Dieters aufgemerkt: Schafft die Stadt drei Großveranstaltungen?

Was tun mit dem vielen Geld?

Fulda. Die Stadt hat in den nächsten Jahren viel vor: Stadtjubiläum in 2019, Hessentag in 2021 und noch die Landesgartenschau in 2023. Da stellt sich die berechtigte Frage, ob das die Stadt überhaupt packen kann oder übernimmt man sich aus falsch verstandenem Ehrgeiz? Während andere, hessische Städte aus Kostengründen Abstand von einer Bewerbung für den Hessentag nehmen oder, wie zuletzt, Darmstadt, den Zuschlag für die Landesgartenschau zurückgeben, schlägt die Stadt Fulda gleich doppelt zu. Man will die Landesgartenschau und den Hessentag, zuzüglich zum 1275-jährigen Gründungstag.

Stimmen die finanziellen Voraussetzungen?

Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick in den Haushaltsplan 2017, konkret auf die Rücklagen. Diese betragen – wohlbemerkt geplant – für den Beginn 2017 knapp 156 Millionen Euro. Allerdings ist aufgrund der weiterhin sprudelnden Steuereinnahmen davon auszugehen, dass diese Zahl zum Ende dieses Jahres weit übertroffen werden dürfte. Also alles in Butter, ran an die drei Events? Könnte man in Anbetracht dieser Zahlen durchaus meinen. Jeder weiß, dass alle drei dieser geplanten Großveranstaltungen defizitär sein werden. Trotz Landeszuschüsse bei Hessentagen und Landesgartenschauen. Was soll’s, Fulda kann sich das leisten! Wirklich?

Wie kommt es zu diesen riesigen Rücklagen?

Um die weitere Argumentation zu verstehen, muss man erstmal verdeutlichen, wie es zu dieser Summe auf der hohen Kante kommen konnte. Erinnern wir uns an den Vorgänger des derzeitigen OB, manche nannten ihn auch „Sparbrötchen“. Gerhard Möller begann in 2003 seine Amtszeit mit dem Ziel, den Haushalt der Stadt Fulda zu konsolidieren. Das war zu diesem Zeitpunkt wohl noch berechtigt, hatte doch sein Vorgänger, Dr. Rhiel, eine etwas lockere Ausgabenpolitik. Die Finanzkrise 2008 tat ihr Übriges.

Allerdings führte er diesen Weg bis zum Ende seiner Amtszeit fort, auch als sich die Einnahmesituation zu verbessern begann. Personal wurde abgebaut, Ausgaben gekürzt, Investitionen auf das Allernotwendigste reduziert. Kurz: die Stadtentwicklung legte eine (zu lange!) Pause ein. Ganz fatal wurde das beim Wohnungsbau. Jahrelang wurden keine Baugebiete ausgewiesen, der soziale Wohnungsbau fand eigentlich gar nicht mehr statt. Dafür wurde der Sparstrumpf immer voller.

Was tun mit dem vielen Geld?

Mit dem neuen OB, Wingenfeld, änderte sich die Ausgabenpolitik der Stadt. Zwangsläufig, denn die Versäumnisse der Vergangenheit wurden immer deutlicher. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum wurde, dank der Opposition im Stadtparlament, endlich anerkannt. Baugebiete sind bereits verwirklicht worden (Edelzell) oder in Angriff genommen (Sickels, Maberzell, Haimbach). Zudem soll auf dem Gelände der Kleingartenanlage „Waidesgrund“ ein riesiges Wohnareal entstehen, auch mit bezahlbarem Wohnraum. Außerdem wimmelt es in der gesamten Stadt von Straßenbaumaßnahmen, deren Baustellen den Autofahrern und auch den Busnutzern ganz schön den Nerv rauben.

Allerdings noch lange kein Grund, Hurra zu schreien. Zwar wird der Investitionsstau angepackt, aber von heute auf morgen geht das natürlich nicht. Die Stadt hat zwar viel Geld, aber dafür auch einen erheblichen Nachholbedarf. Dieser lässt sich allerdings nur mittel- bis langfristig aufholen. kann sich locker die drei riesigen Events leisten? Finanziell bestimmt, die zu erwartenden Defizite können kein Problem sein.

Was spricht gegen die drei Veranstaltungen?

Es spricht nichts dagegen, wenn die Stadt 1275 Jahre alt wird und das entsprechend feiern will. Darauf dürfen sich die Bewohner der Stadt freuen. Das muss sein und wäre auch legitim, wenn die städtischen Finanzen anders aussehen würden.

Auch die Landesgartenschau ist eigentlich ein Muss, auch, wenn sie drei Jahre früher kommt. Die Letzte von 1994 zeigt noch heute ihre Nachhaltigkeit. Die Fulda Aue ist ein regelrechtes Glanzstück geworden, was auch ständig gepflegt wird. Aber, ob der Hessentag, zwei Jahre später als das Stadtjubiläum beziehungsweise zwei Jahre früher als die Landesgartenschau, Sinn macht, darf durchaus bezweifelt werden. In der Zeit direkt vor und innerhalb der geplanten Großveranstaltungen, bleibt kaum noch Zeit zum Luft holen. Sowohl die sächlichen und erst recht die personellen Ressourcen dürften auf dem Zahnfleisch gehen. Die Verwaltung wird kurz vor dem Kollaps stehen und vieles Wichtiges einfach nicht anpacken können.

Fazit: Deshalb machen drei Großveranstaltungen in kurzer Zeit keinen Sinn. Vom Hessentag in 2021, nur, weil ihn kaum noch eine andere hessische Stadt will, sollte die Stadt tunlichst Abstand nehmen. Die Gefahr ist groß, dass andere, wichtige Projekte der Stadtentwicklung in diesen Jahren nicht stattfinden. Es ist weiter davon auszugehen, dass notwendige Infrastrukturmaßnahmen (wie erwähnt, hier herrscht absoluter Nachholbedarf) – insbesondere in den Stadtteilen – weiterhin verschoben werden. Und wer weiß, wie sich die Haushaltslage dann darstellt?

Übrigens: Wenn OB Wingenfeld auf den Spuren des ehemaligen OB Hamberger wandeln will (auch er hatte drei Großveranstaltungen in seiner Ära), dann sei ihm gesagt: die 1250-Jahresfeier und die Landesgartenschau fanden beide 1994 statt! +++ dieter