Drohmails – SPD: Beuth wird zur Belastung für die Aufklärung der Affäre

Jusos Hessen fordern Rücktritt von Peter Beuth

Peter Beuth (CDU)

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, hat in der Drohbrief-Affäre die Kritik seiner Fraktion an Innenminister Peter Beuth (CDU) verschärft. Rudolph sagte am Montag: „In der Drohbrief-Affäre hat Minister Beuth am vergangenen Donnerstag mit seiner beispiellosen Schuldzuweisung an das Landeskriminalamt eine der wichtigsten Sicherheitsbehörden unseres Landes zum alleinigen Sündenbock erklärt. Heute, drei Tage später, muss man sagen: Der Minister hat damit sich selbst und die Ermittlungen in der Sache beschädigt.“

Denn interne Vermerke, aus denen die Frankfurter Rundschau heute zitiert, legten die Annahme nahe, dass alles, was man innerhalb der Sicherheitsbehörden über den zeitlichen Zusammenhang zwischen einer Datenbankabfrage bei der hessischen Polizei und dem ersten Drohbrief an die Linke-Politikerin Janine Wissler wusste, spätestens Anfang März im Landespolizeipräsidium bekannt war. „Der Minister hat offensichtlich erst die Übersicht und dann die Selbstkontrolle verloren“, stellte Günter Rudolph fest. „Das Landespolizeipräsidium ist direkt im Innenministerium angesiedelt. Wenn derart brisante Informationen von dort nicht den Weg zum Minister persönlich finden, ist das ein ungeheuerliches Organisationsversagen innerhalb des Ministeriums. Und verantwortlich dafür, dass die Informationsstränge in seinem Haus funktionieren, dass alle Beteiligten Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden können, ist letztlich der Minister. Es wird leider immer deutlicher, dass Herr Beuth das Konzept der politischen Verantwortung nicht verstanden hat oder nicht verstehen will. So jedenfalls wird er mehr und mehr zu einer Belastung für die Aufklärung der Affäre und für das Ansehen des Landes Hessen im Rest der Republik“, so Rudolph.

Linke: Generalbundesanwalt muss wegen Drohmails ermitteln

Die stellvertretende Linken-Chefin Martina Renner hat gefordert, dass sich das Bundeskriminalamt und der Generalbundesanwalt der Ermittlungen um Drohmails gegen Politiker annehmen. „Ich sehe auf jeden Fall die Voraussetzung zur Übernahme durch den Generalbundesanwalt gegeben“, sagte Renner der RTL/n-tv-Redaktion. Es sei ein länderübergreifender Sachverhalt von öffentlicher Bedeutung. „Es wurden Gerichte geräumt, es wurden Rathäuser mit Drohmails bombardiert, Abgeordnete sind bedroht. Das heißt, Institutionen des Staates und damit natürlich die Demokratie, der Rechtsstaat selbst.“ Da müsse der der Staat auch das Signal durch den Generalbundesanwalt geben, „wir nehmen genau diese Drohungen gegen uns ernst“. In der Sendung „Frühstart“ sprach sie von „harten Todesdrohungen“, die sie erhalten habe. Das gefährliche an diesen Mails sei nicht nur der Duktus, auch der klare Bezug auf den Nationalsozialismus, „sondern der Umstand, dass erneut Daten wohl aus Po lizeirechnern für diese Drohungen benutzt wurden“. Ihre Kritik: „Wir haben das Gefühl, es ist zwei Jahre jetzt einfach nichts passiert. Die Ermittlungen in Hessen wurden nicht konzentriert geführt.“ Renner forderte unabhängige Aufklärung. „Die richtige Antwort ist tatsächlich das Bundeskriminalamt unter Federführung der Ermittlungen des Generalbundesanwalts.“

