Gerber sieht die „Stunde Null“ als Chance für Neuanfang

Rückblick auf die deutsche Geschichte

In seiner Predigt zur Osternacht hat Fuldas Bischof Dr. Michael Gerber die „Stunde Null“ als Bild für die österliche Botschaft aufgegriffen. Foto: Marzena Seidel

In einer bewegenden Osternachtpredigt im Fuldaer Dom hat Bischof Dr. Michael Gerber die „Stunde Null“ als kraftvolles Bild für die österliche Botschaft des Neuanfangs gewählt. Die Auferstehung Jesu Christi, so der Bischof, öffne gerade in Momenten tiefster Erschütterung und Umbrüche einen Raum, in dem Hoffnung wachsen und neues Leben entstehen könne.

Gerber knüpfte seine Gedanken an zentrale Lesungen der Osternacht an. Sie zeigten, wie sich in der Geschichte der Menschheit immer wieder Wendepunkte offenbaren – Momente, in denen Gott selbst die Initiative ergreift: Von der Schöpfung im Buch Genesis, über den Auszug der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten bis hin zum Ostermorgen, an dem die Jünger Jesu – nach der Dunkelheit des Karfreitags – einem neuen Lebensraum gegenüberstehen: dem Raum des Auferstandenen.

Besonders eindrücklich war Gerbers Rückblick auf die deutsche Geschichte. Mit Blick auf den bevorstehenden 80. Jahrestag des Kriegsendes erinnerte er an ein Gespräch mit der Tochter des Widerstandskämpfers Carl Goerdeler. Sie habe die Zeit nach dem Krieg als ihre ganz persönliche „Stunde Null“ erlebt – geprägt vom Verlust des Vaters, dem Bruch mit der Heimat und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Noch Monate nach Kriegsende sei sie als Tochter eines „Volksverräters“ beschimpft worden.

Doch diese Erfahrung einer tiefgreifenden Zäsur, so Bischof Gerber, sei keineswegs nur ein Kapitel der Vergangenheit. Auch heute seien viele Menschen mit ihrer eigenen „Stunde Null“ konfrontiert – durch Krankheit, den Tod eines geliebten Menschen, durch Naturkatastrophen oder den Schrecken des Krieges. Die Zerbrechlichkeit des Lebens sei in der Gegenwart so spürbar wie lange nicht mehr.

Gerber rief dazu auf, diese Momente nicht nur als Brüche, sondern auch als Chancen für einen Neuanfang zu begreifen. Die Osterbotschaft sei kein abstraktes theologisches Konzept, sondern werde konkret im Handeln derer, die anderen Menschen zur Seite stehen, ihnen Mut machen und neue Wege ermöglichen. In diesem Zusammenhang dankte der Bischof ausdrücklich den zahlreichen Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich in der Kirche und Gesellschaft engagieren – in caritativen Diensten, in Pfarrgemeinden, in Gruppen und Initiativen, die dem Miteinander ein Gesicht geben.

Die österliche Feier wurde mit großer Beteiligung gefeiert und setzt sich mit weiteren Gottesdiensten fort: Am Ostersonntag wird Bischof Dr. Gerber das Pontifikalamt um 10 Uhr zelebrieren. Am Ostermontag lädt Weihbischof und Domdechant Prof. Dr. Karlheinz Diez ebenfalls um 10 Uhr zum festlichen Pontifikalamt in den Fuldaer Dom ein. Die Feierlichkeiten stehen ganz im Zeichen von Hoffnung, Gemeinschaft und dem Glauben an einen neuen Anfang – gerade in Zeiten des Umbruchs. +++


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