Dieters aufgemerkt: Gewalt auf Fußballplätzen

Fulda. Die jüngsten Übergriffe sogenannter „Fans“ von Borussia Dortmund auf friedliche Anhänger des RB Leipzig, heizen die Diskussion über Gewalt in Fußballstadion erneut an. Sind das aber die richtigen Antworten? Die Vereine sollen mehr zur Aufklärung beitragen, sollen die Polizeieinsätze bezahlen, mehr und noch bessere Kontrollen durchführen und, und, und…? Um vorweg
klarzustellen: Gewalt in den Fußballstadien ist durch nichts zu entschuldigen und durch das Strafrecht zu sanktionieren. Trotzdem muss es erlaubt sein, Entwicklungen, insbesondere im Profifußballbereich, zu hinterfragen.

Was war die Ursache dieser Eskalation?

Der Klub, der derzeit bei den „Ultras“ der Traditionsvereine am wenigsten beliebt ist, ist zweifelsohne der RB Leipzig. Ein Verein, mit aktuell 17 Mitgliedern und zu 99% von einer Brausefirma kontrolliert. Einmalig in der Bundesligageschichte! Selbst die ebenfalls von vielen beargwöhnten Werkklubs mit ihren Firmenmillionen, wirken da schon wie ewige Traditionsvereine.
Allerdings muss man auch feststellen: Ohne ein sportliches Konzept, geprägt von dem absoluten Fachmann Ralf Rangnik, wäre eine solche Entwicklung – trotz aller finanziellen Voraussetzungen – nicht möglich gewesen. Trotzdem bleibt dieser Verein ein fragwürdiges Konstrukt. Und das zu kritisieren, muss möglich sein, ebenso, wie das der Geschäftsführer von Borussia Dortmund und andere Vereinsvertreter getan haben. Es ist deshalb äußerst fragwürdig und absurd daraus abzuleiten, die Kritik an diesem Vereinsmodell hätte diesen Gewaltexzess erzeugt.

Was können – sollen Vereine tun?

Von den Vereinen mehr Verantwortung bzw. mehr Engagement gegen gewalttätige Übergriffe einzufordern, ist einfach gesagt. In Wirklichkeit geht jeder Verein mit großem Engagement gegen gewalttätige sogenannte „Fans“ vor. Kontrollen und das Sicherheitspersonal sind verstärkt worden, die Überwachungstechnik wurde aufgerüstet. Immer mehr Täter werden identifiziert, Stadionverbote verhängt und strafrechtliche Maßnahmen wurden eingeleitet. In den Stadien hat sich die Situation insgesamt verbessert. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass sie gut ist! Außerdem stehen die Vereinem um deeskalierend zu wirken, in ständigem Dialog mit ihren Fangruppen. Deshalb ist die Forderung, die Vereine zur Bezahlung der Polizeieinsätze heranzuziehen, einfach weltfremd. Soll ein Verein dafür bezahlen, dass sich Chaoten weitab vom Stadion verprügeln, wie zuletzt beim Spiel Frankfurt gegen Darmstadt geschehen? Wer soll dann beispielsweise den Polizeieinsatz an Sylvester am Kölner Dom bezahlen? Oder wer trägt die Kosten für die Gefahrenabwehrmaßnahmen am Eisernen Steg in Frankfurt, ebenfalls in der Sylvesternacht? Sollen die Veranstalter von Großveranstaltungen zur Kasse gebeten werden, weil aufgrund potenzieller Terrorgefahr die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden mussten?

Welche Rolle spielen der DFB und die DFL?

Die Kommerzialisierung des Volkssportes Nummer 1 Fußball, wird vom DFB immer weiter befeuert. Jeder Event ist auf Maximalgewinn getrimmt. Wer aber hat was davon? Mit Sicherheit nicht alle Vereine, die dem DFB angehören (müssen). Das Meiste bleibt beim DFB selbst hängen, er gilt als der vermutlich reichste Einzelsportverband der Welt. Die Vergabe der Fernsehrechte bringt für die in der Deutschen Fußballliga (DFL) vereinten Profivereine der 1. und 2.Liga ständig mehr Einnahmen. Diese werden allerdings ungleich verteilt und das verschärft die Kluft zwischen den wenigen gutsituierten und den weniger begüterten Vereinen. Was dann logischerweise auch Auswirkungen auf das Verhalten der unterschiedlichen Fan-Lager hat. Wenn man daraus schlussfolgert, das ist ja so wie, in unserer Gesellschaft, liegt man durchaus richtig. Aber muss das sein? Gerade die treuesten Fans der Vereine, die Ultras, kritisieren diese Entwicklung auf das Schärfste. Darin sind sich alle einig, in Schmähgesänge gegen den DFB stimmen sie alle ein, sogar die Bayern-Fans! Das Einzige, was dem DFB einfällt, sind Kollektivstrafen, wie sie jetzt Borussia Dortmund mit der Sperrung der Südtribüne trifft. Diese Maßnahme, ist allerdings absolut wirkungslos. Die Krawallmacher interessiert das nicht, dafür wird der überwiegende Teil der Anhängerschaft schuldlos bestraft. Ein fragwürdiges Vorgehen. Der DFB täte besser daran, die Fanprojekte und deren Arbeit, besser zu unterstützen. Die Vereine alleine zu lassen, ist verkehrt!

Ist Gewalt auf Fußballplätzen nur eine Erscheinung des Profifußballs?

Leider Nein. Bis hinunter, in die unteren Amateurklassen, ist eine zunehmende Gewaltbereitschaft zu beobachten. In sehr vielen Fällen steht dabei der Schiedsrichter oder auch die Schiedsrichterin im Mittelpunkt. Die Entscheidungen werden nicht mehr nur verbal kritisiert, sondern zunehmend auch physisch. Woran liegt das? Schiedsrichterentscheidungen wurden schon immer kontrovers diskutiert. Das gehört zum Fußballspiel, genauso wie der Ball. Warum auf einmal mit erhöhter Aggressivität? Könnte es nicht auch daran liegen, dass Schiedsrichterentscheidungen im Profibereich mehrfach aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden, um dabei Fehlentscheidungen zu offenbaren? Oder kann es daran liegen, dass Spieler fast jede Entscheidung des Schiedsrichters (meistens ungestraft) verbal und gestenreich kommentieren? Was übrigens bei keiner anderen Sportart so der Fall ist. Vielleicht sollte der DFB mal dafür sorgen, dass diese Unart durch entschiedene Sanktionierung aufhört. Dieses Verhalten spiegelt sich mittlerweile bis im Jugendbereich. Keine schöne Entwicklung! Dadurch werden Schiedsrichter zu Freiwild!

Was kann und muss die Politik tun?

In ziemlich in jeder Stadt mit Profifußball, gibt es mittlerweile Fan-Projekte, die sich intensiv um die Fan-Szene des jeweiligen Vereins kümmern. Auch einige Vereine in der Regionalliga, werden von Fanprojekten betreut. Sie sind untereinander vernetzt und koordinieren sich bundesweit. Allerdings, wie fast alle sozialen Projekte, leiden auch die Fanprojekte unter chronischer Unterfinanzierung. In den meisten Fällen sind Kommunen diejenigen, die die überwiegende Finanzierung leisten. Hier muss die Politik ansetzen. Die Fan-Szene ist ein Abbild der Gesellschaft, deshalb ist die Arbeit der Fan-Projekte auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Man kann ohne Übertreibung feststellen: Gäbe es diese Fanprojekte nicht, wäre die Situation in und um die Stadien herum, noch viel schlimmer. +++ (dieter)