Die neue Arbeitswelt und die veränderten Erwartungen ans Leben als Chance für das ganze Land

Prof. Dr. Klärle zieht Fazit des HLG-Baulandforums in Karben

„Der ländliche Raum kann die Probleme des Ballungsraumes lösen. Das haben die Vorträge und die Debatten auf unserem Forum `Nachhaltige Baulandentwicklung für Stadt und Land – die Zukunft gestalten´ gezeigt.“ Dieses Fazit hat Prof. Dr. Martina Klärle, Geschäftsführerin der Hessischen Landgesellschaft (HLG), nach der Fachveranstaltung gezogen, an der etwa 170 Wissenschaftler, Kommunalpolitiker, Verwaltungsfachleute und Immobilienspezialisten am 26. September in Karben teilgenommen hatten. Die HLG ist die Flächenmanagerin des Landes Hessen und für 230 Kommunen im Land die Partnerin in der Entwicklung von Bauland und Gewerbeflächen.

Klärle sagte mit Blick auf das Fachforum: „Die Arbeits-und Lebensbedingungen der Menschen und ihre Vorstellungen von diesen ändern sich derzeit grundlegend. Der ländliche Raum hat heute die Chance, mit dem richtigen Angebot an Mobilität, Digitalität, Breitband- und Mobilfunkversorgung genau die richtigen Antworten auf die Erwartungen der Menschen an die Zukunft des Lebens und Arbeitens zu geben. Diese Chancen des ländlichen Raums verstärken sich, indem in den Ballungsräumen der Druck auf dem Wohnungsmarkt zunimmt.“ Anstatt neue, große Wohngebiete wie in Frankfurt an der A 5 zu entwickeln, könnten Städte und Gemeinden in interkommunaler Zusammenarbeit in anderen Regionen des Landes dem Druck auf dem Wohnungsmarkt in den Metropolen ein Angebot für die Nachfrage entgegensetzen, das Wohnen, Arbeiten und das Leben mit Familie und Freunden auf zeitgemäße und bezahlbare Weise zusammenführt.

„Wenn wir die neuen Lebensformen in Plus-Energie-Siedlungen bauen, können die Bewohner der neuen Orte damit sogar Geld verdienen“, sagte Prof. Dr. Martina Klärle. Die HLG hat gemeinsam mit der Landesenergieagentur Hessen, dem House of Energy in Kassel und dem Hessischen Wirtschaftsministerium den ersten Leitfaden in Deutschland für die Entwicklung einer Plus-Energie-Siedlung vorgelegt. Schon in der Planungsphase der Siedlung seien die moderne Mobilität mit Car-Sharing und E-Mobilen sowie die sektorenkoppelnde Vernetzung der Häuser mitzudenken. Ein Haus, das mehr Energie erzeuge als es verbrauche, koste in der Entstehung zwar 5 bis 15 Prozent mehr als ein konventioneller Bau. Aber wenn sich die Investition nach 5 bis 15 Jahren amortisiert habe, „dann machen die Bauherren über alle weiteren Jahre hinweg ein Plus“. Die Resonanz auf den vorgestellten Leitfaden sei groß und positiv. Bereits während des laufenden Baulandforums wurden mehrere kommunale Initiativbewerbungen für die ersten Pilotprojekte bei der HLG registriert.

Staatssekretär Mathias Samson vom Hessischen Wirtschaftsministerium wies auf die Förderung des ländlichen Raums in Hessen hin: „Mit der Förderung des Breitbandausbaus und der Einrichtung öffentlicher WLAN-Netze steigern wir die Attraktivität für Unternehmen und Bewohner. Vernetzte und digitale Arbeitswelten bieten neue Möglichkeiten für Unternehmen. So kommt die Arbeit zu den Menschen. Die Offensive „Land hat Zukunft – Heimat Hessen“ umfasst zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, der Mobilität, der Infrastruktur, der Digitalisierung, der Sicherheit und des sozialen Lebens.“

Karl-Christian Schelzke, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes ergänzte: Zur zeitgemäßen Ausstattung eines hochentwickelten Landes wie Hessen gehöre heute eine flächendeckende Versorgung mit Breitband und Mobilfunk, auch in den ländlichen Regionen.

Monika Fontaine-Kretschmer, Geschäftsführerin der Nassauischen Heimstätte und der Bauland-Offensive-Hessen, zeigte mit Karten und Datenmaterial, dass in Hessen nicht nur das Rhein-Main-Gebiet rund um Frankfurt eine Region mit hohem Druck auf dem Wohnungsmarkt ist. Auch Marburg, Gießen und Fulda zeigen eine starke Entwicklung, während Kassel und sein urbanisiertes Umland sogar über Landesgrenzen hinweg die Zeichen eines aufstrebenden Ballungsraumes zeigt. Monika Fontaine-Kretschmer sagte, „die Arbeitgeber sind in die Baulandentwicklung noch nicht richtig eingebunden“. Die Arbeitgeber müssten wieder die Bereitstellung von Werkswohnungen erwägen, „sonst kommt keiner nach Frankfurt“. Vielfach legten heute die Beschäftigten ein bis zwei Stunden für den einfachen Weg zur Arbeit zurück. Eine Entlastung für die Arbeitnehmer ist das Angebot von Mobile Office. Monika Fontaine-Kretschmer verwies auch auf die Möglichkeit der Nachverdichtung im gemeinnützigen Wohnungsbau aus früheren Jahren, der sehr großzügig geplant war. Wenn dort aber im Sinne des Gemeinwohls von heute nachverdichtet werden solle, rege sich rasch Widerspruch, der von Parteien aufgegriffen und in den Medien gespiegelt werde. Das führe zur widersprüchlichen Situation, dass Politiker und die Medien zwar einerseits mehr Wohnraum im Ballungsraum forderten, den Bau von mehr Wohnraum aber in Wahrheit erschwerten.

Die Bürgermeister von Nieste, Edgar Paul, von Hungen, Rainer Wengorsch, und von Hochheim am Main, Dirk Westedt, bekannten sich zur HLG als Partner in der Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen. Die HLG schaffe Bauland außerhalb des kommunalen Etats und entlastet die Kommunalverwaltung. Ihr Engagement wirke preisdämpfend und die Mitarbeiter der HLG verstünden sich auf die Gespräche mit Verhandlungspartnern im Immobiliengeschäft. Die HLG sei mit dem Geschäftsmodell der Bodenbevorratung insbesondere für kleinere und mittlere Kommunen das ideale „Bauamt auf Zeit“. +++