SuedLink: Fachkonferenz Bodenschutz an HGÜ-Erdkabeltrassen

TenneT wird nun festlegen, in welchem Raum nach neuen Trassen gesucht wird

Die Veranstaltung endete mit einer offenen Podiumsdiskussion

Künzell. Seit der Verabschiedung des NABEG mit dem gesetzlich verankerten Erdkabelvorrang ist die öffentliche Debatte um den „SuedLink“ ruhiger geworden. „Hinter den Kulissen“ ist in diesem Jahr jedoch mit unverminderter Intensität weitergearbeitet worden. Die Landkreise der Hamelner Erklärung freuen sich über den großen Erfolg der Arbeit. „Wir haben den Erdkabelvorrang durchgesetzt und inzwischen eine gesetzliche Grundlage, die fast keine Ausnahmen zulässt“, betont der Sprecher des Bündnisses, Landrat Tjark Bartels (Hameln-Pyrmont). Die neuen gesetzlichen Grundlagen haben dazu geführt, dass die Bundesnetzagentur ihre Anforderungen an die Übertragungsnetzbetreiber in ihrem Positionspapier Methodik komplett neu formulieren musste. Diesen Prozess hat das Bündnis genauso intensiv verfolgt wie den Gesprächsfaden mit dem Netzbetreiber TenneT, dem man eine intensive Beteiligung und Einbeziehung in die Methodik abgerungen hat, nachdem diese Einbeziehung im ersten -inzwischen verworfenen- Verfahren viel zu spät stattgefunden hat. „Wir sind in einem guten und fairen Dialog sowohl mit der Bundesnetzagentur als auch mit TenneT“, führt auch Landrat Thomas Bold (Bad Kissingen) aus, der zum Vorstand der Landkreisvereinigung gehört.

Vor der VeranstaltungNun wird die Arbeit wieder öffentlicher: Nach einer intensiven internen Beratung des Bündnisses am Vortag und am Vormittag fand heute die erste von zwei für dieses Jahr geplanten öffentlichen Fachkonferenzen statt. Veranstaltungsort war Künzell bei Fulda. Der Landkreis Fulda ist ebenfalls eines der Gründungmitglieder des Bündnisses. „TenneT wird nun festlegen, in welchem Raum nach neuen Trassen gesucht wird. Im Frühjahr erwarten wir dann bereits den neuen Antrag mit konkreten Vorschlägen“, so Siegfried de Witt, der als Rechtsanwalt das Bündnis berät. „Die Ruhe trügt – es ist viel zu tun und schon bald werden wir neue Betroffenheiten durch die Planungen haben. Wir stehen als Landkreise allerdings geschlossen hinter unserem Wort, die Planungen konstruktiv zu begleiten und werden bei nachvollziehbarem Auswahlprozess einem Erdkabel nicht im Wege stehen“ sagt Tjark Bartels.

TenneT arbeitet derzeit mit Hochdruck an den neuen Planungen des durch die Energiewende notwendigen Ausbaus der Stromleitungen. Voraussichtlich im September werden erste räumliche Ergebnisse in Form von Untersuchungsräumen vorliegen, bevor dann im Frühjahr 2016 der Antrag nach § 6 NABEG gestellt werden wird. Die Bundesregierung hat im Bundesbedarfsplan 2012 festgelegt, den im Norden produzierten Windstrom vor allem über vier Höchstspannungs-Gleichstrom-Trassen in die Verbrauchszentren in den Süden Deutschlands zu transportieren. Um die daraus resultierenden Planungen für den sogenannten SuedLink eng zu begleiten und gemeinsam die Interessen der potentiell von der Streckenführung betroffenen Landkreise zu vertreten, hat sich im Dezember 2014 das Bündnis der „Hamelner Erklärung“ gebildet.

Im SaalNahezu zeitgleich reichte TenneT im Dezember 2014 den ersten Planungsantrag bei der Bundesnetzagentur ein. Auf diesen Antrag hat das Bündnis in kürzester Zeit mit einer fachlichen Stellungnahme geantwortet. Die Bundesnetzagentur hat im Wesentlichen aus den vom Bündnis genannten Gründen von TenneT eine völlige Überarbeitung des Antrags erlangt. Das Bündnis hat weiterhin dafür gekämpft, dass die Gleichstromleitungen als Erdkabel ausgeführt werden. Die Voraussetzungen dafür hat der Bundesgesetzgeber im Dezember 2015 geschaffen. Die Leitungen sollen „möglichst gradlinig“ zwischen den im Gesetz festgelegten Anfangs- und Endpunkten verlaufen. Daraus ergibt sich ein völlig neuer Suchraum für die Durch den neuen Untersuchungsraum, werden sich unter Umständen auch andere Betroffenheiten ergeben. Das Bündnis der „Hamelner Erklärung“ lädt daher potentiell vom Ausbau betroffene Landkreise ein, sich die bereits gemachten Erfahrungen zu Nutze zu machen und dem Bündnis beizutreten. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Interessen der von den Landkreisen repräsentierten Bürger/-innen in die Planung nur dann effektiv eingebracht werden können, wenn bereits frühzeitig Einfluss genommen wird. Um die gemachte Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse möglichst breit zu streuen, veranstaltet das Bündnis der „Hamelner Erklärung“ gemeinsam mit ihren Beratern, der DE WITT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Siegfried de Witt und Dr. Peter Durinke sowie OECOS GmbH mit apl. Prof. Dr. Karsten Runge in der kommenden Zeit eine Reihe von Fachveranstaltungen.

