Germanistikprofessor kritisiert digitale Lehre an Universitäten

Der Osnabrücker Germanistikprofessor Christoph König hat die digitale Lehre an Universitäten kritisiert. Digitale Lehre sei nicht in jedem Fall ein Gewinn für die Universitäten, in Corona-Zeiten sei sie aber ein unverzichtbares Medium, sagte König der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es dürfe dabei aber nicht vergessen werden, dass man dabei auch einen Verlust erleide. „Darauf hinzuweisen ist nun die Zeit gekommen. Ich plädiere für eine differenzierte Betrachtung.“

Man müsse die Frage stellen, ob die Universitäten in verschiedenen Bereichen die Präsenzlehre nicht wieder aufnehmen könnten, so der Germanist. „Universitäten sind im hohen Maß systemrelevant, finden sich aber zu rasch mit der Lage ab – auch die Hochschulrektorenkonferenz tut das – und ringen zu wenig um neue Formen.“ Das Bild der Universität trete zu wenig in Erscheinung. „Es geht mir um die Universität als eine Einrichtung der Forschung und der Heranbildung von freien und aufgeklärten Bür  gern der Gesellschaft.“ König forderte, dass sich die Universitäten stärker in den Diskurs einbringen und sichtbarer werden. „Die Universitäten müssen sich stärker wieder Gehör verschaffen und darauf verweisen, was sie auszeichnet und was sie zur Gesellschaft beitragen.“ In den Geisteswissenschaften gehöre dazu die analytische Kraft der Interpretation. „In den Philologien ist das die scharfe Reflexion sprachlichen Ausdrucks, dessen Kritik zu den Voraussetzungen der Demokratie gehört.“

Zum Faktencheck trete die Art und Weise des Sprechens. „In den Seminaren, die digital angelegt sind, gibt es in paradoxer Weise eine große Nähe zu den Teilnehmern, die auf dem Bildschirm im Porträt und mit Namen erscheinen.“ Und alle fühlten sich angesichts der Distanz verantwortlich für das Gelingen. „Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite ist das Medium für beide Seiten besonders anstrengend.“ Aber es gebe grundsätzlichere Nachteile gegenüber der Präsenzlehre, die mit der Idee der Universität  unmittelbar verbunden sei. Gerade das Erlebnis der digitalen Medien führt für König jetzt dazu, die körperliche Dimension der geisteswissenschaftlichen Lehre neu zu entdecken. Zu der gemeinsamen Diskussion gehöre die körperliche Präsenz. „An den Bildschirmen erfahre ich eine flache Energie. Widerspruchsgeist und das Feuer, sich einzubringen, sind deutlich geringer.“ Im Raum des Seminars sei jeder als Person involviert. +++