Dieter’s Kolumne: Gesundheit – Nein Danke?

Ist der Begriff „Gesundheitspolitik“ überhaupt noch zutreffend?

Seit vielen Jahren haben wir auf Bundesebene ein Gesundheitssystem mit einem eigenen Ministerium an der Spitze installiert – zurzeit mit Jens Spahn einem jugendlich-konservativen Minister. Wodurch fällt dieser auf? – Nein, nicht nur damit, dass er Parteivorsitzender werden wollte, sondern auch durch hyperaktives Produzieren von immer neuen Gesetzen und Verordnungen. Er sammelt Fleißkärtchen. Allerdings! Doch tut das der Gesundheitspolitik gut? Oder sollten wir nicht besser fragen, ob der Begriff „Gesundheitspolitik“ überhaupt noch zutreffend ist? Um das beurteilen zu können, tauchen wir mal in Teilbereiche dieser sogenannten Gesundheitspolitik ein. Da gibt es Personaluntergrenzen für acht pflegeintensive Bereiche. Klingt gut, wer ist nicht für eine bessere und intensivere Pflege der Patienten?

Das Problem ist nur, dass es gar nicht genügend Pflegepersonal gibt, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Fällt Personal aus, wird es kurzfristig aus anderen Bereichen rekrutiert. Denn: wird die Untergrenze nicht erreicht, ist eine Strafzahlung fällig. Die Folge: es werden Betten, ja sogar ganze Stationen geschlossen. So werden aktuell im Klinikum Fulda 100 bis 150 Betten nicht belegt. Kann sich das ein Krankenhaus der Maximalversorgung leisten? Eigentlich nicht, aber die Umstände zwingen zu solch einem Handeln. Mit Bettenschließungen oder Strafzahlungen entzieht man dem Krankenhaus die notwendigen finanziellen Mittel, um sich selbst zu tragen. Die Konsequenz ist, dass die Stadt Fulda als alleinige Gesellschafterin aktuell dem Klinikum 14 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Ansonsten droht die Insolvenz. Aber damit noch nicht genug. Wie viel Finanzbedarf benötigt eigentlich ein Krankenhaus? Zumindest bei Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft müsste im Prinzip ein kostendeckender Betrieb ausreichend sein?! Leider weit gefehlt. Originär zuständig für die Investitionen der Krankenhäuser ist das Land Hessen, dies kommt aber seiner gesetzlichen Verpflichtung nur mangelhaft nach. Also müssen auch bei Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft Gewinne erwirtschaftet werden, um zu investieren. Im Zweifel muss, wie im Klinikum Fulda, die Kommune einspringen!

An dieser Stelle über die Auswirkungen der Privatisierung auf das Gesundheitswesen zu schreiben, würde den Rahmen sprengen. Aber es kann sich ja jeder selbst denken wie das ist, wenn über die Kostendeckung hinaus obendrauf noch Gewinnerwartungen der Eigner befriedigt werden müssen. Als ob es noch nicht genug wäre, schlägt auch noch die Überbürokratisierung zu. Die Leistungsabrechnung zwischen Krankenhäusern und den Krankenhäusern wird noch komplizierter. Immer mehr Rechnungen der Krankenhäuser werden von den Krankenkassen angezweifelt. Die Folge: es fließt erstmal kein Geld an die Krankenhäuser. Auch wenn die kritisierten Positionen nur den weitaus geringsten Teil der Rechnung ausmachen. Somit wird den Krankenhäusern notwendige Liquidität entzogen, die dann möglicherweise über Kredite gedeckt werden muss. Es kommt aber noch besser: Ist eine Rechnung nach Meinung der Krankenkassen falsch, wird eine Strafzahlung fällig, mindestens 300 Euro. Jetzt kann sich jeder ausdenken, was passiert. Die Rechnungen werden „richtig“ gemacht, indem getätigte Leistungen nicht abgerechnet werden. Die Folge: weniger Einnahmen. Wenn das bei einer hohen Anzahl von Abrechnungen passiert, kann sich jeder ausmalen, was das bedeutet… Krankenkassen und Krankenhäuser rüsten deshalb auf: Die Verwaltungen werden durch das übertriebene Controlling aufgebläht. Und in der Pflege fehlt das Geld. Was ein absurder Wahnsinn!! Leidtragende sind die Patienten und, wie im Beispiel Klinikum Fulda, die Kommunen.

Warum dieser ganze Wahnsinn, fragt man sich. Ganz unverhohlen lässt Bundesgesundheitsminister Spahn durchblicken worum es wirklich geht. Er will Krankenhäuser schließen, damit weniger Betten und – oh Wunder – wir haben wieder ausreichend Pflegepersonal! Eine merkwürdige Gleichung! Den Kollateralschaden, dass aus den oben genannten Gründen auch Krankenhäuser oder Teilbereiche von Krankenhäusern in der Fläche betroffen sind, nimmt er wohl gerne in Kauf. Wenn das so weiter geht, ist die medizinische Versorgung in der Fläche absolut gefährdet. Aber Hauptsache ein neues Gesetz jagt das nächste! Auch eine Art von Politikgestaltung. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Die öffentlichen Träger der medizinischen Versorgung müssen jetzt laut Alarm rufen und den Spahn’schen Wahnsinn bremsen. Ob dazu allerdings eine Resolution des Fuldaer Stadtparlaments ausreicht, darf bezweifelt werden. Aber immerhin, man wird wach! +++ red/kolumne