Erstmals über 100.000 aktive Corona-Infektionen in Deutschland

Lauterbach: Lockdown möglicherweise schon in wenigen Wochen

Die Zahl der Menschen in Deutschland, die gleichzeitig aktiv mit dem Coronavirus infiziert sind, ist erstmals sechsstellig. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Sonntagmorgen stieg die Zahl binnen eines Tages von knapp 94.000 auf etwa 102.000 Menschen. Seit Wochen klettert diese Zahl jeden Tag um etwa neun Prozent, alle acht Tage verdoppelt sie sich. In der ersten Welle war der höchste Wert am 6. April bei rund 64.300 aktiv Infizierten erreicht worden, danach war die Zahl bis zum 14. Juli auf den tiefsten Stand bei rund 4.700 Personen gefallen. Die Zahl der Menschen, die in Deutschland aktuell auf einer Intensivstation behandelt werden, steigt etwas langsamer, nämlich in den letzten Tagen „nur“ um sechs bis acht Prozent pro Tag. Am frühen Sonntagmorgen wurden 1.211 Patienten mit Covid-19 intensiv behandelt, der Anteil an allen aktiv Infizierten ist mit 1,2 Prozent so niedrig wie noch nie, seit im April alle Krankenhäuser verpflichtet wurden , die entsprechenden Daten zu melden.

Deutsche im ersten Lockdown deutlich depressiver

Angst, Stress und Symptome von Depressionen haben in der ersten Phase des Corona-Lockdowns im Frühjahr deutlich zugenommen. Das geht aus einer Vorauswertung der Nako-Gesundheitsstudie, für die 113.000 Deutsche befragt wurden, hervor. „Die psychische Belastung bei jungen bis mittelalten Menschen, zwischen 20 und Ende 40, war besonders groß“, sagte der Studienleiter für neurologisch-psychiatrische Erkrankungen, Klaus Berger, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Frauen bis Ende 30 waren am stärksten getroffen. Teilweise haben sich die Werte der Teilnehmer so verschlechtert, dass es sich laut der Nako-Zahlen um eine deutliche Zunahme von Depressionen handeln könnte, was jedoch im Einzelfall durch eine ärztliche Diagnose bestätigt werden muss. In der Gruppe über 60 Jahre konnten die Forscher hingegen keine Zunahme von depressiven Symptomen feststellen. Die Studie stellt starke regionale Unterschiede bei Angst und Stress fest. „Wir sahen bei Befragten in Regionen, die von Covid-19 besonders hart getroffen wurden, eine stärkere Zunahme von Stress und von Angst“, sagte Berger der FAS. Im Norden und Nordosten, wo die Corona-Fallzahlen niedriger waren, waren Stresssymptome deutlich weniger ausgeprägt. „Wer getestet wurde, egal ob letztlich positiv oder negativ, hatte eine höhere psychische Belastung als Menschen, die nicht getestet wurden“, so Berger. Im Hinblick auf einen möglichen zweiten Lockdown sagte der Direktor des Zentrums für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster: „Wer Krisen durchlebt hat, lernt in der Regel dabei, mit neuen Krisen umzugehen.“ Deshalb sei die Ausgangslage besser als im Frühling.

Lauterbach: Lockdown möglicherweise schon in wenigen Wochen

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat eindringlich vor einem erneuten Lockdown bereits in wenigen Wochen gewarnt und Bund und Länder zum Beschluss von weitergehenden Maßnahmen aufgefordert. „Wenn es uns in den kommenden zwei bis drei Wochen nicht gelingt, die persönlichen Kontakte zu beschränken, werden die Zahlen in wenigen Wochen so stark gestiegen sein, dass uns nur noch ein erneuter Lockdown bleibt“, sagte Lauterbach zu „Bild am Sonntag“. „Die Einschränkungen, die jetzt beschlossen wurden, reichen leider nicht aus, um überfüllte Intensivstationen und einen deutlichen Anstieg der Todeszahlen im Dezember zu verhindern. Da müssen wir nachjustieren.“ Lauterbach fordert eine deutlich Ausweitung des Homeoffice und geteilte Klassen in den Schulen. „Wenn wir nicht wollen, dass die Schulen mit regelmäßigem Schulausfall auch noch zu Hotspots werden, sollten die Schulklassen jetzt aufgeteilt werden in Vormittags- und Nachmittagsunterricht“, sagte er. Jeder Kontakt, egal wo, könne kontaminiert sein, so Lauterbach weiter. „Es reicht allein nicht mehr, nur vorsichtig zu sein und die AHA+L-Regeln einzuhalten.“ Er ermahnte die CDU, den für Anfang Dezember geplanten Parteitag mit 1.001 Delegierten abzusagen. „Die CDU kann nicht gleichzeitig für das Verbot kleinerer Veranstaltungen eintreten und dann mehr als 1.000 Menschen an einem Ort versammeln. Politik hat eine Vorbildfunktion, deshalb sollte die CDU den Parteitag absagen.“ Auch eine Mehrheit der Bürger findet, dass der CDU-Parteitag, bei dem ein neuer Vorsitzender gewählt werden soll, in der aktuellen Corona-Lage nicht stattfinden sollte. 55 Prozent sind laut einer Kantar/Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ für eine Absage, 36 Prozent sprechen sich für die Durchführung aus (weiß nicht, keine Angabe acht Prozent). Das Meinungsforschungsinstitut Kantar/Emnid befragte für die Erhebung insgesamt 505 Menschen am 22. Oktober. Frage: „Die CDU hat einen Parteitag am 4. Dezember  in Stuttgart mit 1.001 Delegierten geplant, um dort einen neuen Parteivorsitzenden zu wählen. Sollte dieser Parteitag wegen Corona abgesagt werden?“ +++ nh/dts