Fratzscher-Kommission kritisiert Investitionspolitik der Regierung

Kommission war in der vergangenen Woche zusammengekommen

Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. Mitglieder der von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzten Fratzscher-Kommission üben deutliche Kritik an der Investitionspolitik der Bundesregierung. „Die Probleme wurden zwar erkannt und erste Schritte gemacht. Aber die größten Aufgaben liegen weiterhin vor uns“, sagte ein Kommissionsmitglied der „Welt“. Ein anderes ergänzte: „Die Bundesregierung hat die Empfehlungen der Kommission aufgegriffen. Aber was umgesetzt wurde, reicht bei Weitem nicht aus.“

Die Fratzscher-Kommission war in der vergangenen Woche zusammengekommen, um zu bewerten, inwieweit die Bundesregierung ihre vor rund einem Jahr vorgelegten Handlungsempfehlungen aufgegriffen hat und Erfolge bei der Investitionspolitik vorweisen kann. Vom Verkehrssektor abgesehen, gebe es in allen Bereichen noch eindeutige Defizite, so das Fazit mehrerer Experten. Eine offizielle Erklärung gab die Kommission nach ihrem Treffen im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin nicht ab. Die Kommission plane für Oktober eine Stellungnahme, die auch „eine Einschätzung der Politik der gegenwärtigen Bundesregierung als auch neue Empfehlungen enthalten wird“, hieß es. Die 2014 einberufene Kommission ist nach Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), benannt. In der aktuellen Zwischenbilanz loben Kommissionsmitglieder zwar den angeschobenen Aus- und Neubau von Straßen und Schienenwegen, schreibt die „Welt“. „Unverändert großer Handlungsbedarf besteht dagegen beim Ausbau der Breitbandnetze“, kritisierten mehrere Mitglieder der Kommission.

„Es gibt Pläne und Ideen, aber weder Klarheit über eine Strategie noch darüber, wie viel Geld für neue Glasfasernetze zur Verfügung stehen soll.“ Die flächendeckende Versorgung des Landes mit digitalen Gigabit-Netzen müsse Priorität bei den Investitionen haben, fordern die Experten. „Wir brauchen nicht über Digitalisierung und Industrie 4.0 reden, wenn nichts passiert, um die dafür nötigen Netze aufzubauen“, sagte ein Kommissionsmitglied. „Datenautobahnen werden schon bald wichtiger sein als Betonautobahnen.“ Ein anderer Teilnehmer der Fratzscher-Kommission sagte: „Was den Ausbau mit schnellem Internet angeht, sind wir allenfalls im Mittelfeld. Wenn wir nicht schnell reagieren, fallen wir deutlich zurück.“ In einem Brief an die SPD-Fraktion des Bundestages räumte Parteichef und Wirtschaftsminister Gabriel vor einigen Tagen Defizite ein. In dem Schreiben heißt es laut „Welt“, dass zwar „zahlreiche Vorschläge der Fratzscher-Kommission für mehr Investitionen aufgegriffen und umgesetzt“ worden seien. „An anderen Stellen hätte ich mir aber noch mehr gewünscht“, so Gabriel. „Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele der Vorschläge sehr ehrgeizig waren und ihre Umsetzung – auch angesichts komplexer föderaler Strukturen – einen langen Atem brauchen.“ +++