Ex-Innenminister sorgt sich um Pressefreiheit

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) fordert von den Regierungen in Bund und Ländern mehr Respekt für die Pressefreiheit. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass einer meiner Nachfolger im Amt des Bundesinnenministers eines Tages auch nur erwägen würde, wegen einer Zeitungskolumne eine Strafanzeige zu stellen“, sagte Baum dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Es ist bemerkenswert, dass der Verfassungsminister der Republik so wenig Sensibilität für die Verfassung hat.“ Seehofer habe „die Fassung verloren“, kritisierte Baum. Der Bundesinnenminister zeige beim Rückgriff auf das Strafrecht ein „impulsives Denken“. Problematisch sei dies nicht zuletzt angesichts einer zunehmenden Bedrohung der Pressefreiheit in Staaten wie Ungarn oder Polen. Baum warnte generell vor einer Tendenz unter regierenden Politikern in Deutschland, den Medien Grenzen setzen zu wollen: „Schon die Intervention des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet gegen die Oma-Satire beim WDR war in dieser Hinsicht kein gutes Beispiel.“ Der CDU-Politiker Laschet hatte das satirische „Umweltsau“-Lied des WDR kritisiert. Darin hatte ein Kinderchor des Westdeutschen Rundfunks zum Jahreswechsel auf die Melodie von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ unter anderem „Meine Oma ist ne alte Umweltsau" gesungen. Laschet hatte auf Twitter geschrieben, das Lied überschreite Grenzen des Stils und des Respekts gegenüber Älteren. Das Video wurde später gelöscht, WDR-Intendant Tom Buhrow entschuldigte sich. Seehofer geht jetzt gegen einen Text der "taz"-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah vor. Sie hatte unter dem Titel "All cops are berufsunfähig" erwogen, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, die einzige "geeignete Option" sei "die Mülldeponie". Gegenüber der "Bild"-Zeitung hatte Seehofer am Sonntag erklärt: "Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in dertaz` über die Polizei stellen.“ Dieser Plan wurde jedoch nicht umgesetzt, unter anderem soll die Bundeskanzlerin soll intern von strafrechtlichen Schritten abgeraten haben. +++