„Erinnerungen sind Teil unserer Geschichte“: Gemeinde Flieden gedachte Heimatvertriebener

Das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren war für viele ein Tag der Befreiung. Doch für Millionen von Menschen begann damit auch eine Zeit voller Leid und Entbehrung. Denn in den deutschen Ostgebieten kam es zu Flucht und Vertreibung. Viele mussten überstürzt ihre Heimat verlassen und alles aufgeben. Bis 1950 fanden knapp 1.000 Vertriebene in der hessischen Gemeinde Flieden und den Ortsteilen ein neues Zuhause. Hieran wurde Anfang November im Fliedener Rathaus erinnert.

„Die Erinnerungen sind ein Teil unserer Geschichte, auch hier in Flieden“, betonte Fliedens Bürgermeister Christopher Gärtner (CDU) in seinen Begrüßungsworten. „Die Zeitzeugen, die diese Flucht damals mitgemacht haben, sind inzwischen hochbetagt“, führte er weiter aus. Umso wichtiger sei es, ihnen zuzuhören, sie erzählen zu lassen, damit die Erinnerungen lebendig und sichtbar bleiben. Dem Fliedener Gemeindeoberhaupt war es ein Anliegen, den Vertriebenen seiner Heimatgemeinde mit der Gedenkveranstaltung am 2. November die Gelegenheit dafür einzuräumen.

Ein Raum zum Erinnern ist auch die Ostdeutsche Heimatstube in Flieden. Sie entstand 1996 auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Ludwig Ebert und wurde durch das Engagement der Vertriebenen Karl und Erich Großer, Berthold Beutel und Walter Kunzendorf mit Erinnerungen gefüllt. Christopher Gärtner übergab im Rahmen der Veranstaltung den Nutzungsvertrag, der die Zukunft der Heimatstube sichert, „damit die Geschichte und das Erinnern erhalten bleibt“. „Die Geschichte darf nicht in Vergessenheit geraten“, appellierte auch der Landtagsabgeordnete Andreas Hofmeister, Landesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, der eigens für die Gedenkveranstaltung nach Flieden gekommen war.

„Die Geschichte der Heimatvertriebenen gehört zur deutschen Geschichte dazu und ist insbesondere auch ein Teil der hessischen Geschichte. Ohne die Vertriebenen gäbe es beispielsweise keinen Hessentag. Dieser wurde 1961 eingeführt, damit diejenigen, die in Hessen ein neues Zuhause gefunden haben, mit den Alteingesessenen in Kontakt kommen und sich kennenlernen können“, sagte Hofmeister. Andreas Hofmeister erläuterte, wie das Land Hessen die Geschichte der Heimatvertriebenen würdigt, was es für Möglichkeiten gibt, sich damit auseinanderzusetzen und freute sich, dass grade bei der jüngeren Generation das Interesse für das Thema steigt.

Im Anschluss lud Bürgermeister Christopher Gärtner die mehr als 60 Gäste dazu ein, selbst von ihren Erfahrungen zu erzählen. Das Angebot nahmen viele gerne an. Walter Kunzendorf hatte sich Gedanken dazu gemacht, was Heimat für ihn bedeutet. Er erzählte, wie er als Kind in Flieden aufgenommen wurde, dass er viele neue Freunde gefunden hatte und sich hier nun heimisch fühlt. Marta Wagner, vor kurzem 100 Jahre alt geworden, berichtete, wie sie mit ihrer Familie auf einem Pferdewagen geflohen ist. Und wie lange sie gebraucht hatte, bis sie in ihrer neuen Heimat Flieden ankam.

Deutlich wurde, dass es für alle damals eine schwere Zeit war. Doch es gab auch Hoffnung. Und mit viel Mut und Kraft haben sie einen Neuanfang machen müssen, der auch gute Erinnerungen weckte. Der ein Leben ermöglichte, auf das sie heute mit Stolz und Glück zurückblicken können. Am Ende der Veranstaltung konnten sich die Gäste bei Kaffee und Kuchen austauschen und miteinander ins Gespräch kommen. +++ ja


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