Dr.-Danzebrink-Straße wird umbenannt

Umbenennung soll im Juli 2023 erfolgen

Im Rahmen der Sitzung der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung am gestrigen Montagabend im Stadtsaal war die Umbenennung der „Dr.-Danzebrink-Straße“ eines der Hauptthemen. Die Straße im Fuldaer Stadtbezirk Aschenberg erinnert in ihrer Namensgebung an Dr. Franz Danzebrink, der von 1933 bis 1945 Oberbürgermeister von Fulda war. Die Stadtverordneten – mit Ausnahmen der Fraktion AfD/Bündis-C- und der Gruppierung Bürger für Osthessen – haben gestern Abend mit großer Mehrheit die Umbenennung der Straße beschlossen. Die Umbenennung soll zum 01. Juli 2023 erfolgen. Damit dürften die langen Diskussionen, die bis ins Jahr 2014 zurückreichen, der Vergangenheit angehören. Seit 1964 erinnert die Straße an Dr. Franz Danzebrink. Die Anwohner – so kam man gestern ebenfalls fraktionsübergreifend – mit Ausnahme der Stadtverordnetenfraktion AfD/Bündnis-C und der Gruppierung Bürger für Osthessen – zu der Übereinkunft, sollen vor dem Hintergrund der durch die Straßenumbenennung entstehenden Kosten und Aufwendungen weitestgehend entlastet werden.

„Seit mehr als 7 Jahren befassen wir uns hier in den städtischen Gremien intensiv mit der Rolle der Stadtverwaltung und des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Franz Danzebrink in der Zeit von 1933 bis 1945“, so Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld einleitend in seiner Magistratsvorlage, die den Stadtverordneten gestern als Beschlussvorlage vorgetragen wurde.

Bereits im Jahr 2015 wurde zunächst eine Expertenkommission berufen, die die Rolle von Dr. Franz Danzebrink untersuchen sollte. Die damalige Untersuchung gelangte jedoch zu keinem abschließenden Ergebnis. Drei der befragten Experten sprachen sich für eine Umbenennung der Dr.-Danzebrink-Straße aus, drei waren jedoch gegen eine Umbenennung. Die Stadt Fulda hatte bislang noch nicht den Versuch unternommen, sich umfassend extern beleuchten zu lassen mit Blick auf die Frage, welche Rolle die Stadtverwaltung selber gespielt hat in den Jahren und damit den Versuch unternommen, alle verfügbaren Erkenntnisse zu erschließen und eine umfassende Auseinandersetzung mit der Geschichte Fuldas in der NS-Zeit zu ermöglichen, so der OB.

Oberbürgermeister Wingenfeld stellte heraus, dass die Quellenlage über Jahrzehnte nicht besser geworden ist und auch die Zeitzeugen, die im Stande wären, über diese Zeit zu berichten, immer weniger werden. Im Jahr 2016 beschloss der Magistrat durch eine historische Fakultät die Rolle der Stadtverwaltung untersuchen zu lassen. Es war eine Herausforderung, eine entsprechende Institution für diese Aufgabe zu gewinnen. Ab Ende 2017 wurde eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung durch Alexander Cramer, Doktorand am Institut für Neueste Geschichte an der Philipps-Universität Marburg, erstellt. Sein Betreuer war damals Professor Dr. Eckard Conze, der bereits die Rolle des Auswärtigen Amtes während der NS-Zeit maßgeblich untersucht hat. Die vorhandenen Quellen wurden ausgewertet und wissenschaftlich und fundiert zusammengefasst.

Da es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, sich mit diesem Thema zu befassen, entschied man sich vonseiten der Stadt für eine Publikation des 111-seitigen Textes in deutscher und englischer Sprache auf der Internetpräsenz der Stadt. Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld betonte vor dem Hintergrund, dass viele Fuldaer Bürgerinnen und Bürger von der Studie Gebrauch gemacht hatten im Rahmen der gestrigen Sitzung, dass der Magistrat keinen Wissensvorsprung gehabt habe. Jeder, der sich mit der Studie befasse habe seine ganz eigene Meinung. Beleuchtet wurde das Thema auch von dem Fuldaer Geschichtsverein am 21. April 2022 im Rahmen einer Infoveranstaltung, der die Möglichkeiten – aber die Grenzen dieser Studie beleuchtete.

