrüstung“, so Spahn. Diese Reserve gewährleiste „Sicherheit für mehrere Monate“, damit man „nicht noch einmal in eine Lage wie im Februar und März“ komme, als „selbst für das medizinische Personal nicht genügend Masken und Handschuhe vorhanden waren“, so der CDU-Politiker weiter. Zugleich verwies er auf eine aktuell entspannte Situation bei der Versorgung mit Schutzmaterial. „Wir sind sogar schon so weit, dass mehrere Kassenärztliche Vereinigungen sagen: Der Hof ist voll, bitte nicht mehr liefern“, sagte Spahn der „Welt“. Das führe dazu, „dass wir die tägliche Lieferung an die Länder und Kassenärztlichen Vereinigungen Mitte des Jahres beenden werden.“

Städtetag kritisiert Krankenkassen und Kassenärzte

Der Deutsche Städtetag hat Krankenkassen und Kassenärzten vorgeworfen, eine Ausweitung der Corona-Tests zu torpedieren. „Leider nehmen wir im Moment wahr, dass gesetzliche Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen das Rad zurückdrehen wollen“, sagte der Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. In einigen Fällen sei die Finanzierung von Tests in Pflegeheimen, bei Pflegekräften oder im Rettungsdienst kurzfristig aufgekündigt worden. „Krankenkassen und Kassenärzte leisten der Pandemiebekämpfung damit einen Bärendienst“, so der Städtetags-Hauptgeschäftsführer weiter. Nur mit deutlich mehr Tests könne die Exit-Strategie von Bund und Ländern funktionieren. Das gerade verabschiedete Bevölkerungsschutzgesetz mache umfangreiche Test auch für Menschen ohne Symptome möglich. „Nun muss das Gesetz auch lupenrein in die Praxis umgesetzt werden, die gesetzlichen Krankenkassen müssen wie geplant die Kosten für die Tests tragen“, sagte Dedy den Zeitungen. Man erwarte, „dass die notwendige Rechtsverordnung das glasklar regelt und noch im Juni kommt.“ Sonst werde das Ziel, die Corona-Screenings in der Fläche stark auszubauen, nicht zu erreichen sein.

Spahn kritisiert Kurs von AfD-Spitze in Coronakrise

Spahn (CDU) hat den Kurs der AfD-Spitze in der Coronakrise scharf kritisiert. „Das Ziel der AfD-Führung ist selbst in einer solchen nationalen Krise nicht Sacharbeit, sondern einzig und allein destruktive Stimmungsmache“, sagte Spahn der „Welt“. Er wundere sich, wie unkritisch mit den „ständigen Meinungswechseln“ dieser Partei umgegangen werde. „Die AfD, die sich jetzt als Corona-Leugner versucht, ist dieselbe AfD, die noch vor Kurzem immer härtere Maßnahmen gegen das Virus gefordert hat“, so der CDU-Politiker weiter. Entlarvend sei der Umgang mit den Fachpolitikern der Partei, die etwa im Gesundheitsausschuss zwar mitunter kritisch, aber trotzdem engagiert in der Sache arbeiteten. Diese hätten es in ihrer eigenen Partei und Fraktion „sehr schwer“, so der Gesundheitsminister. Er verteidigte den Besuch des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) bei einer „Hygiene-Demonstration“ in Dresden. „Ich finde es richtig, dass Michael Kretschmer den Dialog anbietet“, sagte Spahn. Es sei richtig, sich dieser Debatte zu stellen, so wie es richtig sei, dass Bürger ihre Sicht der Dinge aussprechen. „Dass ein Gastronom, der vor der Existenzfrage steht, die Dinge anders einschätzt als ein Lungenarzt, der gerade einen Schwerstkranken mit Covid-19 behandelt hat, finde ich nachvollziehbar“, so der Gesundheitsminister weiter. Zu Beginn der Pandemie habe man in Deutschland „ein neues Wir-Gefühl“ erlebt. Nach Jahren der gesellschaftlichen Polarisierung, zuerst in der Flüchtlings-, dann in der Klimafrage, habe man gezeigt, dass man eine Gemeinschaft sei und aufeinander aufpasse. „Deswegen sollten wir notwendige Debatten so austragen, dass sie zusammenführen und nicht wieder spalten“, sagte Spahn der „Welt“. Auf die Frage, ob er demnächst selbst auf einer Demo gegen die Corona-Schutzmaßnahmen vorbeischauen würde, zeigte sich der CDU-Politiker offen: „Ich bin nicht dafür bekannt, dass ich Debatten aus dem Weg gehe.“ +++