Gemeinschaftseinrichtung in Erlensee geht in Betrieb

Unterbringung Geflüchteter: Erste Bewohner ziehen in Kürze ein

Seit Februar lief der Aufbau der Container für die Kreis-Einrichtung sowie für die Einrichtung der Stadt Erlensee. Ende April nun können beide Gemeinschaftseinrichtungen in Betrieb gehen.

In diesen Tagen nimmt der Main-Kinzig-Kreis seine neue Gemeinschaftseinrichtung für Geflüchtete in Erlensee in Betrieb. Der Kreis hat die Containeranlage seit Januar auf einem Grundstück auf dem Fliegerhorst aufgebaut. Die vorbereitenden Arbeiten endeten kurz nach Ostern, so dass nun die ersten der bis zu 80 Bewohnerinnen und Bewohner einziehen können. Das Besondere an dieser Einrichtung: Auf dem Grundstück nutzen der Main-Kinzig-Kreis sowie die Stadt Erlensee einige Ressourcen gemeinsam.

„Auf ein und demselben Gelände haben der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Erlensee Wohnraum für Asylsuchende und Geflüchtete geschaffen. Und wir nutzen dabei natürlich auch Synergieeffekte, räumlicher, struktureller und personeller Art. Von der Organisation her ist es für uns ein Novum, von der Aufgabe her natürlich nicht, Menschen würdig und sicher unterzubringen“, erklärte Landrat Thorsten Stolz.

Bauherr und Betreiber der westlichen Wohncontaineranlage ist der Main-Kinzig-Kreis. Nach den Weihnachtsferien haben die Bauarbeiten auf dem Gelände begonnen, im Februar wurden die ersten Container für die Kreis-Einrichtung aufgestellt, kurz danach auch jene der Stadt Erlensee, die ebenfalls Platz für bis zu 80 Menschen bieten. Ende April nun können die Räumlichkeiten des Main-Kinzig-Kreises wie auch die Erlenseer Räume bezogen werden. Zu den je etwa 70 Wohncontainern, inklusive Küchen-, Sanitär- und Waschmaschinenbereiche kommt auf dem Gelände noch ein zentraler Büro- und Aufenthaltsbereich hinzu, den die Stadt und der Kreis gemeinsam nutzen.

Erlensees Bürgermeister Stefan Erb betonte, dass es zu diesen formal eigenständigen Bauprojekten für die Unterbringung „eine enge und gute Abstimmung“ gegeben habe. „Wir haben dem Main-Kinzig-Kreis im Sommer letzten Jahres auf dessen Anfrage hin ein Fliegerhorst-Grundstück genannt, auf dem er eine Gemeinschaftseinrichtung aufbauen kann. Parallel dazu haben wir als Stadt Erlensee natürlich auch weiterhin die große Aufgabe zu meistern, die Menschen aus Kriegs- und Krisenländern bei uns unterzubringen. Da bot sich dann an, dass wir uns dieser Baumaßnahme anschließen, als der Kreis seinerseits zugesagt hatte.“

Der Main-Kinzig-Kreis hat nun binnen fünf Monaten vier größere Unterkünfte neu eröffnet. In den kommenden Wochen folgt mit einer Gemeinschaftseinrichtung in Maintal eine sechste. „Diese Unterkünfte schützen Menschen vor Obdachlosigkeit und sie ermöglichen ein wenig Normalität im Ausnahmezustand, nicht mehr und nicht weniger. Es ist kein Luxus, es ist eine Zwischenstation“, erklärte Susanne Simmler. Es sei aber eine „hilfreiche und wichtige Einrichtung in einer Notsituation“.

Seit dem Jahresanfang haben den Main-Kinzig-Kreis rund 1.200 Geflüchtete neu erreicht. Sie werden über ein vom Land Hessen festgelegten Verteilschlüssel an die Kreise und kreisfreien Städte zugeteilt, nachdem in der Gießener Erstaufnahmeeinrichtung eine Erstregistrierung erfolgt sein sollte. Wöchentlich kommen derzeit bis zu 70 Personen neu ins Kreisgebiet. Sie werden durch den Kreis erstversorgt und betreut und schließlich in Abstimmung mit den Städten und Gemeinden in die Kommunen weitervermittelt.

„In der Realität ist das Vermittlungs- und Unterbringungsprocedere auf kommunaler Ebene äußerst schwierig geworden, und wir wollen ja auch die nächsten Schritte im Blick behalten, wenn es um die gesellschaftliche Integration geht“, so Simmler. „Wir, genauso wie die Städte und Gemeinden, werden neben der Wohnraumbeschaffung vor Problemlagen gestellt, die sowohl für die Menschen, die zu uns kommen als auch die Verwaltung immense Herausforderungen bedeuten.“ Die vom Landkreis seit dem vergangenen Jahr geschaffenen Unterbringungsplätze, teils als kurzfristige Unterkünfte, teils als langfristig angelegter Wohnraum, spiegelten das wider, was sich in der Region immer mehr verschärfe: die Notsituation am Wohnungsmarkt in den Städten und Gemeinden. „Für eine Integration benötigen Menschen eigentlich die dezentrale Unterbringung, die Anbindung an die Vereine, die Schulen und das gesellschaftliche Leben. Das geht aus einer größeren Unterkunft heraus um ein Vielfaches schwerer“, erklärt die Erste Kreisbeigeordnete.

Das hessische Verteilsystem steht in der Kritik, weil es Gebietskörperschaften wie dem Main-Kinzig-Kreis überproportional viele Geflüchtete zuweist. Städte wie Frankfurt und Offenbach beispielsweise bekommen von April bis Juni keine Flüchtlinge durch das Land Hessen zugeteilt­.

„Wir nehmen als Kreis und Kommunen die Aufgabe an, Menschen unterzubringen. Der sichtbare Beweis, dass wir pragmatisch, verlässlich und schnell vorgehen, sieht man mit jeder neuen Wohneinrichtung, die wir eröffnen“, sagte Landrat Thorsten Stolz. „Aber es muss mehr Verteilgerechtigkeit und Verteilehrlichkeit herrschen. Wir sind als kommunale Familie nicht die Bittsteller, wir sind die Macher. Wir brauchen Unterstützung. Und eine Kommunikation auf Augenhöhe ist das Mindeste, was wir erwarten können“, so Stolz in Anspielung auf Briefe des Kreises und der Kommunen an das Land Hessen von September beziehungsweise Oktober vergangenen Jahres, die immer noch nicht beantwortet wurden.

Stefan Erb, zugleich Sprecher der Bürgermeisterkreisversammlung, stößt ins gleiche Horn. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Rathäusern gehen seit Monaten an Limits, um immer wieder von Neuem Wohnraum zu akquirieren, Kontakte herzustellen und Integrationsmaßnahmen anzustoßen. Es gibt öffentliche, kontroverse Diskussionen um neue Unterkunfts-Standorte, und seien sie auch nur für kurze Zeit vonnöten. Auch das schultern die Rathäuser, moderieren, erklären, machen Bürgerversammlungen. Da ist es sicher nicht zu viel verlangt, wenn in Hessen wenigstens einheitliche, gerechte Verhältnisse herrschen“, forderte Erb. +++ pm