Der Auftakt dieser Vortragsreihe fand am Dienstag zu dem Thema „Bodenschutz an HGÜ- Erdkabeltrassen“ in Künzell bei Fulda statt. Hierzu waren neben den potentiell von dem Ausbau betroffenen Landkreisen auch Bauern- und Landschaftsverbände sowie Bürgerinitiativen eingeladen, sich über das Thema zu informieren. In kurzen, aber prägnanten Vorträgen diskutierten Spezialisten unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung mit einem vorwiegend fachlich motiviertem Publikum. Mit ca. 100 Gästen war die Veranstaltung trotz ihres fachlichen Zuschnitts überraschend gut besucht. Die Veranstaltung wurde vom Sprecher der Landkreise des Hamelner Bündnisses, Landrat Tjark Bartels moderiert. Rechtsanwalt Dr. Peter Durinke gab einen fachlichen Überblick über die Planugnsmaßstäbe aus rechtlicher Sicht nach dem neuen NABEG und weiteren Umweltgesetzen. Er führte zu den Auswirkungen des neue NABEG aus, dass viele Aspekte in der Planung neu sein. So sei die Verankerung der Gradlinigkeit im Gesetz ein Novum – mit dem Vorteil eines engeren Planungsraumes ginge aber auch das Gebot einher, in besonderer Weise darauf zu achten, dass die Gradlinigkeit nicht andere wichtige Planungsziele dominiere.

Ebenfalls auf großes Interesse stieß der Praxisbericht von Herrn Dipl.-Ing. Sascha Eigelt, der als Projektleiter der Firma Vorwerk KG detaillierten Einblick in die Realisierung von erdverlegten Gasleitungen gab. Auch er gab zahlreiche Anhaltspunkte, wie mit passender Planung und gutem fachlichem Vorgehen das Schutzgut Boden sowohl im der Bauphase geschont werden und in der späteren Rekultivierungsphase wieder die gleiche Qualität wie vor dem Eingriff erreicht werden kann. Neben diesen „best pratice“ Beispielen zeigte er aber auch Beispiele und Ergebnisse schlechter Planung -und Hinweise zur Vermeidung. Dr. Karl Severin von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vertrat die Nutzer der Flächen – vor allem Landwirte. Bei grundsätzlichem Verständnis für die Notwendigkeit der Trassierung führte er an, dass das komplizierte Ökosystem Boden hohe Aufmerksamkeit verdiene und die in der Bau- und Rekultivierungsphase entstehenden Verluste adäquat entschädigt werden müssten.

Mit Prof. Dr. Ingo Sass vom Geothermischen Institut der TU Darmstadt war auch ein Geothermiker anwesend, der ein differenziertes Bild über die verschiedenen Bodentypen und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit darlegte. Zwar sei nach seiner bisherigen Forschung nicht mit einer Erwärmung der Erdkrume zu rechnen, die thermische Leitfähigkeit des Bodens sei aber für den Wirkungsgrad des Erdkabels von hohem Belang und müsse daher Berücksichtigung finden. Die Erwartungen an den Übertragungsnetzbetreiber in Bezug auf die Methodik und Anwendung des Positionspapiers wurden durch Dr. Sven Serong von der Bundesnetzagentur dargestellt. Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT konnte mit dem Gesamtprojektleiter Dr. Christoph Thiel erste Antworten auf das weitere Planverfahren geben und verwies darauf, dass TenneT zunächst bis zum Herbst den Untersuchungsraum mit einer völlig neuen Methodik festlegt, um daraus einen neuen Antrag nach § 6 NABEG zu entwickeln. Dieser Antrag würde dann auch neue Vorschläge für Trassen enthalten und sei im Frühjahr 2017 zu erwarten. Apl. Prof. Dr. Karsten Runge gab einen prägnanten Überblick über die Maßnahmen, die in den jeweiligen Phasen zum Schutz des Bodens ergriffen werden müssen. Die Veranstaltung endete mit einer offenen Podiumsdiskussion.

Neben dem Informationsaustausch wird es in der kommenden Zeit für das Bündnis in erster Linie darum gehen, den Planungsprozess eng zu begleiten und herauszustellen, welche methodischen Anforderungen das Bündnis an die Planungen der Ausbautrassen stellt. Ebenso werden Veranstaltungen in den Landkreisen im Mittelpunkt stehen, die Vernetzung und Gespräche mit Fach- und Interessensvertretungen sowie zunächst eine weitere Fachkonferenz, die den Schwerpunkt „Entschädigungsrecht“ haben wird. Auch sind sowohl über das Thema Bodenschutz als auch zum Thema Entschädigungen weitere Informationsdrucke geplant, die die bisherige Reihe ergänzen werden. +++ fuldainfo | pm