Kurz vor entscheidenden Verhandlungen über den Haushalt 2024 warnen die Ampel-Gegner in der FDP Parteichef Christian Lindner davor, in der Schuldenbremsen-Debatte nachzugeben. "Das Einhalten der Schuldenbremse für den Haushalt 2024 ist nicht verhandelbar, hierbei als FDP umzufallen, wäre unverzeihlich", sagte der Initiator der Mitgliederbefragung in der FPD, Matthias Nölke, dem "Stern".
Nölke forderte Parteichef Lindner auf, notfalls die Koalition zu verlassen: "Sollten die weltfremden Beschlüsse des SPD-Parteitags zu einem Bruch dieser unsäglichen Ampel-Koalition führen, weil die FDP nicht einknickt, so würde dies von unseren Wählern sicherlich honoriert werden." Hintergrund von Nölkes Intervention sind Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Der Kanzler hatte bei seinem Auftritt am Samstag jeglichen Kürzungen beim Sozialstaat eine Absage erteilt. Zugleich hatten führende Sozialdemokraten für 2024 die erneute Aussetzung d er Schuldenbremse gefordert. Damit spitzt sich der Haushaltsstreit in der Bundesregierung auf die Frage zu, ob die FDP bereit ist, im Bundestag eine haushaltspolitische Notlage zu erklären. Lindner hatte bislang eine Ausnahme von der Schuldenbremse abgelehnt, diese aber nicht völlig ausgeschlossen. Die Sozialdemokraten drängen unter Verweis auf die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine darauf, die Ausnahmeregel zu ziehen. Am Sonntag treffen sich Scholz, Lindner und Grünen-Vizekanzler Robert Habeck zur nächsten Verhandlungsrunde im Kanzleramt. In der SPD-Spitze wird nach Informationen des "Stern" erwartet, dass die Gespräche in der kommenden Woche abgeschlossen und von einem Koalitionsausschuss final beraten werden.
Fratzscher sieht in Haushaltsstreit FDP am Zug
Nach dem Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem SPD-Parteitag wächst der Druck auf die FDP, in den laufenden Gesprächen über den Haushalt 2024 Abstriche bei eigenen Positionen zu machen. "Die FDP ist nun am Zug und muss eine ihrer beiden roten Linien aufgeben", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, dem "Handelsblatt". "Denn die Einhaltung der Schuldenbremse bei gleichzeitiger Weigerung, Besserverdiener und Hochvermögende stärker zu belasten und Steuerprivilegien abzubauen, ist unvereinbar." Fratzscher hält eine nochmalige Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 für möglich und auch gerechtfertigt, "denn Deutschland befindet sich in einer schwierigen Situation, in der es mutig und entschieden handeln muss". Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sieht alle drei Koalitionspartner in der Pflicht, sich zu bewegen: "Denkbar sind eine zeitliche Streckung der geplanten Ausgaben, aber eben auch e ine Ausgabenkürzung, die nicht nur die Ärmsten der Gesellschaft trifft, sondern auch die Mitte der Gesellschaft", sagte Schnitzer dem "Handelsblatt". Die Ökonomin schlägt etwa die Abkehr vom Festhalten an der Haltelinie bei der Rente, eine Reform der Rente mit 63 oder die Abschaffung des Steuervorteils beim Diesel vor. Nach Einschätzung des Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, wird die Bundesregierung um Sozialkürzungen nicht herumkommen, wenn sie investive Ausgaben priorisieren und die Unternehmen angesichts schwacher Konjunktur nicht belasten wolle, wie er dem "Handelsblatt" sagte. Möglich wäre etwa eine Kürzung der Zuschüsse zur Rentenkasse. "Wenn man ohnehin geplante Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen vorziehen will, könnte man den CO2-Preis schneller erhöhen und die Dieselsteuer anheben", sagte Fuest weiter. "Das würde allerdings auch viele Unternehmen belasten." Ein Stück weit ausgleichen könne man dies, indem man die Kfz-Steuer für Dieselfahrzeuge senke. +++









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