Grüne: „Lückenlose Aufklärung in allen Behörden“

„Die erneute Abfrage von personenbezogenen Daten ohne dienstlichen Grund in einer hessischen Polizeidienststelle ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das dienstrechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Folgen haben muss. Da bis jetzt nicht bekannt ist, welche Polizistin oder welcher Polizist die Abfrage vorgenommen hat, ist dies die dringendste Frage, die von den Ermittlungsbehörden zu klären ist. Daneben ist die hessische Polizei jetzt gefordert, weitere Sicherungsmechanismen für die Abfragen an Dienstcomputern der Polizei einzuführen. Wer von Polizeicomputern Daten abfragt, muss zweifelsfrei identifizierbar sein, er muss einen dienstlichen Grund haben und er muss am Ende die Verantwortung für die Abfrage tragen. Zurzeit werden umfangreiche Ermittlungen vorgenommen und wir erwarten, dass die Vorgänge auf allen Ebenen und in allen beteiligten Behörden lückenlos aufgeklärt werden und alle Fakten auf den Tisch kommen. Dies gilt auch für die Frage, ob das Landeskriminalamt das Landespolizeipräsidium über die Abfrage eines Polizeicomputers informiert hat, wenn ja, wann und in welcher Form dies geschehen ist und wer daran beteiligt war. Neben der Aufklärung über die Abfragen von Polizeicomputern müssen wir uns mit der Tatsache befassen, dass Personen des öffentlichen Lebens per E-Mail von mutmaßlich Rechtsextremen bedroht werden. Es muss von den Strafverfolgungsbehörden alles rechtsstaatlich Mögliche dafür getan werden, um an der zügigen Aufklärung der Hintergründe der Drohmails zu arbeiten. Es lastet der schwere Verdacht rechtsextremer Tendenzen auf der Polizei. Dies ist für die gesamte Polizei eine extrem schwierige Situation. Wir erwarten aus Gründen des Vertrauens in die Integrität unserer staatlichen Strukturen, dass die Ermittlungen mit aller Kraft vorangetrieben werden. Das ist auch im Interesse der übergroßen Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten, die mit rechtsextremen Tendenzen nichts zu tun haben und ein eigenes großes Interesse daran haben, dass unmissverständlich klar sein muss, dass Rechtsextreme in der Polizei nichts zu suchen haben“, so Eva Goldbach, innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion.

Jusos Hessen fordern Rücktritt von Peter Beuth

Die Hessischen Jusos fordern den hessischen Innenminister Peter Beuth nach dem Auftauchen erneuter Drohschreiben zum Rücktritt auf. Vergangene Woche waren erneut Drohschreiben des sogenannten „NSU 2.0“ an Politikerinnen aufgetaucht. Unter den Betroffenen ist etwa die Fraktionsvorsitzende der Linken Janine Wissler. Erneut enthielten die Drohungen dabei persönliche Informationen, welche nicht öffentlich zugänglich sind. Genau diese Informationen waren kürzlich von einem Computer der Wiesbadener Polizei abgerufen worden. Der Fall zeigt damit eindrückliche Parallelen zu den Bedrohungen gegen Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz, die ähnliche Drohungen vor über einem Jahr erhalten hatte. Auch damals waren persönliche Informationen von einem Polizeirechner abgerufen worden. Anders ist in diesem Fall die Reaktion von Innenminister Beuth. Während er bei dem ersten Fall noch von Einzelfällen sprach und vor allem die Unschuldsvermutung in den Mittelpunkt stellte, stellt der Innenminister sich nun als großer Aufklärer in der Not dar. So erhebt Beuth schwere Vorwürfe gegen das LKA, dem er speziell Ermittlungsversagen im Fall Basay-Yildiz vorwürft. Anstatt bei sich selbst den Fehler zu suchen und sich zumindest für seine verharmlosende Rhetorik in der Vergangenheit zu entschuldigen, wird die Schuld lieber an die eigenen Beamtinnen weitergegeben. Ein aktueller Bericht der Frankfurter Rundschau vom 13. Juli deutet mit Verweis auf Dokumente des LKA darauf hin, das diese Darstellung nicht korrekt ist. Aus ihnen geht hervor, dass Beuth über die Abfrage der Daten in einer Wiesbadener Polizeistation informiert gewesen sein müsste. „Oder die wichtige Neuigkeit wäre auf dem Weg vom Landespolizeipräsidium zum Ministerbüro verloren gegangen.“ (FR vom 12.07.2020) Beide Varianten wären Ausdruck eines Versagens als Innenminister auf ganzer Linie. Beuths plötzlicher Sinneswandel, nachdem die Bedrohungen von Seda Basay-Yildiz mehr als ein Jahr bekannt waren, kommt zu spät. Anstatt von Anfang an eine klare Linie zu verfolgen und umfassende Untersuchungen zu rechten Netzwerken in der hessischen Polizei zu starten, wurde lieber verharmlost und kleingeredet. Nun zeigt sich die Quittung. So äußerte sich auch die hessische Juso-Landesvorsitzende Sophie Frühwald: „Die innere Sicherheit umfasst die Sicherheit aller Hess*innen – unabhängig von Herkunft oder Amt. Peter Beuth hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass er diese nicht gewährleisten kann. Aktuelle Berichte lassen außerdem Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen. Es wird Zeit, dass er die Konsequenzen zieht.“ +++