Die Grünen und der Krieg

Berlin. Wann immer es um Krieg oder Frieden ging, haben die Grünen hart mit sich selbst gerungen. Legendär ihr Parteitag in Bielefeld vor 15 Jahren, als Joschka Fischer für eine Beteiligung der Bundeswehr am Balkan-Einsatz warb und deshalb die ganze Militanz der Pazifisten in seiner Partei zu spüren bekam: Er wurde auf offener Bühne mit einem Farbbeutel beworfen. Nun ist der Balkan-Krieg längst Geschichte, aber die Welt ist nicht friedlicher geworden.

Ganz im Gegenteil. In der Ost-Ukraine ist die Lage angespannt. Im Irak wehren sich Kurden gegen eine fanatische Terror-Truppe namens „Islamischer Staat“. Genauso wie in Syrien, wo der Kampf um die Grenzstadt Kobane die Welt in Atem hält. In früheren Zeiten hätten die Grünen wahrscheinlich wieder einen Sonderparteitag durchgeführt, um die Frage zu klären, was in dieser Situation zu tun wäre. Doch inzwischen genügt offenbar die Meinungsäußerung einer Spitzen-Grünen, die am Montag bei der Parteiführung im Kern unwidersprochen blieb. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt macht sich für einen Bundeswehreinsatz gegen den „Islamischen Staat“ im Rahmen einer UN-Mission stark – wohl wissend, dass ein UN-Mandat in der Praxis ungefähr so weit weg ist, wie die Erde vom Mond. Ohnehin muss, wer Truppen in ein fremdes Land schickt, auch eine Idee haben, was er dort erreichen will und wie er dort erhobenen Hauptes wieder heraus kommt. Das ist die Lehre aus dem Krieg in Afghanistan. Am Ende wirkte der Abzug der internationalen Truppen wie ein überhastetes Manöver. Denn dass die Taliban dort besiegt wären, wird wohl auch der größte politische Optimist nicht behaupten können.

Was also soll der grüne Vorstoß in Sachen IS? Fast hat man den Eindruck, die Partei wolle sich wichtig machen. Als kleinste Oppositionstruppe ist es nicht leicht, in die Schlagzeilen zu kommen. Es sei denn, es riecht nach Provokation. Offenbar war das die Motivation von Göring-Eckardt. Nicht einmal in den Chefetagen der Union geht man so weit, deutschen Bodentruppen in Syrien oder dem Irak das Wort zu reden. In der SPD schon gar nicht. Seit Wehrministerin Ursula von der Leyen (CDU) öffentlich dazu aufforderte, „Tabus beiseite zu legen“, wird dort schon bei leisen Anklängen von Kriegsrhetorik dagegen gehalten. Die Grünen sind gut beraten, sich ebenfalls so ein Frühwarnsystem zuzulegen – gegen die eigenen Leute. Bereits in der Ukraine-Debatte wirkte es zuweilen so, als wollten manche Grüne am liebsten gleich die Bundeswehr in Marsch setzen. Dass sie sich damit einen Gefallen tun, darf bezweifelt werden. Auch wenn heute keine Farbbeutel mehr fliegen – viele grüne Anhänger dürften sich verwundert die Augen reiben, was aus der Partei und ihren Führungsleuten geworden ist, heißt es in der Lausitzer Rundschau. +++ fuldainfo

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