EU streicht Finanzhilfen für die Türkei zusammen

Drei Milliarden Euro sind bereits ausgegeben

Die EU streicht die umstrittenen Finanzhilfen an die Türkei zur Vorbereitung auf einen EU-Beitritt drastisch zusammen. Die Gelder für die Jahre 2018 bis 2020 werden um 759 Millionen Euro gekürzt – das sind 40 Prozent weniger als bislang vorgesehen. Insgesamt sollen nun noch 1,181 Milliarden an so genannten Vorbeitrittshilfen zur Verfügung stehen, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf Angaben der EU-Kommission.

Ein Kommissionssprecher sagte den Zeitungen, Hauptgründe für die Kürzungen seien der mangelnde Fortschritt bei der Erfüllung der EU-Beitrittskriterien und die geringe Aufnahmekapazität. In der Kommission war der Beschluss über die Kürzung bereits im August gefallen, wurde aber nicht veröffentlicht – damals war die Türkei gerade in eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise gestürzt. Zuvor hatten die EU-Mitgliedstaaten in einem „Verwaltungsausschuss für die Vorbeitrittshilfen“ im Juli ihre Zustimm ung zu dem Vorschlag der Kommission gegeben, wie der Kommissionssprecher erklärte. Das am 10. August beschlossene und überarbeitete Strategiepapier der Kommission für die Türkei-Hilfen, über das die Funke-Zeitungen berichten, sieht zudem vor, die verbliebenen Gelder stärker für die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei einzusetzen, während die Hilfen zur Entwicklung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum deutlich heruntergefahren werden. Es gebe im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit besorgniserregende Entwicklungen in der Türkei nach dem Putschversuch im Juli 2016, heißt es in dem Papier.

Die Vorbeitrittshilfen sollen Beitrittskandidaten die Anpassung an EU-Standards erleichtern, im Fall der Türkei sind sie aber seit langem umstritten: Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen seit 2016 praktisch auf Eis, eine Mitgliedschaft in der EU gilt wegen der rechtsstaatlichen Entwicklung in absehbarer Zeit als unrealistisch. Auf Drängen von Kanzlerin Angela M erkel hatten die EU-Staats- und Regierungschefs im Oktober 2017 grundsätzlich ihr Einverständnis gegeben, die Zahlungen zu überprüfen, doch Einzelheiten waren der Kommission überlassen worden. Einen Monat später hatte das EU-Parlament beschlossen, die Hilfen um 100 Millionen Euro zu kürzen. Zuletzt hatte auch der Europäische Rechnungshof Kritik an den Hilfen geübt: Sie hätten die Erwartungen nicht erfüllt, die Verwaltung habe keine Fortschritte gemacht. Nach dem Beschluss der EU-Kommission betragen die Vorbeitrittshilfen für den gesamten Zeitraum von 2014 bis 2020 nun 3,5 Milliarden Euro. In EU-Veröffentlichungen ist aber weiter von 4,45 Milliarden Euro die Rede, die ursprünglich eingeplant waren. Von den Kürzungen nicht berührt sind die Milliardenhilfen im Rahmen des Flüchtlingsabkommens: Drei Milliarden Euro sind bereits ausgegeben, eine zweite Tranche von drei Milliarden hat die EU bereits zugesagt. +++