Flüchtlingskrise: Mehr Geld für Flüchtlinge gefordert

München. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordert eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen, damit sie in der Flüchtlingskrise ihren Aufgaben gerecht werden können. Das Geld des Bundes müsse schneller und unkomplizierter dorthin fließen, wo die Kommunen es dringend bräuchten, sagte Reiter der „Welt“. „Wichtig ist vor allem, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, schnell neue Quartiere für Flüchtlinge zu schaffen“, forderte der SPD-Politiker. Es müsse „unbedingt klar sein, dass wir die Flüchtlingskrise als nationale Aufgabe verstehen“.

Reiter warf zugleich der Bundesregierung vor, in der Flüchtlingskrise nicht rechtzeitig gehandelt zu haben: „Die Bundesregierung hat die Lage zu spät erkannt.“ Konkret warf der Münchner Rathauschef Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie habe sich tatsächlich erst vor wenigen Tagen zu den Flüchtlingen ausführlich geäußert. Das sei mehr als überfällig gewesen. „Ich denke, Frau Merkel kennt die weltpolitische Entwicklung besser als andere. Sie konnte doch nicht ernsthaft erwarten, dass sich die Flüchtlingskrise wie ein Schnupfen von allein wieder legt“, kritisierte Reiter. Der Rathauschef äußerte die Erwartung an die Bundesregierung, „das deutsche Gewicht in Europa in die Waagschale zu werfen und Druck auszuüben“. Alle europäischen Staaten hätten die Pflicht zur Solidarität. „Ich bin enttäuscht über die Entwicklung Europas“, erklärte Reiter. „Offenbar halten einzelne Mitgliedstaaten Europa ausschließlich für eine Wirtschafts- und Währungsunion und nehmen die damit verbundenen Vorteile gern in Anspruch.“ Stattdessen würden sich mehrere Staaten einfach wegducken. „Vom Zusammenwachsen Europas zu einer Nation ist schon lange nicht mehr die Rede. So habe ich mir Europa nicht vorgestellt.“

Ex-Verfassungsrichter di Fabio fordert Reformen

Der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio fordert angesichts der Flüchtlingskrise Reformen im europäischen Regierungssystem. In der Wirklichkeit komplexer Wanderungsbewegungen und im europäischen System von Schengen und Dublin komme es „beinah zu einem rechtlichen Steuerungsausfall“, sagte di Fabio der „Welt“. In Europa haben man ehrgeizig einen einheitlichen Rechtsraum verfasst, sagte er weiter und kritisierte: „Wenn es wirklich hart auf hart kommt, wenn es um Geld, wenn es um Bevölkerungszusammensetzung, um territoriale oder moralische Integrität geht, dann guckt man nicht zuerst auf Herrn Juncker, sondern auf den jeweiligen Regierungschef. Diese Spannung im europäischen Regierungssystem verlangt nach neuen Lösungen.“ Zugleich bemängelte di Fabio ein Erstarken von Populismen in Europa, „von links und rechts“. Di Fabio, der von 1999 bis 2011 Richter am Bundesverfassungsgericht war, bemängelte, dass es im deutschen Parteiensystem kein „seriöses Ventil“ gebe, „das nicht rasch ins populistisch radikale Gedankengut abdreht“. Di Fabio sagte weiter: „Die Spaltung der AfD und ihr vermutlicher Bedeutungsverlust weisen in diese Richtung.“ Manchen Menschen fehle eine demokratische Repräsentanz ihrer Auffassungen, „das schafft denjenigen Raum, die mit extremistischen Parolen um Zustimmung buhlen“. Auch habe die demokratische Leistung „des viel geschmähten Franz Josef Strauß“ darin bestanden, auch politisch nach rechts zu integrieren und damit Bürger in den demokratischen Konsens wieder zurückführen. +++ fuldainfo

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