„Digitalisierung, Globalisierung und die Zukunft der Arbeit“

Dr. Thomas Sattelberger zu Gast in Fulda

Fulda. Was muss ich ändern um Institute und Bildungseinrichtungen fit für die digitale Zukunft zu machen? Wie müssen sich Arbeitgeber ändern, um motivierte und qualifizierte Mitarbeiter in der globalen Arbeitswelt für sich gewinnen zu können – solche wie sachverwandte und themenbezogene Fragen wurden am Mittwochabend in der Hochschule Fulda im Rahmen einer Veranstaltung des Vereins der Freunde und Förderer des Fachbereiches Wirtschaft an der Hochschule Fulda e. V. und des FDP-Kreisverbandes Fulda diskutiert.

Dr. Thomas SattelbergerIn seinem Vortrag „Digitalisierung, Globalisierung und die Zukunft der Arbeit“ setzte sich Dr. Thomas Sattelberger – gemessen an der Wirtschaft von China und den USA – mit unterschiedlichen Organisationsprinzipien und Geschäftsmodellen deutscher Unternehmen auseinander. Besonders fokussiert wurden hierbei die Führung und die Arbeitskultur deutscher Unternehmen. Im Anschluss an den Vortrag wurden Fragen des Auditoriums, dieses auch viele Wirtschaftsstudierende höherer Semester an der Hochschule Fulda inkludierte, gemeinsam mit den Fachexpertinnen Anja Thies, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre – insbesondere Personalmanagement an der Hochschule Fulda, und Sibylle von Brunn, Leiterin HR Service EDAG GmbH sowie Kandidatin für die Bundestagswahl 2017 diskutiert. Als Moderatoren fungierten Michael Huth, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre – insbesondere Logistik sowie Mario Klotzsche, Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Fulda.

Michael Huth„Wenn wir es nicht schaffen, rechtzeitig in die digitale Ökonomie reinzukommen, brauchen wir über die Digitalisierung 4.0 gar nicht erst nachzudenken“ – eine wesentliche Problematik, die Dr. Thomas Sattelberger im Wesentlichen darin begründet sieht, dass die deutsche Wirtschaft derzeit immer noch zu wenige beziehungsweise bis dato noch keine Rahmenbedingungen geschaffen habe, um mit einem vernünftigen Maß an innovativen Ideen eine Veränderung der deutschen Arbeitskultur zu bewirken. „Klar ist – es geht um Innovation und klar ist auch – Deutschland muss sich sputen“, so Dr. Thomas Sattelberger, Gastredner der am Mittwochabend in den Räumlichkeiten der Hochschule Fulda stattgefundenen gemeinsamen Veranstaltung des Vereins der Freunde und Förderer des Fachbereichs Wirtschaft an der Hochschule Fulda und des FPD-Kreisverbandes Fulda.

Mario KlotzscheKlar sei nach Sattelberger aber auch, dass Kultur von vielen Arbeitnehmern vorgefunden werden wolle. Entscheidend ist hier aber auch die Qualität von Führung und Arbeitskultur. In der Fachzeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“ – Strategie: „Kultur auf Arbeit“ 17.06.2010 (abgerufen am 04.06.2017, 11:36 Uhr) wird Kultur nach Geert Hofstede als „die gemeinschaftliche Programmierung des Selbst, die die Mitglieder eines Kulturraumes – beispielsweise eine Nation – miteinander teilen“ verstanden. „Befragt man sie nach dieser Programmierung – zum Beispiel mit dem Values Survey Module (VSM), so erhält man die Dimensionen einer Kultur bzw. die kulturellen Werte.“ Die vier wichtigsten Dimensionen dieser kulturellen Werte, werden in Wirtschaftspsychologie aktuell genau beschrieben:

• Individualismus-Kollektivismus: Ausmaß, mit dem es Menschen vorziehen, eher als Individuum oder als Mitglied einer Gruppe aufzutreten.
• Machtdistanz: Ausmaß, mit dem es akzeptiert wird, dass Macht ungleich verteilt ist.
• Vermeidung von Unsicherheit: Ausmaß, mit dem Menschen sich von sunsicheren Situationen bedroht fühlen und stattdessen klare Regeln vorziehen.
• Maskulinität-Feminität: Ausmaß, mit dem die Mitglieder einer Kultur eher anstreben, sich durchzusetzen, etwas zu leisten, Erfolg zu haben und zu wetteifern (Maskulinität), oder im Gegensatz dazu eher Lebensqualität, Beziehungen, Hilfe für Schwächere und Solidarität (Feminität) betonen.