Oberbürgermeister Wingenfeld: „Die Studie verdeutlicht, dass die Stadtverwaltung und auch der damalige Oberbürgermeister Dr. Franz Danzebrink dazu beitrugen, dass NS-Regime zu stabilisieren. Wingenfeld sagte aber auch, dass es hierbei nicht um Schuldzuweisungen gehe, sondern um die Frage einer Straßenbezeichnung, ob eine besondere persönliche Ehrung gerechtfertigt ist und dafür eine tragfähige Grundlage besteht. Gleichwohl sollte aber eine Persönlichkeit, nach der eine Straße benannt wird, Vorbildcharakter haben, da eine Straßenbenennung eine persönliche Ehre ist.

Ein Festhalten am Straßennamen wäre aber das falsche Zeichen, zumal es den Eindruck erwecken könnte, dass man sich als Stadt nicht eindeutig von den nationalistischen Verbrechen distanziere. Was es braucht, sei eine klare Botschaft. Das Porträt von Dr. Franz Danzebrink in der Ehrengalerie im Fuldaer Stadtschloss soll dort jedoch hängenbleiben. Dies auch im Verständnis auf die Bildungsarbeit. „Wir können Geschichte nicht auslöschen oder so tun, als hätte es diese Zeit nicht gegeben“, so Oberbürgermeister Wingenfeld.

Ute Riebold, stellvertretende Fraktionsvorsitzende DIE LINKE. Die PARTEI: „Das Verhalten von Franz Danzebrink in der Nachkriegszeit kann nicht zu seiner Ehrenrettung herangezogen werden. „Er interessierte sich nicht für die Entwicklung Fuldas, sondern lediglich dafür, dass auch seine Fuldaer Dienstzeiten von 1933 bis 1945 für die Bemessung seiner Versorgungsbezüge angerechnet wurden. Eine Umbenennung der Straße am Aschenberg ist daher dringend geboten“. Jonatan Wulff, Fraktionsvorsitzender der Stadtverordnetenfraktion SPD/Volt: „So unbequem die Umbenennung der Straße für die Anwohner ist, ist sie doch wichtig und richtig. Mit der Umbenennung der Straße distanzieren wir uns von der Person Dr. Franz Danzebrink, jedoch nicht von der Geschichte.“

Patricia Fehrmann, Vorsitzende der CDU-Stadtverordnetenfraktion: „Eine Straßenumbenennung ist sicherlich ein Novum. Ich danke Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld dafür, dass er die Grundlage für die Umbenennung geschaffen hat. Ist aus den Quellen doch ersichtlich, dass Franz Danzebrink systemtreu war und er während seiner Amtszeit dazu beigetragen hat, das System zu stabilisieren. Als CDU-Stadtverordnetenfraktion erachten wir es als richtig, dass die Aufwendungen, die durch die Straßenumbenennung für die Anwohner entstehen, so weit wie möglich von der Stadt übernommen werden müssen. Das Porträt von Dr. Franz Danzebrink in der Ehrengalerie sollte aber auf jeden Fall dort verbleiben, es ist Zeugnis unserer Stadtgeschichte.“

Sylvia Brünnel MdL, Vorsitzende der Stadtverordnetenfraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Heute ist ein Tag, auf den wir Grüne lange gewartet haben. Ich danke dem Oberbürgermeister dafür, dass er die Grundlagen für diese Aufarbeitung geschaffen hat.“ Zum Porträt sagte sie: „Das Porträt sollte dort, wo es derzeit ist, auch in Zukunft verbleiben. Danzebrink ist Teil unserer Stadtgeschichte.“ Im Hinblick auf die besorgten Anwohner bekundete die Fraktionsvorsitzende der Grünen, dass sie die mit der Straßenumbenennung verbundenen Sorgen nachvollziehen könne. Es sei daher richtig, dass sie in den Prozess mit eingebunden werden und von der Stadtverwaltung bestmöglich unterstützt werden. „Die Umbenennung der Straße“, so Brünnel, „ist mehr als eine Formalie, sie ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte.“

Dr. Sebastian Koch von der FDP-Stadtverordnetenfraktion bekundete im Rahmen der gestrigen Sitzung, dass die Umbenennung der Dr.-Danzebrink-Straße der richtige Schritt ist, zumal der damalige Oberbürgermeister der Stadt Fulda nicht dem Vorbild entspreche, das die Benennung der Straße nach seinem Namen vor dem Hintergrund der NS-Zeit rechtfertigen würde. Bezugnehmend der Frage, ob das Porträt von Dr. Franz Danzebrink in der Ehrengalerie des Fuldaer Stadtschlosses verbleiben soll, plädierte er für die Verwahrung des Porträts an seinem jetzigen Platz. +++ jessica auth