FDP bezweifelt Wirksamkeit der Musterfeststellungsklage gegen VW

Deutsch, Bundestag

Die FDP hat an der am Donnerstag inkrafttretenden Musterfeststellungsklage deutliche Zweifel angemeldet. Die Große Koalition habe eine „bessere Rechtsdurchsetzung für Verbraucher und ein effektives Verfahren“ für Kläger und Gerichte versprochen, sagte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Katharina Willkomm, dem „Handelsblatt“. Zuletzt habe Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) das neue Klageinstrument gar als „wirkungsvolles Rechtsmittel bei geringen Schadensfällen“ beworben.

Doch: „Nichts davon trifft zu“, so Willkomm. „Die betroffenen Verbraucher, als erstes die geschädigten Diesel-Fahrer, werden feststellen, dass sich keines dieser Versprechen realisieren wird – allerdings erst in einigen Monaten.“ Willkomm gab zu bedenken, dass sich das deutschlandweit erste Musterklageverfahren, welches der Verbrauchzentrale Bundesverband (VZBV) im Dieselskandal gegen Volkswagen führen wird, in die Länge ziehen werde. Am Ende stehe dann kein Schadenersatz für die betroffenen Dieselbesitzer, „sondern bestenfalls die gerichtliche Bestätigung, dass ein Schaden vorliegt“. Mit der Folge, dass wer Schadenersatz haben wolle, nach dem Ende des Musterverfahrens nochmal ganz individuell klagen müsse. „Das Unternehmen aufgrund eines Feststellungsurteils einlenken und sich ohne Zwang auf einen Vergleich einlassen, belegt das romantische Weltbild der Sozialdemokratie“, kritisierte die FDP-Politikerin. Willkomm forderte die Bundesregierung vor diesem Hintergrund auf, sich für ein „starkes ordnungspolitisches Rechtsinstrument“ auf EU-Ebene einzusetzen. „Im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens für die EU-Verbraucherverbandsklage muss sie das liefern, was sie mit der Musterfeststellungsklage eigentlich schon vor der Sommerpause einlösen wollte“, sagte die FDP-Politikerin.

Diesel-Musterprozess: Hofreiter sieht Verbraucher als „Betrogene“

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat vor dem bundesweit ersten Musterprozess im Diesel-Skandal die Bundesregierung dazu aufgefordert, endlich die Verbraucher und nicht länger den Profit der Konzerne zu schützen. „Es kann kein Dauerzustand sein, dass Gerichte die Scherben des politischen Versagens aufsammeln müssen“, sagte Hofreiter der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Am Donnerstag wollen die Verbraucherzentralen gegen VW vor Gericht ziehen und Zehntausenden Dieselfahrern zu Schadenersatz verhelfen. Die Musterfeststellungsklage, die auf Betreiben der Großen Koalition zum 1. November in Kraft tritt und auf die sich die Verbraucher berufen, stellt laut Hofreiter „keinen funktionierenden kollektiven Rechtsschutz dar“. Verbraucher müssten auf aufwendigen Umwegen mit komplizierten Verfahren für Gerechtigkeit kämpfen. „Wenn sich kein Verband findet, der die Interessen der Betroffenen vertritt, bleiben sie wie bisher auf sich gestellt“, kritisierte der Vors itzende der Grünen-Bundestagsfraktion. Selbst wenn die Klage erfolgreich sei, bekämen die Betrogenen nicht automatisch die ihnen zustehende Entschädigung. „Sie müssen das Geld in einem weiteren Schritt einfordern, eventuell sogar mit einer individuellen Klage“, so Hofreiter. Die Musterfeststellungsklage kann nach seinen Worten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung „im Dieselskandal bisher versagt hat“. Sie lasse zu, dass Konzerne Umwelt-und Verbraucherrechte „immer weiter mit Füßen treten“. +++