Ob und wie sich diese kulturellen Werte bei der Arbeit auswirken und ob sie leistungsrelevant sind, ging Vas Taras von der University of North Carolina zusammen mit seinem Kollegen Bradley Kirkman und Piers Steel nach.

In seiner umfassenden Metaanalyse (600 Studien mit insgesamt über 200.000 Teilnehmern), publiziert in der Ausgabe (2010) des „Journal of Applied Psychology“, haben sie herausgefunden, dass kulturelle Werte und Verhalten am Arbeitsplatz (Engagement, Kooperation, Teamgeist, Arbeitsleistung etc.) insgesamt mit keinem Effekt zusammenhängen.

PublikumDie Zusammenhänge werden größer, wenn man die Arbeitsleistung auf Gruppen- oder Landesebene betrachtet. In diesem Kontext festgehalten wurde, dass Kulturelle Werte – trotz kleinen Effektes – das Verhalten am Arbeitsplatz ähnlich gut voraussagen, wie Persönlichkeit oder demographische Merkmale (Alter, Geschlecht oder Bildungsstatus). Ein deutlich besserer Prädiktor ist nur die allgemeine Intelligenz. Abschließend hielt man in der Fachzeitschrift fest: „Wenn man das Verhalten aufschlüsselt, bestimmen kulturelle Werte am deutlichsten Emotionen, gefolgt vom Zusammenhang mit Einstellungen, Handeln und Arbeitsleistung. Zudem wurden Moderatoren gefunden. Größere Zusammenhänge zwischen kulturellen Werten und Arbeit wurden bei Älteren, Managern und Angestellten (im Gegensatz zu Studenten), Männern und Personen mit längerer Ausbildungsdauer gefunden.“

Die Arbeitswelt mag in der Theorie andere Assoziationen hervorrufen, als in der Praxis tatsächlich zum Tragen kommt, doch geht es bei Dr. Thomas Sattelberger vielmehr um die Themen „Innovation“ und „Aspiration“ – vor allem, wenn das, was sich abzeichnet, dem Phänomen einer „Hierarchiearmut“ gleichkommt. In diesem Zusammenhang verwies Sattelberger darauf, dass sich die Entwicklung von Akademikern in Führungspositionen in den letzten 10 Jahren beinahe verdreifacht hat. Doch bedeutet eine zu enge Führung auch gleichzeitig der Tod von Innovation. Wie also der Problematik entgegenwirken? Ein wesentlicher Ansatz sieht Sattelberger darin, dass Teams nicht hauptsächlich nur aus Akademikern bestehen sollten, sondern auch aus Mitarbeitern mit Berufsausbildung.

Da wir in einem globalen Markt leben, stellt sich damit auch automatisch die Frage, wie wir in Zukunft Kundenanforderungen abwickeln wollen, in den Vordergrund rückt, plädiert die Leiterin im HR Service der EDAG GmbH Sibylle von Brunn dafür, künftig auch über neue Organisationsformen nachzudenken. Hier sieht die FDP-Kandidatin im Wahlkreis Fulda für die Bundestagswahl 2017 vor allem die Abwicklung von Aufträgen über internationale Teams sowie die Bereitstellung von mehr finanziellen Mitteln, als wesentliche Voraussetzungen dafür, um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. Anja Thies, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre – insbesondere Personalmanagement an der Hochschule Fulda, sieht vor allem in der Errichtung von Experimentierräumlichkeiten für „Transparente Analytics“ und damit mehr Freiräume für mobiles Arbeiten, eine gewinnbringende Chance. Hier seien wir zu eng aufgestellt – hinzukommt, dass Berufsbilder veraltet seien. Auch müsse nach Thies auf das Rollenverhalten von Führungskräften geschaut werden. Hier bestehe nach ihrer Meinung zu wenig Führung. Ferner sprach sich die Fachexpertin am Mittwochabend – „da man ausschließlich an Zielen, an Ergebnissen, gemessen werde“ – und „damit dieses System auch greife“ – für Vergütungssysteme aus. Dass sich unsere Unternehmen für Menschen mit neuen innovativen Ideen auch ein Stück weit öffnen müssen, verstehe sich ihrer Meinung nach von selbst. +++ jessica auth