Faeser macht den Ländern wegen Abschiebungen Druck

FDP will abgelehnten Asylbewerbern alle Sozialleistungen streichen

Nancy Faeser (SPD)

Im Streit um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber, der nach dem Terroranschlag von Solingen neu entbrannt ist, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Länder in die Pflicht genommen. „Gesetzlich haben wir bereits umfassende neue Grundlagen für mehr Rückführungen geschaffen, damit sich Ausreisepflichtige der Abschiebung nicht mehr entziehen können“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Entscheidend für den Erfolg ist vor allem, dass die neuen Befugnisse und Regelungen auch vor Ort in den Ländern umgesetzt werden.“

Die Länder hätten hierfür jede Unterstützung des Bundes. Mit der Gesetzesverschärfung sei vor allem die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern aus dem islamistischen Spektrum stark forciert worden. „Die Behörden haben jetzt viel mehr Instrumente, um zu verhindern, dass Ausreisepflichtige vor der Abschiebung untertauchen“, betonte Faeser. „Die Abschiebezahlen sind im Vergleich zum Vorjahr bereits um rund 20 Prozent gestiegen.“ Zugleich zeigte sich Faeser optimistisch, dass eine Verschärfung des Waffenrechts gelingt. „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung als Bundesregierung, alles für den bestmöglichen Schutz unserer Bevölkerung zu tun“, sagte die Innenministerin. „Ich bin froh, dass wir bei meinen Vorschlägen für eine Verschärfung des Waffenrechts in der Koalition inzwischen auf einem guten und konstruktiven Weg sind.“

Wüst fordert Verstärkung von Grenzkontrollen

Nach dem Solingen-Anschlag fordert Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mehr Grenzkontrollen, um das irreguläre Eindringen von Migranten einzudämmen. „Wie erfolgreich Grenzkontrollen sein können, haben wir in den letzten Monaten bei Fahndungserfolgen sehen können. Sie müssen fortgesetzt und verstärkt werden“, sagte Wüst dem „Stern“. „Wir haben die Aufgabe, unsere Bevölkerung zu schützen. Dabei können wir die Herkunft solcher Täter wie in Solingen nicht ignorieren. Man kann die Freizügigkeit in Europa gewährleisten und trotzdem die Grenzen besser schützen.“ Wüst stellte zudem Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber in Frage. „Ich bin schon lange dafür, dass wir unseren Katalog von Sozialleistungen überprüfen und an die Regeln anderer EU-Länder anpassen“, sagte der CDU-Politiker. „Wer auszureisen hat, sollte unmittelbar nach einem rechtskräftigen Bescheid unser Land auch verlassen. Die Phase zwischen dem Beschluss und der tatsächlichen Ausreise muss kürzer werden und wir sollten genau schauen, warum das oft so lange dauert. Es gibt eine Menge Menschen, die das Land verlassen müssen. Und wir sollten alles dafür tun, dass das auch passiert.“

Lindholz: Kontrolle illegaler Migration nur mit Zurückweisungen

Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) hält mit Blick auf die Terrortat in Solingen eine Kontrolle illegaler Migration ohne Zurückweisungen an den Grenzen für nicht mehr realisierbar. Anders würde man der ungesteuerten Migration nicht mehr Herr. „Wer wie die meisten Syrer und Afghanen über sichere Drittstaaten und EU-Länder zu uns kommt, ist nicht mehr bedroht. Diese Personen sollten bereits an unseren Binnengrenzen zurückgewiesen werden. Wir müssen uns endlich trauen, solche Maßnahmen durchzusetzen, denn die Sicherheitslage in Deutschland ist angespannt, und wir sind an der Grenze unserer Kapazitäten“, sagte Lindholz den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Das EU-Asylrecht stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit. Der Täter von Solingen war bereits in Bulgarien registriert und sollte dorthin abgeschoben werden. Lindholz setzt darauf, dass bei Zurückweisungen an deutschen Grenzen andere Länder dem Beispiel folgen. „Ich setze auf einen Kaskadeneffekt. Und deshalb sollten wir umfassende Zurückweisungen auch nur in Rücksprache mit unseren europäischen Nachbarn machen. Aber so schnell wie möglich.“ Lindholz sprach sich nachdrücklich dafür aus, der Polizei anlasslose Personenkontrollen zu erlauben. „Wichtig wäre, dass die Polizei künftig generell anlasslose Kontrollen durchführen kann, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und auch potenzielle Täter abzuschrecken. CSU-Chef Markus Söder hat indes gefordert, dass auch in Fußgängerzonen solche Kontrollen ermöglicht werden sollten. Das halte ich für richtig. Die Beamten werden mit diesem Instrument gewissenhaft umgehen.“ Darüber hinaus müsse man den Einsatz von Videoüberwachung und Gesichtserkennung bei bestimmten Veranstaltungen und an kriminalitätsbelasteten Orten ermöglichen. „Der Datenschutz wird immer noch viel zu häufig über den Schutz der Sicherheit unserer Bevölkerung gestellt. Das muss ein Ende haben.“

