Erdogan strebt SCO-Mitgliedschaft an – Rufe nach Konsequenzen

Es sei Zeit für eine "robustere Türkei-Politik"

Türkischer Präsident Erdogan

In der Ampelkoalition werden Rufe nach harten Konsequenzen für das NATO-Mitglied Türkei laut, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Mitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) um Russland und China als Ziel ausgegeben hat. „NATO und Europäische Union müssen sich fragen lassen, wie lange sie sich von Erdogan noch auf der Nase herumtanzen lassen“, sagte der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin der „Welt“.

„Die Türkei hindert die NATO an der Überwachung des UN-Waffenembargos für Libyen. Sie bohrt in Griechenlands Wirtschaftszone. Das NATO-Mitglied Türkei tut mehr für die Umgehung der europäischen Russland-Sanktionen als China.“ Erdogan bremse den Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO. Und nun wolle er zusammen mit dem Iran der SCO beitreten. Es sei Zeit für eine „robustere Türkei-Politik“, forderte der Grünen-Politiker. „Da niemand aus der NATO ausgeschlossen werden kann, muss über wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen gegen die Türkei nachgedacht werden.“ Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sieht Erdogans Vorhaben als schweren Fehler und als erneuten Versuch, von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. „Außenpolitisch wäre dies ein weiterer symbolischer Schritt weg vom Westen und seinen Werten – ein schwerer politischer Fehler für die Zukunft der Türkei.“

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) sagte, in den vergangenen Jahren habe die Türkei unter Erdogans Führung immer wieder Schritte unternommen, die daran zweifeln ließen, ob es dem Land ernst ist mit der Mitgliedschaft in der NATO. „Das Kokettieren mit der SCO geht einen Schritt weiter. Die Organisation hat eindeutig andere Wert- und Ordnungsvorstellungen als die NATO und richtet sich damit gegen uns.“ Erdogan müsse in aller Deutlichkeit gesagt werden, dass ein Schlingerkurs nicht möglich und mit den Grundwerten der NATO vereinbar ist. „Einmal mehr zeigt sich, wie problematisch es ist, dass Kanzler Scholz bis heute keinen guten, belastbaren Gesprächskontakt zu Erdogan aufgebaut hat.“ Linksfraktionschef Dietmar Bartsch nannte es „ein Unding, wenn das NATO-Mitglied Türkei das sich selbst so nennende Wertebündnis NATO dermaßen vorführt“.

AfD-Chef Tino Chrupalla verteidigte unterdessen die Türkei. „Die Türkei hat während des Ukraine-Kriegs offenbar erkannt, dass es in der multipolaren Welt mehrere politische Optionen braucht. Solche Optionen haben unserem Land vor allem die grünen Bundesminister der Ampel-Regierung abgeschnitten, es bleibt die einseitige Abhängigkeit vom Westen.“ Die Türkei bleibe ein strategisch wichtiger Partner Deutschlands und Europas. +++