Gabriel kritisiert Schäubles Eurozonen-Pläne scharf

Gabriel wendet sich hingegen vehement gegen Denkverbote

Sigmar Gabriel (SPD)
Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat massive Kritik an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dessen Vorstellungen zur Stabilisierung der Eurozone geübt. In einem fünfseitigen Positionspapier stellt sich Gabriel hinter die Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, berichtet das ARD-„Hauptstadtstudio“. Darin heißt es: „Wenn dies das Abschiedsgeschenk des scheidenden Finanzministers wäre, dann könnte man darüber hinweg sehen. Vermutlich ist es aber eine Ankündigung für die kommende Legislaturperiode.“ Derzeit stehe es „im deutsch-französischen Verhältnis mit Blick auf die Zukunft der Europäischen Union zehn zu null für Frankreich“, so Gabriel.

Schäubles Ideen zeigten „in bedrückender Weise, wie wenig Bereitschaft im Bundesfinanzministerium“ bestehe, „im deutschen Interesse in die Idee der europäischen Einigung insgesamt zu investieren und das bestehende Legitimationsdefizit für europäisches Handeln zu beseitigen“. Stattdessen habe das BMF „unabgestimmt in der noch amtierenden Bundesregierung Vorschläge zur europäischen Entwicklung im ECOFIN vorgelegt, die als klare Absage an ein neues Europa“, wie es Macron vorschwebe, verstanden werden könnten. „Das sollte nicht unwidersprochen bleiben“, so Gabriel. Statt die französischen Vorschläge nun als „Chance für einen Neuanfang“ zu nutzen, klängen die „BMF-Vorschläge nach noch härterer Gangart mit den europäischen Mitgliedsstaaten mit Blick auf Strukturreformen“. Damit riskiere Deutschland „die weitere Erosion der Europäischen Union“ und den „Rückzug weiterer Staaten aus der europäischen Zusammenarbeit“, heißt es in Gabriels Papier. Bundesfinanzminister Schäuble hält eine Übertragung von Kompetenzen auf einen europäischen Finanzminister für nicht vereinbar mit der derzeitigen EU-Vertragslage und lehnt einen eigenen Haushalt der Eurozone nach Macrons Vorstellungen ab.

Gabriel wendet sich hingegen vehement gegen Denkverbote, um das kurze Zeitfenster bis zur Europawahl zu nutzen: „Reformen des Vertragswerks dürfen wir nicht von vornherein ausschließen. Die Europawahlen 2019 begrenzen zwar das unmittelbare Zeitfenster für fundamentale Reformen, die eine Änderung der Verträge einfordern würden. Gerade deshalb aber ist die Rede von Emmanuel Macron, der einen längeren Horizont in den Blick nimmt, so wichtig“, schreibt Gabriel. Die Stärkung des ESM und der Ausbau zu einem Europäischen Währungsfonds seien zwar „ein richtiger Ansatz“, schreibt Außenminister Gabriel. „Die Ablehnung eines europäischen Finanz-Instrumentariums“ – insbesondere eines Budgets – sei hingegen „falsch“. Vorschläge für ein Budget für die Eurozone und die Schaffung eines europäischen Finanzministers bedürften „mindestens einer Diskussion“. Sie dürften nicht von vornherein von der Tagesordnung fallen. Außerdem verschweige das Bundesfinanzministerium, dass man eine Lösung für die Altschuldenproblematik brauche, so Gabriel. Schäubles Vorschläge liefen Gefahr, als „typisch deutsch“ wahrgenommen und kritisiert zu werden. „Gerade dieser Weg aber hat in den letzten Jahren zur politischen Isolierung Deutschlands beigetragen und auch zur Unwilligkeit vieler anderer EU-Mitgliedsstaaten, Deutschland bei der Bewältigung in der Flüchtlingskrise zu helfen.“ +++