FDP will abgelehnten Asylbewerbern alle Sozialleistungen streichen

Die FDP will ausreisepflichtigen Asylbewerbern alle Sozialleistungen streichen und sie damit zur Ausreise bewegen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der „Bild“: „Wir brauchen eine glasklare Verabredung zwischen dem Bund und allen 16 Ländern: Jede Abschiebung muss vollzogen werden – ohne Ausnahme. Die schärferen Gesetze, die wir im Bund beschlossen haben, müssen von den Ländern auch angewendet werden.“ Zudem solle es „für Ausreisepflichtige auch keinerlei Sozialleistungen“ mehr geben. Das sei eine „Aufforderung an uns alle in der Koalition“, sagte Dürr der „Bild“. Ziel müsse sein, den Druck zur Ausreise zu erhöhen. Auch FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle will nach dem Messerangriff von Solingen mehr Druck auf ausreisepflichtige Ausländer ausüben. „Wir sollten in der Koalition auch dringend über Sozialleistungen für Ausländer reden“, sagte Kuhle dem „Stern“. „Wenn jemand nicht hierbleiben darf, darf er auch keine Sozialleistungen bekommen.“ Beim Thema Abschiebungen brachte Kuhle zudem eine Kompetenzverlagerung von den Ländern zum Bund ins Spiel. Bund und Länder müssten sich „besser und enger abstimmen“. Man müsse auch „über mehr Kompetenzen für den Bund nachdenken. Zum Beispiel, dass die Bundespolizei in Zukunft selbst Abschiebungen durchführt.“ Die Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp von Syrern und Afghanen, wie ihn der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz vorgeschlagen hat, hält Kuhle für wenig aussichtsreich: „Man sollte keine Maßnahmen fordern, von denen man weiß, dass man sie nicht umsetzen kann.“ Allerdings müsse man „darüber nachdenken, wie wir wie wir Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ermöglichen können. Und wir müssen die Einwanderungszahlen senken.“ Grundsätzlich offen zeigte sich der Liberale hingegen für eine Verschärfung des Waffenrechts. „Sinnvolle Veränderungen beim Waffenrecht sind kein Tabuthema“, so Kuhle. „Wir können über jeden Vorschlag reden.“ Kuhle bekräftigte allerdings seine Kritik an dem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgeschlagen Verbot von Messern mit mehr als sechs Zentimetern Länge. „Die Menschen erwarten jetzt keine Pseudomaßnahmen“, sagte Kuhle.

Polizeigewerkschaft fordert mehr Abschiebehaft und Charterflüge

Nach dem tödlichen Anschlag in Solingen fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mehr Abschiebehaftplätze und Rückführungen mit Charterflügen. „Nach einer gescheiterten Rückführung sollten die Menschen unserer Ansicht nach schnell in Abschiebehaft kommen“, sagte der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei, Andreas Roßkopf, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das würde einen weiteren Versuch der Abschiebung ermöglichen. Es fehlen aber ausreichend Abschiebehaftplätze in Deutschland“, kritisierte der Gewerkschafter. „Sie müssen deutlich aufgestockt werden, wenn wir die Abschiebezahlen etwa über Charterflüge erhöhen wollen. Hier sind die Länder in der Pflicht.“ Abschiebungen mit Charterflügen seien einfacher, „weil keine anderen Passagiere an Bord sind“, sagte Roßkopf. „Charterflüge bedeuten aber einen erheblichen Mehraufwand – sie sind viel teurer, und für sie ist mehr Personal nötig.“ Roßkopf beklagte, dass Abschiebepflichtige durch „ausfälliges“ Verhalten ihre Rückführungen scheitern lassen. „Viele abschiebepflichtige Menschen verhalten sich ausfällig, sobald sie den Flughafen erreichen. Das ist Masche und Methode. Sie verhalten sich so negativ, dass der Flugkapitän oftmals die Rückführung abbrechen muss, um Rücksicht auf die anderen Passagiere zu nehmen“, ergänzte der Polizeigewerkschafter. „Manche verletzten sich auch am Flughafen, damit sie nicht abgeschoben werden.“ +++

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