Gabriel äußert sich selbstkritisch zu seiner Zeit als SPD-Chef

SPD zu Selbstbewusstsein im Umgang mit Klimaschützern geraten

Sigmar Gabriel (SPD)
Sigmar Gabriel (SPD)

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat sich selbstkritisch zu seiner Zeit als SPD-Vorsitzender geäußert, aber auch mit seinen damaligen Stellvertretern abgerechnet. „Ich behaupte nicht, dass ich keine Fehler gemacht habe, und manche Debatte habe ich sicher viel zu hart geführt“, sagte Gabriel dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Er selbst habe aber stets mit offenem Visier und ohne die in Berlin verbreitete Heckenschützenmentalität gekämpft. „Ich habe immer gedacht, dass Klarheit wichtig ist und wollte nicht taktisch nachgeben, nur damit sich niemand vergrault fühlt. Aber das war sicher nicht immer gewinnend, um es mal zurückhaltend auszudrücken“, sagte der frühere Vorsitzende der SPD.

Kritik äußerte Gabriel an seinen damaligen Vizevorsitzenden. „Mein Eindruck war: Ich hatte gar keine echten Stellvertreter“, sagte Gabriel wörtlich. „Einer fühlte sich mehr als Vertreter des linken Parteiflügels, der nächste saß dort als Statthalter seines großen Landesverbandes, der dritte verfolgte seine eigenen Kanzlerambitionen und so weiter.“ Er selbst sei in seinen letzten Jahren als Vorsitzender immer häufiger mit Magendrücken zu den Gremiensitzung gefahren, klagte Gabriel. Einzig Andrea Nahles sei es zuerst um die SPD gegangen, weshalb ihr Rücktritt ein „großer Verlust“ für die Partei sei. „Obwohl ich nicht mit ihr befreundet bin, fand ich es bitter, mit ansehen zu müssen, wie ein Engagement dieser Größe so enden konnte“, sagte Gabriel. Seinen früheren Stellvertreter Olaf Scholz attestierte Gabriel gute Aussichten bei dessen Bewerbung um den Parteivorsitz. „Olaf Scholz ist der prominenteste der Bewerber. Deshalb hat er auch gute Chancen“, sagte Gabriel. Er selbst favorisiere allerdings das Duo Boris Pistorius und Petra Köpping. „Beide haben feste Wurzeln in der Kommunalpolitik, sind nah am Alltag der Menschen und deshalb gut geerdet. Das braucht die SPD jetzt und es wäre ein echter Neubeginn“, sagte Gabriel.

Zu Selbstbewusstsein im Umgang mit Klimaschützern geraten

Gabriel rät seiner Partei zu mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit Klimaschutzaktivisten. „Fridays für Future und Greta Thunberg haben eine wunderbare Bewegung in Gang gesetzt. Aber eine solche Bewegung kann nicht Politik ersetzen, und vor allem ist so eine Bewegung nicht verantwortlich für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Das sind wir“, sagte Gabriel dem „RND“ weiter. „Wir müssen den Mut haben, dafür zu sorgen, dass für notwendigen Wandel genug Zeit da ist. Sonst verlieren wir die Menschen“, appellierte Gabriel an seine Partei. Die Erfolge der AfD in den Braunkohlerevieren der Lausitz zeigten, dass die SPD an dieser Stelle Nachholbedarf habe. „Fridays for Future ist zumindest mehrheitlich eine Bewegung von Gymnasiasten. Viele Berufsschüler, Haupt- und Realschüler treiben auch andere Fragen um“, sagte Gabriel weiter. Es sei zwar unpopulär, für Konsens und Kompromisse zu we rben, aber genau das sei die Aufgabe der Politik, wenn man ein Land zusammen halten wolle. „Radikale Lösungen klingen super, aber sie neigen dazu, andere auszugrenzen“, sagte Gabriel. „Das Motto, wo gehobelt wird, fallen Späne, darf es in der Demokratie nicht geben. Einfach, weil es bei uns keine überflüssigen Menschen gibt.“ +++