Fulda. Vor 50 Jahren – kurz nachdem Willy Brandt Parteivorsitzender der SPD wurde und unmittelbar vor dem von Nikita Chruschtschow (UdSSR) und Walter Ulbricht (DDR) unterschriebenen „Pakt über Freundschaft, Beistand und Zusammenarbeit“, noch bevor in der Bundesrepublik der Reservistenverband mit parlamentarischem Auftrag ins Leben gerufen wurde – gründeten auch unter dem Eindruck der nahen innerdeutschen Grenze ehemalige Fuldaer Bundeswehrsoldaten die Reservistenkameradschaft Fulda. Damit zeigten Sie Flagge, Verbundenheit mit ihrem Land und seinen Streitkräften und ihre unter dem Eindruck der innerdeutschen Grenze besonders ausgeprägte Bereitschaft zur Verteidigung der Freiheit und der jungen Bundesrepublik. Noch im selben Jahr wurde China zur Atommacht, der US-amerikanische Präsident erhielt die Vollmacht zum Eintritt der USA in den Vietnamkrieg und Lee Harvey Oswald wurde als Kennedy-Attentäter verurteilt.
Die Zeiten haben sich gewandelt – nach dem Ende des Kalten Krieges war die unmittelbare Gefahr eines Atomkrieges zunächst gebannt und viele erwarteten den Eintritt in eine weitaus friedlichere Ära. Schon der Jugoslawienkrieg mitten in Europa deutete jedoch die Notwendigkeit für Europa an, sich mehr um seine eigene Sicherheit bemühen zu müssen – erst die Luftangriffe der USA stoppten die serbischen Aggressionen und Gräueltaten an der Zivilbevölkerung – Europas diplomatische Bemühungen und die Blauhelmsoldaten vor Ort hatten bis dahin gegenüber der massiven Gewalt der serbischen Truppen keine Chance zur Erfüllung Ihres Auftrages, die Zivilbevölkerung zu schützen.
Inzwischen ist die Wehrpflicht ausgesetzt und die Bundeswehr, aber auch die aktive Reserve, haben Erfahrungen in bewaffneten Einsätzen gesammelt, die sie nicht nur in Struktur und Ausrüstung für immer verändert haben. Seit ihrer Gründung erfüllt die Reservistenkameradschaft Fulda ihren Auftrag mit hohem Anspruch an sich selbst. Die Inhalte ihrer Ausbildungen und Wettkämpfe, ihrer sicherheitspolitischen Bildungsmaßnahmen, ihre Ausrüstung und letztlich auch ihr Bild in der Öffentlichkeit haben sich in den Jahren gewandelt. Doch es gibt auch eine Vielzahl an Konstanten: von der überregional bekannten hohen Qualität und Intensität ihrer Ausbildungen und Veranstaltungen, der gelebten Kameradschaft unter Soldaten und der Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften in Hessen über vielseitige Ausbildungs- und Förderungsmöglichkeiten bis hin zu repräsentativen Aufgaben in Vertretung der Bundeswehr, zum Beispiel bei Veranstaltungen im Gedenken an den Widerstand gegen das NS-Regime oder beim Volkstrauertag. Jede/r interessierte Bürger/in, ob Soldat oder nicht, fand und findet in der Reservistenkameradschaft Fulda die individuell passenden Herausforderungen und Aufgaben im Dienst unserer Sicherheit.
Der Festakt zum Jubiläum war folgerichtig nicht vom nostalgischen Rückblick geprägt, sondern stand im Zeichen aktueller Ereignisse. Das verdeckte, aber massive militärische Vorgehen Russlands gegen die Ukraine mit Drohungen an Adressen in ganz Europa, die unglaublich verrohten Terroristen des Islamischen Staates (IS), die inzwischen in mehreren Ländern die Oberhand zu gewinnen schienen und deren Armeen bisher trotzen konnten, fordern der NATO und der übrigen freien Welt ein hohes Maß an Wachsamkeit und Bereitschaft ab, ihre Positionen nicht nur rhetorisch zu vertreten, sondern auch durch das eigene Verhalten und durch die Beteiligung an den sicherheitspolitisch notwendigen Einsätzen glaubwürdig zu untermauern.
Durch das Aussetzen der Wehrpflicht ist der Kontakt zwischen Bundeswehr und Bevölkerung seltener geworden - die hohe Glaubwürdigkeit unserer Fuldaer Reservisten als Arbeitskollegen, Freunde und Nachbarn ist deshalb ein unschätzbarer Wert, damit die Belange unserer Bundeswehr und unserer Soldaten abseits der skandal- und sensationsorientierten Presseberichterstattung in der öffentlichen Meinung den Stellenwert erhalten, den sie verdienen. Alle Festredner vom MdB Brand über Oberbürgermeister Möller und den Vorsitzenden der Landsgruppe Hessen im Reservistenverband, Oberst d.R. Stein, bezogen sich darauf und stellten dabei die Wichtigkeit der Vermittlung militärischer Notwendigkeiten und Zusammenhänge in der zivilen Gesellschaft heraus. Dabei stand auch die von Frau Dr. A. Seiffert vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr aufgeworfene Frage im Raum, wie unsere Gesellschaft an den Arbeitsplätzen, aber auch im privaten Leben mit im Einsatz verletzten und traumatisierten Soldaten umgeht. Genügt der Verweis auf die Freiwilligkeit ihrer Berufswahl als Entschuldigung für mangelnde Versorgung nach dem Motto „Selbst schuld!“ oder kann die persönliche Ablehnung des ISAF-Einsatzes in Afghanistan Grund für Anfeindungen gegen Soldaten und deren Familien – selbst auf Trauerfeiern – sein?
Unsere Bundeswehr benötigt die Qualifikationen unserer Reservisten vielfältiger denn je - ob im Einsatz in Afghanistan oder aktuell bei der Beteiligung an der deutschen Ebola-Task-Force; „Reserve hat Ruh`“ – war schon 1964 falsch, aber selten unrealistischer als heute. 50 Jahre RK Fulda - Grund zum Feiern. Motivation für die Zukunft – für Heimat, Sicherheit und Zusammenhalt! +++ fuldainfo | sm
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